Deutschland - Wirtschaft

Deutschland - Deutschland - Wirtschaft
978-3-14-100800-5 | Seite 30 | Abb. 1| Maßstab 1 : 2250000

Überblick

Im komplexen regionalen Gefüge entwickelter Volkswirtschaften überlagern sich in allen Wirtschaftsbereichen Einflüsse des politischen Systems, die Einbindung in die globalisierte Weltwirtschaft, fortwirkende historische Impulse, Innovationen und private Initiativen wie auch Wirkungen geographischer Lagebeziehungen und der örtlichen Ressourcenausstattung. Dies zeigt die Karte durch den Filter einer starken Generalisierung. Sie zeigt das Gewicht der Verdichtungsräume: Sie sind Zentren von Konsum und Produktion, von Forschung und Entwicklung und damit häufig auch Ausgangspunkte von Innovationen. In ihnen werden Entscheidungen getroffen, und sie sind Schaltstellen der Investitionen. In den Verdichtungsräumen mit ihrer breiten Wirtschaftsstruktur sind die Verflechtungen zwischen Industrie und Dienstleistungen am intensivsten ausgeprägt – ein wichtiger Standortvorteil. Verkehrs- und Transportachsen verknüpfen und versorgen diese Wirtschaftszentren.

Junge und alte Industrien

Als Standorte der Elektrotechnik / Elektronik und der Luft- und Raumfahrtindustrie sind v. a. die großstädtischen Hightechregionen und Innovationszentren in Süddeutschland (Stuttgart, München oder Erlangen/Nürnberg) zu erkennen, im Norden hauptsächlich in Hamburg und Bremen.

Eine fortgeschrittene räumliche Ausbreitung repräsentieren die Wachstumsindustrien der Nachkriegszeit wie Maschinenbau, Automobilindustrie und chemische Industrie. Fast alle Verdichtungsräume haben Standorte der Elektrotechnik und des Maschinenbaus aufzuweisen. Die Stammsitze von Großunternehmen sind nicht nur wichtige Produktionsstätten. An ihnen werden schwerpunktmäßig neue Produkte entwickelt, die Zulieferbeziehungen und der Vertrieb organisiert, Marketingmaßnahmen geplant und umgesetzt und nicht zuletzt Entscheidungen für andere Unternehmensstandorte weltweit getroffen. Dies wird etwa bei der Automobilindustrie. Bei der chemischen Industrie gelten etwas andere Bedingungen. Innerbetriebliche Verbundvorteile bedingen, dass Chemiewerke oft am Standort der ursprünglichen Gründung weiter wachsen solange noch Platz verfügbar ist. Für sie sind die Verkehrslage und Verfügbarkeit von Nutzwasser bedeutsame Faktoren.

Bei einigen führenden Industrien der frühindustriellen Zeit wie der Eisen- und Metallerzeugung, aber auch bei manchen Zweigen der Konsum- und Nahrungsgüterindustrien liegen Innovation und Ausbreitung schon lange zurück. Das heutige Verteilungsmuster der Standorte spiegelt eher schon den Rückzug und die allgemeine Konzentration wider. Für die traditionellen Standorte dieser Industrien wie das Ruhrgebiet spielte oft die Nähe zu Rohstoffvorkommen eine entscheidende Rolle. Dieser Faktor ist heute dank stark gesunkener Transportkosten und hoher Transportkapazitäten meist nicht mehr entscheidend. Die verkehrsgünstige Lage ist – neben innovativen Produkten und modernen Produktionsanlagen – für das Überleben von Unternehmen ungleich bedeutender. Nicht alle Industrien aus der Frühphase der Industrialisierung unterliegen aber Schrumpfungstendenzen. Dies zeigt beispielsweise der Maschinenbau, der in der deutschen Wirtschaft und im Außenhandel unvermindert eine zentrale Bedeutung hat.

Der Dienstleistungssektor

Öffentliche Verwaltung: Ihre Standorte entstehen im Ergebnis politischer Entscheidungen, wobei Aspekte der räumlichen Entwicklung mit dem Ziel der Vermeidung bzw. des Abbaus von ungerechtfertigten Entwicklungsunterschieden berücksichtigt werden. Verwaltungseinrichtungen des Bundes sind deshalb auch dezentral im gesamten Bundesgebiet zu finden. Die Verwaltungseinrichtungen der Länder machen die Landeshauptstädte zu Zentren dieser Dienstleistungsbranche.

Universitäten und Hochschulen: Sie sind an traditionellen Standorten zu finden oder entstehen neu im Ergebnis politischer Entscheidungen. Universitäten und Hochschulen sind räumlich dezentral in allen Teilen Deutschlands zu finden. Wichtigste Standorte der Studierendenzahl sind der Verdichtungsraum Rhein-Ruhr, München, Hamburg, Berlin etc. Hinzu kommen auch Standorte wie Heidelberg, Jena, Tübingen oder Marburg.

Medienunternehmen: Sie sind auf wenige Hauptstandorte (Rhein-Main-Neckar, München, Rhein-Ruhr, Berlin/Potsdam, Hamburg) und wenige, aber bedeutsame Nebenstandorte (z. B. Gütersloh) konzentriert.

Logistik: Die großen Handelsunternehmen zeigen eine Konzentration auf zwei besonders verkehrsgünstig gelegene Hauptstandorte: Rhein-Ruhr und Hamburg. Großhandelsunternehmen müssen von Einzelhandelsunternehmen (mit Tendenz zur verbraucherorientierten räumlichen Verteilung) unterschieden werden.

Finanzzentren: Eines der weltweit bedeutendsten Finanzzentren ist Frankfurt am Main. Die Konzentration in Frankfurt/M. hat u. a. historische und politische Gründe.

Service: Unternehmensnahe Dienstleistungen sind innerhalb der Wirtschaft von besonderer, stark zunehmender Bedeutung (u. a. Verflechtungen zur Industrie). Sie umfassen z. B. Beratung, Recht, Forschung und Produktentwicklung, sowie Werbung/Marketing. Unternehmensnahe Dienstleistungen zeigen eine Tendenz zur Konzentration auf wenige Hauptstandorte mit moderner Wirtschaftsstruktur (wie München, Rhein-Main-Neckar und Berlin).

Messen: Hauptstandorte sind Berlin, Hannover, Köln, Düsseldorf, Frankfurt/M. und München.

Schlagworte