Überblick
Die Förderung der Ölsandvorkommen in der kanadischen Provinz Alberta (Bevölkerungszahl 2022: 4,6 Mio.) war lange Zeit wirtschaftlich unrentabel und technologisch problematisch. Vor dem Hintergrund des steigenden Bedarfs an Erdöl und der knapper werdenden konventionellen Erdölreserven wurden die Ölsande Albertas allerdings zu einer ökonomisch interessanten Alternative, neue Technologien ermöglichen heute den Abbau.Ölsandabbau in Alberta
Die kanadische Provinz Alberta zählt, neben Saudi-Arabien und Venezuela, zu den grössten Ölsand-Reservoiren weltweit. Auf einer Fläche von etwa 140 000 Quadratkilometern – dies entspricht etwa 40 Prozent der Fläche Deutschlands – befinden sich ausgedehnte Ölsandvorkommen, verteilt auf die Abbaugebiete Athabasca (bei Fort McMurray), Peace River und Cold Lake. Die gegenwärtig förderbare Ölmenge wird in Kanada auf etwa 161 Mrd. Barrel geschätzt.
Wie stark Förderung und Investitionen im Ölsandabbau in Alberta von der Preisentwicklung auf dem Weltmarkt abhängig sind, zeigten die Jahre 2009 und 2015, als der Preis pro Barrel Erdöl für längere Zeit deutlich unter die Rentabilitätsgrenze von 70 bis 80 US-$ sank; sowohl die Förderung aus Ölsand als auch die Investitionen in die Exploration gingen stark zurück. Auch in den Jahren 2022 und 2023 konnten monatelang keine 80 US-$ für das Erdöl aus kanadischen Ölsanden erlöst werden.
Die in der Karte dargestellte Abbauregion liegt in der dünn und nicht zusammenhängend besiedelten Zone der borealen Nadelwälder im nördlichen Teil Albertas. Zu erkennen sind die Lage der Ölsandvorkommen, die bereits existierenden bzw. geplanten Abbaugebiete (Förderlizenzen), die zum Einsatz kommenden Abbau- und Fördertechniken, die vorhandene Infrastruktur für den Transport und die Weiterverarbeitung (Pipelines, Raffinerien).
Darüber hinaus lassen die Karteninhalte Rückschlüsse auf ökologische Folgen bzw. Landnutzungskonflikte zu (Eingriffe in den Landschaftshaushalt beim Abbau; Gefährdungen im Wood Buffalo National Park und in Karibu-Schutzgebieten; erhöhte Krebsraten; Berücksichtigung der Rechte der „First Nations“, der indigenen Bevölkerung).
Hintergründe und Fördertechniken
Ölsande sind Gemische aus Bitumen, Sanden, Tonen und Wasser. Zwei Tonnen Ölsand enthalten etwa ein Barrel (159 Liter) Erdöl. Unter natürlichen Lagebedingungen ist Bitumen als zähplastische, sirupartige Form von Erdöl nicht fliessfähig. Es muss erhitzt oder verdünnt werden, um in einer Bohrung oder Pipeline fliessen zu können. Zudem muss das Erdöl von den anderen Bestandteilen des Ölsands getrennt werden. Daher ist die Gewinnung von Erdöl aus Ölsanden teurer als die Förderung aus konventionellen Lagerstätten.
Seit 1967 werden in Alberta Ölsande mittels riesiger Bagger im Tagebau abgebaut. In Separationsanlagen wird noch vor Ort das Bitumen von den Sanden und Tonen getrennt (nach Zugabe von heissem Wasser). In weiteren energieaufwendigen Aufbereitungsschritten werden Verunreinigungen durch Schwefel extrahiert, es entsteht fliessfähiges synthetisches Leichtöl (Aufbereitung).
Ausserhalb des Abbaugebietes von Fort McMurray befinden sich die bitumenhaltigen Ölsande in einer Tiefe von mehr als 75 Metern. Eine Förderung kann hier nicht mehr im Tagebau, sondern nur mittels des Dampfverfahrens erfolgen. Über Bohrungen wird heisser Wasserdampf in die Ölsandschicht injiziert, wodurch das darin enthaltene Bitumen fliessfähig wird und mithilfe weiterer Bohrleitungen zu Tage gefördert werden kann.
Zur Weiterverarbeitung in Mineralöl-Endprodukte wie Treibstoff wird das erzeugte Leichtöl über Pipelines (s. 192.1) in den Mittleren Westen bzw. an die Westküste der USA exportiert; dies macht rund 60 Prozent der Fördermenge aus. Der Grossteil des aus Kanada exportierten Erdöls geht in die USA. Das restliche Erdöl wird in Raffinerien in Edmonton verarbeitet.
Umweltprobleme
Die Kehrseite der Ölsandproduktion sind die Folgen für Klima, Umwelt und Menschen:
Der Wasserverbrauch zur Extraktion von Bitumen aus Ölsand ist enorm hoch (1 Liter Bitumen benötigt 5 Liter Wasser). Folglich werden pro Tag 400 Mrd. Liter Wasser zur Erdölförderung aus Ölsand benötigt.
Dabei entsteht wiederum viel Abwasser, in dem giftige Stoffe wie Schwermetalle gelöst sind. Flüsse und Seen in der Umgebung der Förderstätten weisen erhöhte Konzentrationen an Schwermetallen und krebserregenden Kohlenwasserstoffen auf. Dies stellt wiederum eine Gefahr für die Anwohner, insbesondere die indigene Bevölkerung dar, die auf den Fischfang angewiesen ist.
Der hohe Flächenbedarf der Tagebauminen geht auf Kosten gesunder Wälder, die für den Abbau gerodet werden.
Der Ölsandabbau setzt grosse Mengen an CO<sub>2</sub> frei. Schätzungen gehen von bis zu 176 kg CO<sub>2</sub>/Barrel Öl aus.