Überblick
Die Übersichtskarte zur Landwirtschaft zeigt die Vielfalt von Pflanzenbau und Tierhaltung auf dem amerikanischen Doppelkontinent. Die flächengroßen Länder USA (1), Brasilien (2), Kanada (10), Mexiko (16) und Argentinien (19) zählen zu den weltweit wichtigsten Agrarexporteuren (in Klammern Rang im Jahr 2023). Die USA sind gemessen am Wert der im Jahr 2023 exportierten landwirtschaftlichen Produkte mit 171 Mrd. US-Dollar der mit Abstand größte Exporteur im Weltagrarhandel; Brasilien als zweitwichtigste Agrar-Exportnation kommt auf 147 Mrd. und die Niederlande auf 126 Mrd. US-Dollar. Bei den agrarischen Importen nimmt China mit 253 Mrd. US-Dollar den ersten Platz ein, vor den USA (196 Mrd.) und Deutschland (117 Mrd.). Insgesamt sind damit die USA die weltgrößte Agrarhandelsnation (367 Mrd. US-Dollar), vor China (333 Mrd.) und Deutschland (216 Mrd).
Nordamerika
In der subpolaren Zone und der nördlichen Mittelbreiten Nordamerikas können große Bereiche Kanadas ebenso wie Alaska aus klimatischen Gründen nicht landwirtschaftlich genutzt werden (s. 174.1). In den mittleren und südlichen Mittelbreiten Nordamerikas sind der Anbau von Zuckerrüben, Mais und Weizen sowie die Rinder- und Schweinehaltung verbreitet. Der Weizenanbau ist auf die Steppenzone (Great Plains) konzentriert, in Südamerika ist die Pampa die Entsprechung. Im Mittleren Westen der USA ist die Kombination von Futterpflanzenanbau (Mais) und Viehhaltung (Rinder und Schweine) deutlich erkennbar. Im trockenen Südwesten der USA ist der Anbau von Baumwolle nur bei künstlicher Bewässerung möglich. Hingegen werden im feuchtwarmen Südosten der USA vor allem Baumwolle, Zuckerrohr, Erdnüsse und Tabak angebaut. Aufgrund des außerordentlich hohen Wasserbedarfs beschränkt sich der Reisanbau auf Flächen im Mississippi-Tal. In den subtropisch geprägten Teilen der USA, insbesondere in Kalifornien und Florida, ermöglicht das Klima den Anbau von Zitrusfrüchten und Gemüse, wobei in Kalifornien künstlich bewässert werden muss.
Der Einfluss des Reliefs auf die Anbaustrukturen im Pflanzenbau wird im Gebirgssystem nördlichen Kordilleren (Küstenkette und Rocky Mountains) deutlich. Die Gebirge wirken als Regenfänger, besonders an der Küste (s. 141.4). In ihrem Windschatten – östlich der Gebirgsketten bzw. in den eingelagerten intermontanen Becken – fallen dagegen nur sehr geringe Niederschläge. Gibt es regionale Wasserressourcen (Flüsse, Grundwasserspeicher), kann dieser Nachteil durch Anlage von Bewässerungsland ausgeglichen werden.
Mittel- und Südamerika
Die Landwirtschaft in Mittelamerika, in der Karibik und im nördlichen Bereichl Südamerikas ist durch tropische und subtropische Früchte wie Zuckerrohr, Banane, Baumwolle, Kaffee, Kakao und Kautschuk gekennzeichnet. Im Westen Südamerikas ist der Zuckerrohranbau aufgrund des hohen Wasserbedarfs (mindestens 1200 Millimeter pro Jahr) an Bewässerung gekoppelt. Weil das kälteempfindliche Zuckerrohr möglichst gleichbleibende Temperaturen von 25° bis 28° C benötigt, ist sein Anbau auf die Tropen und Teile der Subtropen beschränkt. In den Mittelbreiten Südamerikas tritt großflächig Weizenanbau auf. Weinanbau ist vor allem unter mediterranen Klimaverhältnissen zu finden (in Chile und Argentinien, ebenso wie in Kalifornien). Die Rinderhaltung in Südamerika erfolgt überwiegend im Bereich der Feuchtsavannen, während Schafe und Ziegen zumeist auf Steppen- bzw. Hochgebirgsgrasland gehalten werden.
Der Einfluss des Reliefs auf die Anbaustrukturen im Pflanzenbau wird ähnlich wie in Nordamerika anhand des Gebirgssystems der Anden deutlich. Das Hochgebirge wirkt in Äquatornähe und in den Mittelbreiten an der Küste als Regenfänger. Im Windschatten – östlich der Gebirgsketten bzw. in den eingelagerten intermontanen Becken – fallen dagegen keine oder nur sehr geringe Niederschläge. Gibt es regionale Wasserressourcen (Flüsse, Grundwasserspeicher), dann kann dieser Nachteil ausgeglichen werden (Bewässerungsland).
Einfluss des Klimas
Der bestimmende Einfluss des Klimas auf die landwirtschaftliche Produktion lässt sich durch den Vergleich in der Verbreitung unterschiedlicher Anbaupflanzen in den gemäßigten, subtropischen und tropischen Zonen illustrieren.
Optimale Anbaugebiete für Zuckerrüben finden sich in den Mittelbreiten (gemäßigte Zone) mit warmem, sonnigem, nicht zu feuchtem Klima. Im sonnigen Binnenland werden die qualitativ besten Rüben erzeugt und die höchsten Erträge erzielt. Vorteilhaft ist ein trockenes Frühjahr, der Sommer sollte Temperaturen um 23 bis 25 °C aufweisen. Im Spätsommer kommen kühle Nächte der Qualität der Rüben sehr zugute, da sie den Zuckergehalt erhöhen. Die besten Voraussetzungen für den Anbau bieten tiefgründige, humose, leicht erwärmbare und gut drainierte Böden, die mit Nährstoffen und Wasser gut versorgt sind. Die Jahresniederschlagsmenge muss mindestens 500 Millimeter betragen, optimal sind 600 bis 800 Millimeter pro Jahr.
Das Zuckerrohr ist hingegen eine typische Pflanze der Tropen und Subtropen. Als solche benötigt sie möglichst konstante Temperaturen zwischen 25 und 28 °C. Unterhalb von 20 °C verlangsamt sich das Wachstum beträchtlich, bei 15 °C kommt es vollkommen zum Stillstand. Schon bei Temperaturen von 4 °C wird die sehr frostempfindliche Pflanze deutlich geschädigt. Der Jahresniederschlag muss bei mindestens 1200 Millimetern liegen; bei geringen Mengen ist künstliche Bewässerung erforderlich.
Weltagrarmärkte und Exportabhängigkeiten
Die Agrarstrukturen der einzelnen Länder dürfen allerdings nicht nur in Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen gesehen werden. Zu berücksichtigen sind vielmehr auch die infrastrukturellen Voraussetzungen und die unterschiedlich starke Einbindung in den Weltagrarhandel. Kennzeichnend für die USA ist beispielsweise eine technologisch außerordentlich stark entwickelte Landwirtschaft mit großer Weltmarktorientierung, während die Landwirtschaften einiger Länder in Mittelamerika eher traditionell strukturiert und auf regionale Märkte bzw. den Binnenmarkt orientiert sind.
In einigen Staaten ist die hohe Spezialisierung auf einzelne Exportprodukte und die große Abhängigkeit von den Entwicklungen des Weltmarktes ein Problem. Letzteres zeigte sich besonders in Kuba, wo schon vor der Revolution von 1959 rund 80 Prozent der Exporterlöse aus dem Zuckerexport resultierten. In der Folgezeit konnte Kuba im Zuge der sozialistischen Arbeitsteilung seinen Zucker vor allem in die Sowjetunion absetzen und erhielt dafür (Verrechnungs-)Preise, die um ein Mehrfaches über dem Weltmarktpreis lagen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem Wegfall dieser speziellen Wirtschaftsbeziehungen geriet die Zuckerwirtschaft Kubas in eine schwere Krise, in deren Verlauf die Exporterlöse des Landes temporär um nahezu 90 Prozent zurückgingen. 2023 konnte Kuba nur noch Zucker im Wert von 127,5 Mio. US-Dollar exportieren.