Australien - Bevölkerung

Australien - Räumliche Erschließung und physische Karte
978-3-14-100900-2 | Seite 210 | Abb. 1| Maßstab 1 : 42000000

Überblick

Die Besiedlung des australischen Kontinents durch europäische Kolonisten sowie die Vertreibung und Ermordung seiner indigenen Bevölkerung, der Aborigines und Torres Strait Islanders, begann 1788, als eine Flotte von Schiffen aus dem englischen Portsmouth in einer Bucht an der Ostküste nahe des heutigen Sydney vor Anker ging. An Bord dieser „First Fleet“ waren 750 Strafgefangene, die eine Siedlung errichteten. Ihr folgten in den nächsten Jahrzehnten weitere Strafgefangenensiedlungen an einzelnen Punkten der Küste.

Geschichte der Einwanderung

Ab etwa 1820 kamen die ersten britischen Siedler ins Land. Doch erst als 1851 in New South Wales und in Victoria Gold entdeckt wurde, verstärkte sich die Zuwanderung innerhalb weniger Jahre. 1858 überschritt die Zahl der Einwandernden – fast ausnahmslos aus England und Irland – erstmals die Millionengrenze. Unter den Neuankömmlingen waren aber auch mehrere Tausend Chinesen, die für geringe Löhne im Goldbergbau arbeiteten.
Mehrere Dürren und die wirtschaftliche Depression der 1890er-Jahre brachten die Zuwanderung vorübergehend zum Erliegen. Nach der Gründung des „Commonwealth of Australia“ 1901 wurde die rassistische „White Australia“-Politik gesetzlich verankert. Die chinesische Bevölkerung wurden zum Verlassen des Landes gezwungen, gleiches galt für die Arbeitskräfte auf den Zuckerrohrplantagen aus Melanesien. Um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, warb der Staat ab 1904 verstärkt um neue Zuwanderung aus Europa. Bis zur Weltwirtschaftskrise wanderten etwa 700 000 Menschen ein, rund 90 Prozent von ihnen stammten wiederum aus Großbritannien und Irland.
Der Einwanderungsboom nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zunächst von Menschen aus Mittel- und Nordeuropa getragen, die den Nachkriegsverhältnissen entflohen. Ab 1951 wanderten zunehmend auch Menschen aus Mittelmeerländern wie Italien, Griechenland und Zypern ein. Für die Einwanderung aus Asien und Afrika wurden ab 1966 die rechtlichen Grundlagen geschaffen. Sie kam aber erst durch die politische Annäherung an Asien nach 1972 in Gang.
Mit der formellen Abschaffung der „White Australia Policy“ 1973, welche die Einwanderung von Nicht-Weißen gut 70 Jahre lang gänzlich verhindert oder stark erschwert hatte, begann die Epoche des multikulturellen Australiens. Aufgrund einer restriktiveren Einwanderungspolitik ging die Zahl der Zuwanderung Anfang der 1990er-Jahre noch einmal zurück, legte dann aber wieder kräftig zu.
Heute setzt man in Australien auf „gezielte Einwanderung“. Nur wer entsprechende Qualifikationen, Englisch-Kenntnisse und ein einwandfreies Vorleben vorweisen kann, darf nach Australien einwandern.

Besiedlung und Landnutzung

Die Erschließung des australischen Kontinents durch europäische Siedler ist, abgesehen von den früh besiedelten Küstengebieten, nie unter subsistenzwirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgt. Die Nutzung des für Weidewirtschaft gut geeigneten Südostens erfolgte bis in die 1860er-Jahre nach dem „Squatting“-Prinzip: Schafherden wurden über offene Grasländer getrieben, für die Weiderechte von der Krone vergeben wurden. Das Fleisch wurde in großem Umfang nach Europa exportiert.
Als der Goldrausch nach 1860 nachließ, wurde das Land von der Krone an die europäischen Einwandernden verteilt. Die Folgen waren eine starke Siedlungsverdichtung im fruchtbaren Südosten und die vollständige Vertreibung der indigenen Bevölkerung; diese wurde aus den Gunsträumen abgedrängt in das Outback, also in jene Regionen, in denen extreme Trockenheit, Wüsten und andere Ungunstfaktoren eine landwirtschaftliche Nutzung so gut wie unmöglich machen. Bis heute sind diese Gebiete extrem dünn besiedelt, abgesehen von verstreuten Ranches, die eine extensive Weidewirtschaft betreiben, und vereinzelten Bergbaustädten.
Rund vier Fünftel der australischen Bevölkerung leben heute südlich der Linie Adelaide – Brisbane.
Ein zweiter Siedlungsschwerpunkt befindet sich im Südwesten des Landes rund um Perth. Der Urbanisierungsgrad des Landes ist überdurchschnittlich hoch, mehr als 90 Prozent der Australier leben in Städten.

Geschichte und Stellung der indigenen Bevölkerung

Die genaue Herkunft der indigenen Bevölkerung in Australien ist ungewiss. Wahrscheinlich wanderten sie vor 40 000 bis 50 000 Jahren während einer eiszeitlichen Meeresspiegelabsenkung über den Malaiischen Archipel ein. Sie lebten gemäß den naturräumlichen Bedingungen als Jäger und Sammler. Es handelte sich jedoch keineswegs um einen einzigen homogenen Stamm, sondern um verschiedene Völker mit über 200 Sprachen und noch weit mehr Dialekten.
Mit der Besiedelung durch Weiße begann eine rasche Dezimierung der Indigenen durch Vertreibung und Ermordung, aber auch durch eingeschleppte Krankheiten, gegen die sie keine Abwehrkräfte entwickelt hatten. Wahrscheinlich lebten gegen Ende des 18. Jahrhunderts noch etwa 300 000 Indigene auf dem Kontinent, bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sank ihre Zahl auf weniger als 100 000.
Bei der Volkszählung von 1996 wurden wieder 353 000 Nachfahren von Indigenen gezählt. Überwiegend handelte es sich um Aborigines, eine kleinere Minderheit stellen die mit ihnen nicht verwandten Torres Strait Islanders, die vor allem im Norden von Queensland im Bereich der Torresstraße leben und eine stark melanesisch geprägte Kultur haben. 2021 war die Zahl der Nachfahren von Indigenen nach offiziellen Angaben auf rund 881 600 angewachsen, damit stellten sie über 3 Prozent der Bevölkerung von knapp 26 Mio. Menschen. Genaue Zahlen gibt es erst, seit die Nachfahren der Indigenen 1967 im Zuge einer Verfassungsänderung allen anderen Einwohnern formell gleichgestellt wurden. Als Aborigine gilt seitdem, wer sich als solcher bezeichnet.
Das Bewusstsein, dass auch die Nachfahren der Indigenen Rechte besitzen, hat sich unter der Mehrheit der weißen Australier erst lange nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs durchgesetzt. Durch den 1976 verabschiedeten „Land Rights Act“ wurde ihnen erstmals Grundbesitzrechte zugesprochen. Zuvor waren sie entweder in Reservate zurückgedrängt oder um Missionsstationen angesiedelt worden. Erst 1992 entschied der High Court in einem Grundsatzurteil, dass sie Eigentumsrechte an Land besitzen, zu dem sie traditionelle Bindungen aufrechterhalten haben. (Mabo-Urteil).
Inzwischen wurden den Nachfahren der Indigenen Eigentumsrechte an Landgebieten mit weitgehender Selbstverwaltung (Land Councils) unter Aufsicht der Bundesregierung übertragen. Bekannteste Beispiele sind der Uluru-Nationalpark (Ayers Rock) und der Kakadu-Nationalpark, die den Nachfahren der Indigenen durch Pachtverträge Einnahmen aus dem Tourismus sichern. Ähnliche Verträge bestehen mit Bergbaugesellschaften.

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Diercke

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