Überblick
Die Karte gibt einen Überblick über die wichtigsten Bergbau-, Industrie- und Dienstleistungsstandorte sowie über die Transport- und Verkehrswege in Nord-, Mittel- und Südamerika. Sie verdeutlicht die Dominanz der Wirtschaft der USA, insbesondere deren global bedeutsamen Dienstleistungszentren, den Reichtum an fossilen und mineralischen Rohstoffen, aber ebenso die außerordentlich großen räumlichen Disparitäten zwischen Regionen mit bzw. ohne Bergbau, Industrie oder Dienstleistungen, die an oder abseits von Transportwegen liegen.
Nord- und Mittelamerika
Innerhalb Nord- und Mittelamerikas lassen sich mehrere große Wirtschaftszentren unterscheiden:
„BosWash“, das eng gedrängte Städteband an der nordöstlichen Atlantikküste der USA zwischen Boston im Nordosten und Washington im Südwesten mit drei Dienstleistungszentren von internationaler, also globaler, Bedeutung und zweien von überregionaler, also kontinentaler, Bedeutung.
Der davon ausgehende, einstige Manufacturing Belt der USA von Philadelphia und New York über Pittsburgh, Cleveland, Detroit nach Chicago.
Das von Detroit ausgehende kanadische Städteband über Toronto, Ottawa, Montréal bis nach Québec im Südosten des Landes.
Eine Reihe von einzelnen Dienstleistungsstandorten quer durch den Süden der USA, von Phoenix über Dallas und Houston bis Atlanta und Miami, die zusammen den Sunbelt bilden.
Der Raum Portland-Seattle-Vancouver mit starken Hightechindustrien im äußersten Nordwesten der USA bzw. äußersten Südwesten Kanadas.
Die Pazifikküste Kaliforniens von San Francisco mit dem Hightech-Standort Silicon Valley, über Los Angeles bis San Diego.
Mexiko-Stadt , die größte Mega-Stadt Nord- und Mittelamerikas, und von dort ausgreifend bis Guadalajara reichend.
Das mittelamerikanische Hauptstadtband an oder nahe der Pazifikküste von Guatemala-Stadt über San José bis Panama-Stadt.
Riesige Teile Kanadas sind nur sehr dünn besiedelt. Die Wirtschaftszentren befinden sich fast ausnahmslos im Süden des Landes und sind de facto mit den US-amerikanischen verwachsen. Eine Wachstumsregion besonderer Art ist derzeit die kanadische Provinz Alberta, in der die weltweit zweitgrößten Ölreserven in gewaltigen Ölsandvorkommen schlummern. Der extrem energieaufwendige Abbau dieser Vorkommen ist erst durch den starken Anstieg der Weltmarktpreise für Erdöl ökonomisch rentabel geworden, wirft aber im Hinblick auf die ökologische Verträglichkeit eine Reihe von Fragen auf. Gleiches gilt für das durch Fracking gewonnene Erdöl in den Dakotas. Die größten Erdöl- und Erdgasfelder der USA befinden sich jedoch im US-Bundesstaat Texas und in Alaska, wo die Ölvorkommen rund 85 Prozent der Einnahmen dieses Bundesstaates ausmachen. Über die Trans-Alaska-Pipeline wird das Öl über 1000 Kilometer Richtung Süden transportiert.
Auf der Karte gut zu erkennen ist die Dominanz der US-Wirtschaft. Der hoch verdichtete Nordosten der USA mit den Weltstädten New York und Chicago, Kalifornien mit den Metropolen Los Angeles und San Francisco und der äußerste Nordwesten als Hightech-Zentrum, sind Dreh- und Angelpunkte der Weltwirtschaft. Der Aufstieg der USA zur industriellen und technologischen Wirtschaftsmacht begann in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Bereits vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs hatten die USA den damaligen industriellen Vorreiter Großbritannien überholt. Ausschlaggebend für den wirtschaftlichen Erfolg des Landes waren verschiedene Faktoren: reiche Bodenschätze, die klimatische und landschaftliche Vielfalt, günstige politische Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Aktivitäten, nicht zuletzt die positive Einstellung zur Arbeit, die ihre Wurzeln in der puritanischen Arbeitsethik der Gründerväter hat. Zu einem Innovationszentrum von Weltrang entwickelte sich das kalifornische Silicon Valley.
Der tertiäre Sektor wird durch Dienstleistungszentren und Tourismusregionen abgebildet. In den USA gibt es allein zehn Dienstleistungszentren internationaler Bedeutung – so viele wie in keinem anderen Staat der Erde. Kanada weist drei solche Zentren (Montréal, Toronto und Vancouver) und Mexiko eines auf (Mexiko-Stadt), während ganz Südamerika auf nur sechs kommt (Bogotá, Lima, Rio de Janeiro, São Paulo, Buenos Aires und Santiago de Chile). Die Volkswirtschaften der karibischen Staaten haben ihren Schwerpunkt auf den Tourismus gelegt. Mexiko hat aufgrund seiner Mitgliedschaft in der nordamerikanischen Freihandelszone USMCA, die 2025 jedoch ins politische Abseits geriet, eine Mittelstellung zwischen Anglo- und Lateinamerika. Seine Bundeshauptstadt Mexiko-Stadt ist das wirtschaftliche Zentrum Mittelamerikas. Vielen mittelamerikanischen Ländern, die früher wegen ihrer einseitigen Abhängigkeit von ausländischen Konzernen und Politinteressen als „Bananenrepubliken“ apostrophiert wurden, ist in den letzten Jahrzehnten eine staatliche Konsolidierung und eine Diversifizierung ihrer Wirtschaft gelungen. Allerdings ist der Brückenraum zwischen Nord- und Südamerika auch von vielen Instabilitäten gekennzeichnet, insbesondere den Drogenhandel und von Gewalt – beides erschwert die Entwicklung der Staaten massiv.
Südamerika
Südamerika ist ein rohstoffreicher Kontinent. Entlang der Anden werden vor allem Bunt- und Edelmetallerze gefördert. Im Osten des Kontinents werden große Lagerstätten von Eisenerz, Mangan und Bauxit ausgebeutet (s. 178.2). Auch bei zahlreichen Agrarprodukten und in der Fischerei nehmen südamerikanische Länder Spitzenpositionen ein. Der Rohstoffreichtum und die Agrarorientierung äußern sich im Außenhandel. Chile zum Beispiel erwirtschaftet rund 80 Prozent seiner Exporterlöse mit mineralischen Rohstoffen und Nahrungsmitteln. Die Energieversorgung beruht vor allem auf der Nutzung der Wasserkraft zur Stromerzeugung und auf einheimischen Erdöl- und Erdgasvorkommen. Viele Länder Südamerikas haben diese in den letzten Jahrzehnten erkundet und erschlossen, einige sind sogar zu Exporteuren geworden, auch wenn die Mengen nicht mit denen der Erdölstaaten Arabiens vergleichbar sind. Eine Ausnahme stellt diesbezüglich Venezuela dar, das jedoch infolge politischer Instabilität seit vielen Jahren eine erschütternde Wirtschaftskrise durchlebt. Argentinien und Brasilien setzen auch auf Kernkraft zur Stromerzeugung. Die Besiedlung der Staaten ohne Anteil an den Anden ist ausgesprochen küstenorientiert. Verkehrsgünstig am Atlantik liegen die großen brasilianischen Ballungsräume, in erster Linie die Industriezentren São Paulo und Rio de Janeiro, sowie die argentinische Metropole Buenos Aires. An der Pazifikküste stechen die chilenische Hauptstadt Santiago und die peruanische Hauptstadt Lima hervor. An den Küsten liegen auch die Häfen, über die zum Beispiel Agrarprodukte wie Bananen und Rohstoffe wie Eisen- oder Kupfererz exportiert werden. Die wirtschaftlich stärksten Staaten Südamerikas sind Brasilien und Argentinien. Die Konzentrationspunkte der Industrie liegen in den Städten am Rio de la Plata, in Pôrto Alegre, São Paulo und Rio de Janeiro an der Ostküste, an der Westküste kann nur der Großraum Santiago konkurrieren. Die Industriestruktur ist an diesen Standorten weitgehend diversifiziert. In Amazonien gibt es punktuell oder inselhaft eine bergbauliche, industrielle oder landwirtschaftliche Nutzung, die Erschließung erfolgt entlang der großen Flüsse oder Straßenschneisen (Transamazonica).
Im Vergleich mit Nordamerika gibt es in Südamerika nur wenige Konzentrationen von internationalen (global bedeutsamen) bzw. überregionalen (kontinental bedeutsamen) Dienstleistungszentren: Das kolumbianische Städtedreieck in den Anden (Bogotá, Medellin, Calí), der Südosten Brasiliens von Belo Horizonte im Norden über Rio de Janeiro, São Paulo, Curitiba bis Pôrto Alegre im Süden, sowie Buenos Aires und Montevideo am Rio de la Plata.
Wirtschaftsbündnisse
Ein wichtiges Mittel zur wirtschaftlichen Integration der amerikanischen Länder war die Gründung von Bündnissen zur Öffnung der Märkte und zum Abbau von Handelshemmnissen. Das bedeutendste dieser Wirtschaftsbündnisse ist das 1994 gegründete Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) zwischen Kanada, den USA und Mexiko, das den größten Teil der Wirtschaftskraft Amerikas vereint. Seine Nachfolge trat 2020 USMCA an, das 2025 durch neu eingeführte Importzölle der USA gegenüber Kanada und Mexiko jedoch faktisch ausgehebelt wurde. Sein lateinamerikanisches Pendant ist MERCOSUR („Gemeinsamer Markt des Südens“), dem Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay und Uruguay als Vollmitglieder (Venezuela wurde 2016 als Vollmitglied suspendiert), Chile, Guyana, Ecuador, Kolumbien, Panama, Peru und Suriname als assoziierte Staaten angehören. 2024 einigten sich MERCOSUR und die EU auf ein Freihandelsabkommen, welches jedoch noch ratifiziert werden muss und somit noch nicht in Kraft getreten ist . Weitere Wirtschaftsbündnisse sind unter anderem MCCA (Gemeinsamer zentralamerikanischer Markt), die CARICOM (Karibische Gemeinschaft) und die CAN (Andengemeinschaft). Die Schaffung einer (Gesamt-)Amerikanischen Freihandelszone zwischen allen 34 Staaten in Nord-, Mittel- und Südamerika – vorläufig ausgenommen einzig Kuba – wird seit Jahrzehnten erwogen, scheiterte allerdings bislang.