Amerika - Politische Übersicht

Amerika - Staaten und Geschichte
978-3-14-100943-9 | Seite 138 | Abb. 1 | Maßstab 1 : 36000000

Europäische Kolonisation

Die europäischen Entdecker Amerikas, wie zum Beispiel Christoph Kolumbus oder Amerigo Vespucci, waren zur Wende des 15. zum 16. Jahrhundert im Auftrag der spanischen oder portugiesischen Krone unterwegs. Ihnen folgten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Konquistadoren, welche die Völker Mittel- und Südamerikas auf der Suche nach Reichtümern und zum Zwecke der christlichen Missionierung gewaltsam unterwarfen und durch eingeschleppte Krankheiten dezimierten. Während der danach einsetzenden kolonialen Verwaltung und Besiedlung wurde Spanien im ausgehenden 16. Jahrhundert in Süd- und Mittelamerika zur mächtigsten Ordnungsmacht, während der Einfluss Portugals auf das riesige Brasilien beschränkt blieb.

Die Nordhälfte des amerikanischen Kontinents geriet hingegen erst etwas später, ab Mitte des 16. Jahrhunderts unter den Einfluss von drei konkurrierenden europäischen Großmächten: Frankreich und England im atlantischen Osten und Spanien über Mexiko im pazifischen Westen. Aus diesem Wettbewerb um die Entdeckung und Erschließung des Landes im 17. Jahrhundert ging nach dem Rückzug Frankreichs 1763 zunächst Großbritannien und zur Wende des 18. zum 19. Jahrhundert der erste auf amerikanischem Boden gegründete neue Staat, die Vereinigten Staaten vom Amerika, als Gewinner hervor. Zusammen mit der Niederlage Spaniens an der Seite Napoleons war dies der Auslöser für den endgültigen Zusammenbruch des spanischen Kolonialreichs auf amerikanischem Boden, das bereits zuvor den Unabhängigkeitsbestrebungen regionaler Eliten wenig entgegenzusetzen hatte.

Staaten in Nordamerika

13 britische Kolonien an der Ostküste Nordamerikas erklärten sich 1776 als Vereinigte Staaten von Amerika (USA) zur unabhängigen Republik, woraufhin es zu einem siegreich geführten Krieg gegen das einstige Mutterland Großbritannien kam (1775-1783). Der junge, im Geiste der Menschenrechte republikanisch und föderal konstituierte Staat wurde zum Einwanderungsmagneten für politisch-religiöse Minderheiten und wirtschaftlich Unterprivilegierte aus Europa. Gestärkt durch diesen steten Bevölkerungszustrom, erweiterten sich die USA territorial immer weiter nach Westen, auf Kosten der Indigenen und der kolonialen Ansprüche Spaniens, dessen Nachfolge 1821 das unabhängige Mexiko antrat. Nachdem Siedler bereits 1836 das mexikanische Texas für unabhängig erklärten (es wurde 1845 von den USA annektiert), verlor Mexiko im Mexikanisch-Amerikanischen Krieg 1846-48 das riesige Gebiet der späteren Bundesstaaten Kalifornien, Nevada, Arizona, Utah, New Mexico und Colorado an die USA. 1867 kauften die USA Alaska vom Kaiserreich Russland ab, das damit seinen einstmals bis ins spanische San Francisco reichenden Einfluss in Amerika verlor. 1898 wurde die pazifische Inselgruppe Hawaii annektiert und noch im selben Jahr übernahmen die USA nach einem raschen Sieg im Spanisch-Amerikanischen Krieg (1898) die Kontrolle über Kuba, Puerto Rico, die Spanischen Jungferninseln sowie im Pazifik über Guam und die Philippinen. Von diesen Gebieten sind bis heute Puerto Rico und Guam als Außenterritorien bei den USA verblieben.

Die Gründung des Staates Kanada fand bereits 1867 statt. Unabhängig von Großbritannien wurde Kanada jedoch erst nach einer von Autonomiebestrebungen und regionalen Zusammenschlüssen gekennzeichneten Zeit durch das Statut von Westminster im Jahr 1931. 1949 schloss sich Neufundland als zehnte und letzte Provinz Kanada an, während die letzten verfassungsrechtlichen Verbindungen mit Großbritannien erst 1982 gekappt wurden. Der britische Monarch ist weiterhin das Staatsoberhaupt Kanadas und wird durch einen Generalgouverneur vertreten. Kanada ist ein zweisprachiges Land – Englisch und Französisch – da es mit der Provinz Québec den einzigen größeren Siedlungsbereich französischer Einwanderer aus der Zeit französischer Landnahmen in Nordamerika umfasst (sogenanntes „Neufrankreich“ von 1534 bis 1763). In der bis heute überwiegend französischsprachigen Provinz Québec kam es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer wieder zu separatistischen Bestrebungen. Indigene Bevölkerungsgruppen, die First Nations, Inuit und Métis, haben in Kanada eine besondere Stellung, da sie anders als in den USA weite Teile des Landes im kalten, hohen Norden bewohnen.

Grönland, das sich seit Anfang des 18. Jahrhunderts in dänischem Besitz befindet und seit 1953 als gleichberechtigter Bestandteil des Königreichs anerkannt ist, erhielt 1979 nach einer Volksabstimmung ein neues Selbstverwaltungsstatut. Dänemark regelt seitdem die Außen-, Verteidigungs- und Währungspolitik der Insel, während die Wirtschafts-, Sozial- und Kulturpolitik zu den Aufgaben der grönländischen Regierung zählen. Die USA verfügen aktuell über einen Militärstützpunkt auf Grönland, die an der Nordwestküste gelegene Pituffik Space Base, ehemals Thule Air Base. Im Zuge aktueller geopolitischer Veränderungen signalisierten die USA 2025 ihre Absicht, Grönland politisch, wirtschaftlich und administrativ stärker an sich zu binden. Etwa 85 % der insgesamt 56 500 Einwohnerinnen und Einwohner sind Inuit; in Kanada sind hingegen nur knapp 4 %, in den USA sogar nur knapp 1 % Indigene.

Staaten in Mittelamerika

In Mittelamerika bestehen im Wesentlichen immer noch jene Grenzverläufe, die im frühen 19. Jahrhundert entstanden sind, als die meisten Staaten ihre Unabhängigkeit, überwiegend von Mexiko und Großbritannien, erlangten. Kurz nach dem siegreichen Mexikanischen Unabhängigkeitskrieg von der Kolonialmacht Spanien, musste das Land 1823 das südliche Territorium der späteren Staaten Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Costa Rica an die kurzlebige Zentralamerikanische Konföderation abtreten. Jüngeren Datums sind hingegen die Staaten Panama, welches sich 1903 von Kolumbien unabhängig machte, und Belize, das ehemalige Britisch-Honduras, welches 1964 eine beschränkte Autonomie erhielt und seit 1981 unabhängig ist. Etwa die Hälfte der karibischen Inseln und Inselgruppen haben ihre Unabhängigkeit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlangt. Bei der anderen Hälfte bestehen weiterhin aus Kolonialverhältnissen erwachsene Zugehörigkeiten zu Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden bzw. zu den USA. Diese sind nicht immer einfach zu bewerten – sie reichen von vollständiger territorialer Integration wie im Falle von Guadeloupe und Martinique, die beide Bestandteil Frankreichs, der Europäische Union und der Eurozone sind (nicht jedoch des Schengen-Raums), bis hin zu weiterhin quasi-kolonialen Beziehungen. Die Wirtschaft gerade dieser Außenbesitzungen ist oftmals geprägt von einem Nebeneinander tropischer Landwirtschaft, hochklassigem Tourismus, verdecktem Drogenhandel und offshore-Finanzplätzen („Steueroasen“), die vor allem dem Zwecke der Steuerhinterziehung und der Geldwäsche dienen.

Staaten in Südamerika

In Südamerika nutzten regionale Eliten in den Provinzen der drei spanischen Vizekönigreiche Neugranada, Peru und Rio de la Plata die Niederlage Spaniens an der Seite Napoleons zu Beginn des 19. Jahrhunderts, um die alte und schwache Kolonialmacht zum Rückzug zu zwingen. Eine führende Persönlichkeit in den Unabhängigkeitskämpfen war Simón Bolívar (1783-1830), der panamerikanische Ziele verfolgte, die sich jedoch nur vorübergehend in der Republik Großkolumbien (1819-1830) verwirklichten. Zwischen 1810 und 1830 entstanden die Republiken Venezuela, Kolumbien (inklusive Panama), Ecuador, Peru, Bolivien (als ehemaliges Oberperu nach Bolívar benannt), Chile, Paraguay, Uruguay und Argentinien.

In Südamerika haben sich die Grenzverläufe seit 1825 teilweise leicht verschoben, ohne die nationalstaatliche Gliederung entscheidend zu verändern. Guayana ist heute in die Länder Guyana (1966, ehemals britisch), Suriname (1975, zuvor niederländisch) und die frühere Strafkolonie Französisch-Guayana geteilt, das ebenfalls Bestandteil Frankreichs und somit der Europäischen Union und Eurozone ist. Zwischen Bolivien und Paraguay veränderte der Chaco-Krieg in den 1930er-Jahren den Grenzverlauf. Peru musste im Süden einige Landesteile an Chile abgeben, konnte sich aber 1942 im Norden auf Kosten Ecuadors erweitern. Die Falklandinseln im äußersten Süden waren nach ihrer Besetzung durch Argentinien 1982 der Auslöser eines Kriegs mit Großbritannien, der mit einem Sieg der britischen Truppen endete.

Große Staaten, kleine Staaten

Während in Nordamerika in nur drei flächengroße Staaten (Mexiko mit 1,97 Mio., USA mit 9,53 Mio. und Kanada mit 9,98 Mio. km2) und ein flächengroßes semi-autonomes Territorium (Grönland mit 2,17 Mio. km2) aufgeteilt ist, von denen zwei Staaten (Mexiko mit 130 Mio. und USA mit 343 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern) auch bevölkerungsreich sind, existieren in Mittel- und Südamerika zwei große Staaten (Brasilien mit 8,52 Mio. km2 und einer Bevölkerung von 211 Mio. sowie Argentinien mit 2,78 Mio. km2 und einer Bevölkerung von 45 Mio.), einige mittelgroße (Kolumbien, Peru, Venezuela, Bolivien und Chile) und zahlreiche kleine bis sehr kleine Staaten. Insgesamt gibt es in Amerika 35 Staaten, 6 Landesteile europäischer Staaten sowie 18 abhängige Gebiete – ebenfalls überwiegend von europäischen Staaten – mit unterschiedlichen Autonomiegraden. Insbesondere in der Karibik sind zahlreiche kleine und sehr kleine Inselstaaten sowie viele abhängige Gebiete vertreten. Jamaika zum Beispiel ist nimmt zwei Drittel der Fläche Schleswig-Holsteins ein bei einer ungefähr gleich großen Bevölkerungszahl (ca. 3 Mio.). Zu den kleinsten Staaten der Erde zählt der karibische Inselstaat St. Kitts und Nevis mit einer Fläche von 261 km2 und einer Bevölkerung von 54 000. Damit ist der Staat so groß wie die Stadt Bielefeld und es wohnen dort so viele Menschen wie in der bei Bielefeld gelegenen Kurstadt Bad Salzuflen.

Bevölkerungsgruppen in Nord-, Mittel- und Südamerika

Das multiethnische Nord-, Mittel- und Südamerika ist ein in verschiedenen Schüben entstandenes Ergebnis vor allem der Kolonial- und Migrationsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Bis zum späten 15. Jahrhundert lebten auf dem gesamten amerikanischen Kontinent ausschließlich indigene Bevölkerungsgruppen, die ihrerseits vor 12 000 bis 15 000 Jahren allmählich aus Asien eingewandert waren. Mit dem Beginn der kolonialen Eroberungen kamen spanische und portugiesische Kolonisten sowie die Nachkommen von Indigenen und Konquistadoren hinzu. Schon wenig später erreichten durch den Sklavenhandel die ersten Afrikaner den Kontinent. Im 19. und 20. Jahrhundert kam es zu starken Einwanderungsschüben aus Europa, aber auch zu einer lokal beschränkten Zuwanderung aus Asien, vor allem aus China, Japan und Indien.

Die Strukturen innerhalb der einzelnen Staaten sind sehr unterschiedlich. Länder wie Argentinien oder Uruguay haben eine nahezu homogene Bevölkerung mit europäischen Wurzeln, Haiti wird fast ausschließlich von Menschen bewohnt, deren Vorfahren afrikanische Wurzeln hatten. In fast allen Staaten hat sich die Bevölkerung im Laufe der Zeit stark vermischt. Deutlich wird dies etwa in Kolumbien bzw. Chile, wo jeweils zwei Drittel der Bevölkerung nicht einer bestimmten Bevölkerungsgruppe angehören. Die Anteile indigener Bevölkerung sind am größten in Bolivien (> 50 %) sowie Peru, Mexiko und Guatemala (rund ein Drittel). Die größten Bevölkerungsgruppen mit asiatischem Hintergrund gibt es in Guyana, Suriname und in der Republik Trinidad und Tobago. Die USA werden seit dem Zweiten Weltkrieg besonders durch die inneramerikanische Migration von Hispanics aus Mittel- und weniger stark aus Südamerika gekennzeichnet – ihr Bevölkerungsanteil stieg von knapp 3 % 1950 auf fast 20 % 2025. Außerdem nahm ebenso wie in Kanada die Einwanderung aus Asien zu, während sie aus Europa fast zum Erliegen kam.

K. Lückemeier

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