Überblick
Die Förderung der Ölsandvorkommen in der rund 4,1 Mio. Einwohner (2014) zählenden kanadischen Provinz Alberta war lange Zeit wirtschaftlich unrentabel und technologisch problematisch. Vor dem Hintergrund des steigenden Bedarfs an Erdöl und der knapper werdenden konventionellen Erdölreserven wurden die Ölsande Albertas allerdings zu einer ökonomisch interessanten Alternative, neue Technologien ermöglichen heute den Abbau. Wie stark Förderung und Investitionen im Ölsandabbau in Alberta von der Preisentwicklung auf dem Weltmarkt abhängig sind, zeigten die Jahre 2009 und 2015, als der Preis pro Barrel Erdöl für längere Zeit deutlich unter die Rentabilitätsgrenze von 70 bis 80 US-$ sank; sowohl die Förderung aus Ölsand als auch die Investitionen in die Exploration gingen stark zurück.
Die in der Karte dargestellte Abbauregion liegt in der dünn und nicht zusammenhängend besiedelten Zone der borealen Nadelwälder im nördlichen Teil Albertas. Zu erkennen sind …
• die Lage der Ölsandvorkommen,
• die bereits existierenden bzw. geplanten Abbaugebiete (Förderlizenzen),
• die zum Einsatz kommenden Abbau- und Fördertechniken,
• die vorhandene Infrastruktur für den Transport und die Weiterverarbeitung (Pipelines, Raffinerien).
Darüber hinaus lassen die Karteninhalte Rückschlüsse auf ökologische Folgen bzw. Landnutzungskonflikte zu (Eingriffe in den Landschaftshaushalt beim Abbau; Gefährdungen im Wood Buffalo National Park und in Karibu-Schutzgebieten; erhöhte Krebsraten; Berücksichtigung der Rechte der „First Nations“, der indianischen Ureinwohner).
In der Provinz Alberta befindet sich auf einer Fläche von etwa 140 000 Quadratkilometern – dies entspricht etwa 40 Prozent der Fläche Deutschlands – ein Drittel der weltweit förderbaren Ölsandvorkommen, verteilt auf die Abbaugebiete Athabasca (bei Fort McMurray), Peace River und Cold Lake. Die gegenwärtig förderbare Ölmenge wird auf etwa 25 Mrd. Tonnen geschätzt. Damit besitzt Alberta nach Saudi-Arabien (36 Mrd. t) und noch vor Ländern wie Iran (19 Mrd. t), Irak (16 Mrd. t), Kuwait (14 Mrd. t) und den Arabischen Emiraten (13,7 Mrd. t) die zweitgrößten Förderreserven der Welt (ohne Fracking).
Hintergründe und Fördertechniken
Ölsande sind Gemische aus Bitumen, Sanden, Tonen und Wasser. Zwei Tonnen Ölsand enthalten etwa ein Barrel (159 Liter) Erdöl. Unter natürlichen Lagebedingungen ist Bitumen als zähplastische, sirupartige Form von Erdöl nicht fließfähig. Es muss erhitzt oder verdünnt werden, um in einer Bohrung oder Pipeline fließen zu können. Zudem muss das Erdöl von den anderen Bestandteilen des Ölsands getrennt werden. Daher ist die Gewinnung von Erdöl aus Ölsanden teurer als die Förderung aus konventionellen Lagerstätten.
Seit 1967 werden in Alberta Ölsande mittels riesiger Bagger im Tagebau abgebaut. In Separationsanlagen wird noch vor Ort das Bitumen von den Sanden und Tonen getrennt (nach Zugabe von heißem Wasser). In weiteren energieaufwendigen Aufbereitungsschritten werden Verunreinigungen durch Schwefel extrahiert, es entsteht fließfähiges synthetisches Leichtöl (Aufbereitung).
Außerhalb des Abbaugebietes von Fort McMurray befinden sich die bitumenhaltigen Ölsande in einer Tiefe von mehr als 75 Metern. Eine Förderung kann hier nicht mehr im Tagebau, sondern nur mittels des Dampfverfahrens erfolgen. Über Bohrungen wird heißer Wasserdampf in die Ölsandschicht injiziert, wodurch das darin enthaltene Bitumen fließfähig wird und mithilfe weiterer Bohrleitungen zu Tage gefördert werden kann.
Zur Weiterverarbeitung in Mineralölendprodukte wie Treibstoff wird das erzeugte Leichtöl über Pipelines (s. 214.3) in den Mittleren Westen bzw. an die Westküste der USA exportiert; dies macht rund 60 Prozent der Fördermenge aus. Das restliche Erdöl wird in Raffinerien in Edmonton (s. Karte) verarbeitet. Kanada plant, größere Mengen synthetischen Erdöls zukünftig auch nach Japan und China zu exportieren (s. Raffineriestandort bei Vancouver, 214.3).