Überblick
Die Weltkarte der Oberflächenformen von Kontinenten und Ozeanen zeigt wesentliche Gestaltungs- und Entwicklungselemente der Erde. Nur 29 Prozent der Erdoberfläche werden von Land eingenommen, der Rest von Wasser.
Das mit Abstand größte der drei Weltmeere ist der Pazifische Ozean. Er enthält fast die Hälfte der gesamten Wassermenge der Erde. Im Bereich des südlichen Pazifiks liegt auch der Schwerpunkt der ozeanischen Kruste.
Der Schwerpunkt der kontinentalen Kruste befindet sich dagegen auf der Nordhalbkugel im Bereich Eurasiens. Dieses Ungleichgewicht der Land-Wasser-Verteilung hat Konsequenzen hinsichtlich des Klimas, aber auch hinsichtlich der Lage von magnetischem und geomagnetischem Pol (s. 238.3).
Die Kontinente mit dem dazugehörenden Schelfbereich (0 bis 200 m unter dem Meeresspiegel) bilden die oberen Teile der festen Lithosphäre. Sie besitzen aufgrund ihrer geringen physikalischen Dichte eine große vertikale Ausdehnung, weshalb sie weit über den Meeresspiegel aufragen können. Im Gegensatz dazu führt die hohe Dichte der Ozeankruste zu einer nur geringen vertikalen Ausdehnung, weshalb dieser Krustentyp lediglich in Ausnahmefällen über den Wasserspiegel ragt.
Die alten Festlandskerne – etwa Grönland, der Australische, Afrikanische, Kanadische und Baltische Schild, die Sibirische Tafel und die Chinesische Masse (s. S. 242.3) – haben ein Alter von bis zu 4,6 Mrd. Jahren. Sie sind seit der Krustenbildung ununterbrochen Festland. Die Ozeanböden, die in den mittelozeanischen Riftzonen kontinuierlich neu gebildet werden, sind hingegen nirgendwo älter als 200 Mio. Jahre.
Zur Entstehungsgeschichte der Erde
Die Untersuchungen der Geowissenschaften zur Entstehungsgeschichte der Erde setzen am Altersunterschied zwischen kontinentaler und ozeanischer Kruste an. Sie untersuchen die erkennbaren Strukturen der Ozeanböden, den Verlauf von Inselbögen, Grabenzonen, Subduktions- und Riftzonen, Transformverwerfungen sowie Terrane (angeschweißte Fremdschollen). Mithilfe paläomagnetischer Messungen und anderer Verfahren versuchen sie, das Erscheinungsbild der Erdoberfläche und die Ursachen der Geodynamik zu klären.
Einige Ergebnisse dieser Forschungen sind:
• Die Kontinentmassen bleiben zwar fast immer oberhalb des Meeresspiegels, die Kontinentformen verändern sich jedoch stetig durch Abtrennung, Drift und Neuanlagerung.
• Durch die Rekonstruktion der Bewegungen von Kontinenten anhand ihrer magnetischen Feldlinien konnte ein ehemaliger Großkontinent Pangäa mit zusammenhängenden, magnetisch gleichlaufenden Feldlinien rekonstruiert werden.
• Kontinente und Platten sind nicht identisch. Zumeist bilden die Kontinente und die nach Kontinenteinbruch neu gebildete ozeanische Kruste zusammen eine Platte. Deshalb gibt es überwiegend „gemischte“ Platten mit Festlands- und ozeanischer Kruste, zum Beispiel die Eurasische Platte oder die Afrikanische Platte (s. 242.2). Allerdings existieren auch rein ozeanische Platten wie die Pazifische Platte oder die Nazca-Platte.
• Gebirge wie die Alpen, der Himalaya, der Ural, die Appalachen oder die Anden markieren Nahtstellen zwischen zwei Platten, wobei kontinentale Randgebirge an aktiven Kontinentalrändern auf eine andauernde Subduktion hindeuten (Anden), während innerkontinentale Gebirge von einem Verschweißungsvorgang in früheren Epochen zeugen (Ural).
• Mithilfe radiometrischer Altersbestimmungen der Ozeankruste kann der Zeitpunkt eines Kontinentbruchs ermittelt werden.
• Beim Sea Floor Spreading wandern die durch einen Kontinentbruch getrennten Schollen vom Zentrum des sich auflösenden Großkontinents weg (Auseinanderrücken der Platten, Spreizung des Tiefseebodens, Aufwölbung der Grabenränder, Bildung mittelozeanischer Rücken).
• Nordamerika und Eurasien fusionierten im Erdaltertum. Dies kann am Verlauf der Kaledonidenkette (mit den Appalachen, Ostgrönland, Schottland und Norwegen) gezeigt werden. Gesteinsuntersuchungen haben auch eine Herkunft Floridas und großer Teile Italiens aus Nordafrika belegt.
• Untermeerische Rücken – etwa die Guineaschwelle, die Sierra Leone-Schwelle und die Paraschwelle im Atlantik, der Hawaiirücken und der Sala-y-Gomez-Rücken im Pazifik oder der Bengalische Rücken im Indischen Ozean – sind Zugbahnen von mantelinduziertem Hotspot-Vulkanismus.
• Da die Erdoberfläche begrenzt ist, ist in geologisch absehbarer Zeit mit der Bildung eines neuen Großkontinents zu rechnen, wobei die aufeinander zu driftenden Platten miteinander verschweißt werden und neue Gebirge bzw. Vulkanismus hervorbringen.
Die Ursache der oben beschriebenen Erscheinungen wird im Schalenbau der Erde vermutet. Konvektionsströmungen in der plastischen Asthenosphäre bewirken horizontale Plattenbewegungen.
Schalenbau und Topographie
Derartige Forschungsergebnisse lassen vielfach gute Erklärungen für topographische Gegebenheiten zu. Beispielsweise erklären sich in Afrika die Randschwellen als Aufwölbungen der Randscholle entlang ehemaliger Grabenzonen, vergleichbar mit der Aufwölbung von Schwarzwald und Vogesen entlang des Rheingrabens. Dadurch erhält das Innere Afrikas häufig den Charakter einer abflusslosen Beckenlandschaft, in der aus Seen nach und nach Salzseen werden.
Die Plattendrift ermöglicht weiterhin eine Erklärung unsymmetrischer Gewässernetze: In Südamerika entspringen die Quellflüsse von Amazonas und Parana in den Anden nahe dem Pazifik, entwässern aber über den gesamten Kontinent zum Atlantik hin. Ähnliches trifft auch für Australien zu. Die Auffaltung von Gebirgen parallel zur Kollisionslinie erklärt den teilweise meerabgewandten Verlauf von Indus, Ganges und Brahmaputra, bis sich ein Durchbruch zum Meer ergibt.
Inselbögen bilden in den Schelfbereich vorgeschobene Plattengrenzen. Sie führen zur Ausgliederung von Rand- und Nebenmeeren (zum Beispiel Japan – Japanisches Meer; Antillen – Karibisches Meer).
Die submarinen Rücken besitzen eine erst vor kurzem erkannte Bedeutung bei der Abschottung unterschiedlich warmer Wassermassen zwischen verschiedenen Meeresbecken. Lediglich oberflächlich fließende Warmwasserströme wie der Golfstrom verlaufen über große Distanzen und damit über die Schwellen am Ozeanboden hinweg, Kaltwasserströme werden dagegen durch Schwellen gebremst.
Die räumliche Verzahnung der Weltmeere mit den großen Landmassen spielt für die Genese des Klimas eine ganz entscheidende Rolle, weil aus der unterschiedlichen Wärmespeicherkapazität von Wasser und Land entsprechende Jahresgänge bei den Temperaturen resultieren (maritimes bzw. kontinentales Klima, s. 244.4).