El Fasher (Sudan) - Desertifikation

Afrika - Afrika - Ökozonale Landnutzung
978-3-14-100800-5 | Seite 151 | Abb. 5| Maßstab 1 : 1500000

Überblick

Die Region um El Fasher ist Teil der Sahelzone und liegt am Südostrand der Sahara im Übergangsbereich zur Trockensavanne. Sie ist zum einen stark betroffen von Desertifikation, zum anderen wird dort ein politisch-militärischer Konflikt ausgetragen („Darfur-Konflikt“). Die Überlagerung dieser Prozesse erschwert die sozio-ökonomische Entwicklung; Hilfsmaßnahmen dienen gegenwärtig vor allem der Krisenintervention.

Übernutzung durch Sesshaftigkeit

Das landwirtschaftliche Nutzungspotenzial der Region wird in starkem Maße durch die Verfügbarkeit von Wasser bestimmt. Durch das Gebiet verläuft eine Linie, die Jahresniederschläge von 250 mm markiert. Traditionell dominiert südlich dieser Linie der Regenfeldbau ohne Bewässerung, Hauptprodukt ist Hirse. In Wadis ist die Verfügbarkeit von Wasser höher, dort werden auch Gemüse und Tabak angebaut.

Die traditionelle Viehhaltung richtete sich ursprünglich daran aus, wo im Laufe des Jahres geeignete Weiden zur Verfügung standen. Während der Regenzeit lagen solche Gebiete vorzugsweise im Norden, also im Bereich der Dornstrauchsavanne, während der Trockenzeit zogen die Nomaden in südlicher gelegene Räume (Trockensavanne). Auch auf Schwankungen der Jahresniederschläge und Dürrejahre reagierten die Viehhalter traditionell durch Wanderungen nach Süden (s. Karte). Aufgrund der geringen Anzahl und Dichte der Bevölkerung in diesem Gebiet bedeuteten die traditionellen Formen der Landnutzung vergleichsweise geringe Eingriffe in das Ökosystem.

Die heutige Situation zeigt fast überall einen über der Tragfähigkeit liegenden Viehbestand und eine weit nach Norden in die Halbwüste vordringende ganzjährige Beweidung. Diese ökologisch nicht angepasste Landnutzung überschreitet die Regenerationskraft der Vegetationsdecke, sodass es zu großräumiger Bodenzerstörung kommt und Desertifikation (Wüstenbildung) einsetzt.

Dabei spielt der Rückgang nomadischer Bewirtschaftungsformen eine entscheidende Rolle. Im Zuge der zunehmenden Sesshaftigkeit der ursprünglich nomadischen Bevölkerung wurden zahlreiche neue Siedlungen und Tiefbrunnen errichtet, in deren Umkreis die Schäden durch Überweidung und Überkultivierung der leichten Sandböden besonders hoch sind. Die starke Konzentration der Bevölkerung und des Viehbestands führen so zu einer Übernutzung der natürlichen Ressourcen.

Dürre und Desertifikation

Am Beispiel der Region El Fasher lassen sich auch Zusammenhänge zwischen Dürreperioden und Desertifikationsprozessen gut aufzeigen. Die Jahresniederschläge liegen zwischen 200 Millimetern im Nordosten und 900 Millimetern in der Gipfelregion des 3088 Meter hohen Djebel Marra im Südwesten. Es herrschen aride bis semiaride Verhältnisse. Die Niederschläge sind durch …

eine hohe Saisonalität (Regenzeit im Sommer; 80 % der Niederschläge gehen allein im Juli und August nieder),

eine hohe Variabilität (30 Prozent mittlere Abweichung vom Jahresmittel) und

eine starke Intensität (wolkenbruchartige Starkniederschläge) geprägt.

Immer wieder auftretende Dürrephasen machen die Landwirtschaft risikoreich. In Dürrejahren kann die Ernte teilweise oder ganz ausfallen. Dann ist die Nahrungsmittelversorgung der Menschen gefährdet. Der Desertifikationsprozess wird dadurch beschleunigt, dass die Menschen der Region gezwungen sind, auch in Dürrejahren den Anbau von Hirse zu riskieren. Dies trägt zur Übernutzung und zur Zerstörung des Bodens bei.

Die Entwicklung der Regenzeitniederschläge seit 1940 ist dem Diagramm unter der Karte zu entnehmen. Die relativ lange Feuchtphase 1945–1965 war geprägt durch ein rasches Anwachsen der Viehbestände, aber auch durch ein Vordringen des Hirseanbaus weit über die agronomische Trockengrenze hinaus. Zugleich wurden immer mehr Menschen im Umkreis neu errichteter Brunnen sesshaft. Während der nachfolgenden Jahre 1966–1971 gingen die Niederschläge leicht zurück, lagen aber immer noch über dem langjährigen Mittelwert. Die Fortführung der intensiven Landnutzung durch die inzwischen sesshafte Bevölkerung führte zu großflächigen inselartigen Desertifikationsschäden rund um die Siedlungen herum. Als die Jahresniederschläge 1972 und 1973 unterdurchschnittlich ausfielen, kam es zu einer Hungerkatastrophe. Zwischen 1973 und 1983 hielt die Trockenheit mit wenigen Ausnahmen an. Die Menschen betrieben weiterhin ihren riskanten Hirseanbau, die Zahl der Schafe, Ziegen und Kamele erhöhte sich. Der verbliebene Baumbestand wurde in bedrohlichem Umfang dezimiert. Eine erneute Hungerkatastrophe ereignete sich, als der Jahresniederschlag 1983 auf 97 Millimeter fiel. Es kam zu totalem Ernteausfall bei den Hirsebauern, 60 bis 90 Prozent der Tiere in den Herden starben und die Desertifikation erreichte in der Region ihren Höhepunkt.

Eine leichte Verbesserung der ökologischen Situation trat ein, als die Niederschläge in den Jahren 1985 bis 1996 auf 176 Millimeter im Jahresmittel zunahmen. Als 1998 / 1999 eine Feuchtphase folgte, war die Bevölkerung erstmals seit 30 Jahren von externen Nahrungsmittelhilfen unabhängig.

Die zahlreichen Dürrejahre seit 2000 haben die Situation aber erneut verschärft. Perspektivisch sind im Zuge des Klimawandels weiter abnehmende Niederschläge zu erwarten (s. 250.3), was die Bekämpfung der Desertifikation sehr erschweren wird.

Der Darfur-Konflikt

Als sich die Jahresniederschläge zwischen 2000 und 2004 auf nur noch 120 Millimeter verringerten, kam es zur dritten Hungerkatastrophe innerhalb von nur knapp 30 Jahren. Die sesshaften schwarzafrikanischen Stämme waren stark von dieser Katastrophe betroffen.
Die arabisch-dominierte Regierung in Khartum unterstützte die arabischen Stämme gegenüber den afrikanischen Völkern unter anderem mit Waffen. Dadurch kam es 2003 zum Ausbruch eines Bürgerkrieges, der mehr als 200 000 Afrikaner das Leben kostete und rund 2,5 Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieb.
Durch den bewaffneten Konflikt kam es zu großräumigen Umweltzerstörungen. Mehr als 1 000 Dörfer wurden ganz oder teilweise zerstört. Die Errichtung von Flüchtlingslagern für zehntausende Vertriebene führte gleichzeitig zur Übernutzung und Zerstörung des Ökosystems.

2006 kam es zu einem Waffenstillstandsabkommen, seit 2008 wird versucht, den Konflikt durch die Stationierung von Blauhelm-Soldaten zu unterbinden (Friedensmission UNAMID der Vereinten Nationen). 2011 kam es nach einem Referendum zur Gründung des unabhängigen Staates Südsudan.

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