Idealtypische Frontenzyklone (Querschnitt)
Überblick
Die unter dem West- bzw. Polarfrontjet (s. 92.2) entstehenden dynamischen Tiefdruckgebiete spielen im Witterungsgeschehen der mittleren Breiten eine wichtige Rolle. Sie sind nicht nur die Hauptregenbringer dieser Regionen, sondern sorgen auch für einen Ausgleich warmer tropisch-subtropischer und kalter polarer Luftmassen. Diese Tiefdruckgebiete zeigen typische Entwicklungsstadien und einen charakteristischen Aufbau, der sich auch an der Wetterlage zwischen dem 26.10. und dem 28.10.2004 erkennen lässt.
Reifephase und idealtypische Gliederung
Das Satellitenbild mit überlagerter Wetterkarte vom 26.10. zeigt die „Reifephase“ eines dynamischen Tiefs westlich der Iberischen Halbinsel und seine typische Wolkenstruktur.
Die Bewölkung resultiert aus Aufgleitvorgängen an der Vorderseite des Tiefs im Bereich der Warmfront, wo wärmere und damit leichtere Luft über vorhandene kältere Luftmassen aufgeschoben wird. Durch den Aufstieg kühlen sich die Luftmassen ab, beginnen zu kondensieren und lassen so ausgedehnte Schichtwolken (Stratus) entstehen. Die Warmfront in der Höhe eilt dem Frontverlauf am Boden zum Teil um mehrere hundert, oft sogar um tausend Kilometer voraus. Daher kündigt sich eine solche Warmfront an der Vorderseite der Aufgleitfläche oft durch hohe dünne Schichtwolken (Cirren) an. Diese nehmen mit Annäherung an die Warmfront am Boden an vertikaler Mächtigkeit zu und gehen in Altostratus und Nimbostratus über, aus denen oft länger anhaltender Niederschlag fallen kann.
In der Modellabbildung 92.4 entspricht dieses Geschehen dem rechten Drittel. Aus den oben beschriebenen Anzeichen (Cirrus- und Altocumulus-Wolken; Kaltluft am Boden) lässt sich auf den voraussichtlichen Wetterlauf der nächsten Stunden schließen (Aufziehen von Nimbostratus-Wolken; lang anhaltende Regenfälle).
Ein Wetterumschwung wird durch das Eintreffen der bodennahen Warmfront ausgelöst. Der Regen hört auf, die Bewölkung geht zurück und es wird klar; tagsüberkommt die Sonne heraus. Man spricht daher auch vom „Schönwettersektor“ der Zyklone. In der Modellabbildung 92.4 entspricht dieses Geschehen dem mittleren Drittel.
Allerdings ist das schöne Wetter nicht von Dauer, sondern kündigt bereits das Eintreffen der Kaltfront und einen erneuten Wetterumschwung an. Im Bereich der Kaltfront werden die warmen Luftmassen des Warmluftsektors zwischen den beiden Fronten durch die herannahende kalte (und daher schwere) Luft in die Höhe gerissen. Es herrschen konvektive, vertikale Luftbewegungen vor. Dadurch entstehen Haufenwolken (Cumulus), aus denen mitunterkurze und räumlich begrenzte, aber heftige Schauer-, teils auch Gewitterniederschläge fallen. In der Modellabbildung 92.4 entspricht dieses Geschehen dem linken Drittel.
Alterungsstadium und Zerfall
Da sich die Kaltfront infolge höherer Windgeschwindigkeiten auf ihrer Rückseite schneller um das Zentrum eines Tiefdruckwirbels bewegt als die Warmfront, wird der Warmluftsektor zwischen beiden Fronten zunehmend eingeengt und in die Höhe gehoben. Die Wetterlage am 27.10. zeigt ein solches „Alterungsstadium“ des Tiefs. Dort, wo die Kaltfront, vom Zentrum des Tiefdruckgebiets ausgehend, die Warmfront in Bodennähe eingeholt hat und damit der gesamte Warmluftbereich angehoben ist, wird von einer Okklusion gesprochen.
Am 28.10. hat das Tief bereits sein „Zerfallsstadium“ erreicht – die Kalt- und Warmfront sind vollständig okkludiert und die damit verbundenen Wolkenfelder beginnen sich aufzulösen; die Niederschläge nehmen ab.