Allgäu - Grünlandwirtschaft

Bayern - Landwirtschaft und Klima
978-3-14-100851-7 | Seite 17 | Abb. 5| Maßstab 1 : 125000

Überblick

Die Landschaftsbezeichnung „Allgäu“ ist wahrscheinlich vorindogermanischen Ursprungs. Der Namensbestandteile „alb“ bedeutet „Berg“ oder „hoch“, „Geäue“ ist die Mehrzahl von „Au“. Das niederschlagsreiche Gebiet vor den Alpen mit dem Hauptort Kempten gehört zum größten Teil zu Bayern, im Westen zu Baden-Württemberg und mit dem Kleinen Walsertal zu Österreich. Den Nordsaum bilden die Endmoränenzüge der Würmeiszeit, die weitgehend mit der 1000-Millimeter-Isohyete zusammenfallen, die ungefähr der Grenze des rentablen Getreidebaus entspricht. Bis hierher reicht auch, mit Ausnahmen, das zusammenhängende Grünland.

„Käseküche Deutschlands“

Der Bereich der würmeiszeitlichen Jungmoränen bzw. der miozänen unteren Süßwassermolasse des Kartenausschnitts südwestlich von Kempten/Allgäu (Landkreis Oberallgäu) ist agrarwirtschaftlich ausschließlich durch Dauergrünland mit dem Schwerpunkt Milcherzeugung gekennzeichnet. Dabei lassen sich die Talbetriebe und die auf den Sommer beschränkte Almwirtschaft (alemannisch: Alpwirtschaft) der Höhenlagen unterscheiden. Die Vielzahl von – überwiegend ehemaligen – Molkereien und Käsereien zeigt, dass die Weiterverarbeitung im Erzeugungsgebiet, der „Käseküche Deutschlands“, einstmals eine entscheidende Rolle spielte.

Das Siedlungsbild ist bestimmt durch Streusiedlungen mit kleinen Weilern und Einödhöfen, die durch die „Allgäuer Vereinödung“ geschaffen wurden, einer Frühform der Flurbereinigung mit Höhepunkt im 18. Jahrhundert (Flächenarrondierung bzw. Aussiedlung der Höfe).

Strukturwandel im Allgäu

Aufgrund des hohen bergbäuerlichen Selbstversorgungsgrads hielten sich der Viehauftrieb und die genutzte Alpfläche im Allgäu noch bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg auf vergleichsweise hohem Niveau. Zu einem schweren Einbruch kam es erst in den 1960er-Jahren, die das endgültige Ende der bäuerlichen Selbstversorgerwirtschaft brachten. Agrarmarktbedingte Rationalisierung und die allgemeine Kapitalisierung der Landwirtschaft führten zu einem grundlegenden Strukturwandel der Milchwirtschaft im Allgäu.

Die Milchverarbeitung wurde vielfach ins Tal verlagert. Aus den traditionellen Sennalpen wurden dadurch zunehmend reine Milchlieferungs- oder Jungviehalpen. Inzwischen sind weniger als ein Prozent der bayerischen Almen Senn- oder Kuhalpen, während mehr als 40 Prozent reine Galtalpen für die Aufzucht von Jungvieh sind. Lediglich in einigen Teilen des Allgäus (vgl. in der Karte z. B. die Schwabenberg-Alpe, Ückersberg-Alpe, Kiesel-Alpe) spielen Milchkühe noch eine gewisse Rolle. Ihr Bestand ist jedoch seit den 1960er-Jahren kontinuierlich rückläufig.

Die vielen kleinen Molkereien, die um 1960 noch in fast jedem Dorf oder Weiler existierten, sind im Zuge dieser Entwicklung fast ausnahmslos verschwunden. Die heutige Struktur wird durch wenige milchindustrielle Großbetriebe bestimmt, die die Milchabholung organisieren und auch aus anderen Regionen Milch „importieren“. Im Kartenausschnitt gibt es derzeit noch ein mittelständisches Unternehmen mit regionaler Vermarktung in Diepolz und eine Großmolkerei in Kempten, die mit rund 500 Mitarbeitern zu den führenden Käseherstellern in Deutschland gehört.

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