Europa - Landschaft zur letzten Kaltzeit (Würm/Weichsel, vor 18000 Jahren)

Europa - Europa - Erdgeschichte und Geologie
978-3-14-100800-5 | Seite 88 | Abb. 1| Maßstab 1 : 40000000

Überblick

Die Karte zeigt Europa während der letzten Kaltzeit vor rund 20 000 Jahren. Durchschnittstemperaturen von 4 bis 8 °C unter den heutigen Werten hatten zu kräftigen Gletschervorstößen in den Alpen und zu einem Vordringen der skandinavischen Inlandeismassen geführt. Aufgrund dieser tief greifenden klimatischen Veränderungen verschoben sich die Klima- und Vegetationsgebiete in Richtung Äquator: Tundra dominierte in West- und Mitteleuropa, borealer Nadelwald sowie Laub- und Mischwald im Mittelmeerraum.

Aus vegetationslosen Ablagerungen des Eises, etwa Moränen- und Schotterfeldern sowie periglazialen Schuttdecken, wurde feiner kalkhaltiger Gesteinsstaub unterschiedlicher mineralischer Zusammensetzung ausgeweht, der als Löss bezeichnet wird. Trotz der unwirtlichen Lebensbedingungen lebten in dieser Periode der Steinzeit bereits Menschen als Sammler und Jäger in Europa.

Oberflächenformen der letzten Kaltzeit

Das letzte Kaltzeitalter, das Pleistozän, begann vor mehr als 2 500 000 Jahren und endete mit dem Zerfall der geschlossenen Eisdecke der Weichsel-/Würmeiszeit, die noch vor rund 9000 Jahren weite Teile der Skanden bedeckte. Im nördlichen Alpenvorland werden die vier jüngsten Kaltzeiten nach Flüssen als Günz-, Mindel-, Riß- und Würmeiszeiten bezeichnet.

In Norddeutschland ist eine der alpinen Günzeiszeit zeitlich entsprechende Kaltzeit nicht sicher nachgewiesen. Die nachfolgenden Eisvorstöße in der Elster-, Saale- und Weichseleiszeit haben diese frühen glazialen Spuren vermutlich überformt.

Die großen pleistozänen Eisvorstöße haben das Relief entscheidend gestaltet, wobei man Unterschiede zwischen Norddeutschland und dem Alpenraum feststellen kann. Im nordischen Glazial sind es vorwiegend Akkumulationen von feinem und auch sehr grobem Material, beispielsweise Findlingen, die durch die von Skandinavien vorstoßenden Eismassen verfrachtet wurden. Diese Akkumulationen sind durch Abtragung und durch Urstromtäler überformt worden. Das präglaziale Relief wurde in weiten Teilen durch Moränenschutt verdeckt.

In den Alpen wirkten die Gletscher hingegen ausräumend und erzeugten dadurch das charakteristische Hochgebirgsrelief. Bedingt durch das Absinken der klimatischen Schneegrenze, breiteten sich Talgletscher aus, deren Gletscherzungen auch das Alpenvorland bedeckten. Ihren weitesten Vorstoß markieren heute die Endmoränenzüge.

Norddeutschland in den Grundzügen vergleichbar, entstand im Alpenvorland ein glazialer Formenschatz besonderer Regelhaftigkeit, die sogenannte glaziale Serie (s. 53.4). Mit jedem Gletschervorstoß breitete sich das Eis über Ablagerungen der jeweils vorhergehenden Kaltzeit aus. Unter dem Gletscher bildete sich eine Geschiebe führende Grundmoräne aus, am Eisrand (Stillstandlage) eine Endmoräne, davor durch austretende Schmelzwässer aufgeschüttete Schotterebenen (in Norddeutschland: Sander) und schließlich Entwässerungsrinnen (in Norddeutschland: Urstromtäler). In letzteren sammelten sich die Schmelzwässer. In Norddeutschland vereinten sie sich mit dem Wasser der von Süden kommenden Flüsse, um parallel zum Eisrand ins Meer zu fließen.

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