Überblick
An kaum einer anderen Stadt lässt sich der wirtschaftliche Strukturwandel, dem sich das Ruhrgebiet zu stellen hatte, so signifikant nachweisen wie am Beispiel Bochums. Noch 1958, zu Beginn der Kohlekrise, gab es hier 17 Zechen (davon acht im Kartenausschnitt) mit einer Gesamtbelegschaft von mehr als 40 000 Beschäftigten. 1973, also nur 15 Jahre später, schloss mit der Zeche Hannover der letzte Bergbaubetrieb im ursprünglichen Stadtgebiet. Die Zeche Holland im 1975 eingemeindeten Wattescheid wurde als letzte Anlage auf dem heutigen Stadtgebiet 1974 stillgelegt. Heute erinnern nur noch Industriebrachen und -denkmäler wie der Malakowturm (Zeche Hannover) und bergbauliche Institutionen (Bergbaumuseum, Knappschaft-Bahn-See, Universitätsklinikum Bergmannsheil) an die Zeit des Bergbaus in Bochum.
Stadt im Wandel
Den beginnenden Umbruch in der Stadt markiert das Jahr 1961: Am 18. Juli 1961 wurde die Ruhr-Universität gegründet, noch im gleichen Jahr begann der Aufbau der Bochumer Opelwerke auf den Geländen der Zechen Dannenbaum und Bruchstraße. Im Kartenbild ist der allgemeine raumstrukturelle Wandel zu erkennen: die Erweiterung der Siedlungsfläche und die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur.
Der Strukturwandel ist auch an der Entwicklung der Beschäftigtenzahlen abzulesen. Inzwischen hat der tertiäre Sektor mit über 118 000 Beschäftigten im Jahr 2021 den sekundären Sektor weit überholt – eine für die Ruhrgebietsstädte typische Entwicklung.
Schwieriges Erbe des Bergbaus
Die Stilllegung der Bergbaubetriebsflächen warf die Frage ihrer weiteren Nutzung auf. Die Bergbaubrachen im Ruhrgebiet waren in der Regel zentral gelegen und verfügten über eine gute Verkehrsanbindung. Einer sinnvollen Folgenutzung stellten sich aber enorme Schwierigkeiten rechtlicher, wirtschaftlich-finanzieller, technischer und ökologischer Art entgegen.
Dienstleistung und Forschung
Für Bochum erschien der Bau der Opelwerke auf ehemaligen Zechengeländen zunächst als Glücksfall. Ansiedlungen in ähnlicher Größenordnung sind bis heute extrem selten. Mit dem Automobilbau war nun eine bis dahin „ruhrgebietsfremde“ Industrie mit guten Zukunftsaussichten in Bochum vertreten. Wie die Schließung der Opelwerke 2014 zeigte, begab sich die Stadt aber mit diesem Großstandort auch in eine neue Form der Abhängigkeit. Die Suche nach einer geeigneten Nachnutzung der Areale stellte zunächst eine große Herausforderung für die Stadt dar. Aus der ehemaligen Opelwerksfläche I in Bochum Laer wurde der Gewerbe-, Industrie- und Wissens-Campus „Mark 51°7“ entwickelt, der in seinem Endausbau 10 000 Menschen eine Beschäftigung bieten soll. Der abermalige Umstrukturierungsprozess wurde also in Bochum als Chance wahrgenommen.
Inzwischen glaubt man im Ruhrgebiet, den notwendigen Strukturwandel eher mit kleinen und mittleren Betrieben zu schaffen, die durch ihre Branchenvielfalt weniger krisenanfällig sind und auf weltwirtschaftliche Veränderungen flexibler reagieren können. Beispiele auf der Karte sind die beiden Innovationszentren in unmittelbarer Nachbarschaft der Ruhr-Universität im Stadtteil Querenburg: das Technologiezentrum Ruhr (TZR), das schwerpunktmäßig mit Unternehmen der Medizintechnik besetzt ist, und das Technologie-Quartier. Beide suchen die räumliche und personelle Nähe zur Hochschule, rekrutieren sie doch aus deren Potenzial ihre qualifizierten Beschäftigten und setzen deren Forschungsergebnisse direkt in innovative Produkte um. An der Ruhr-Universität, der ältesten im Ruhrgebiet, sind gegenwärtig rund 42 000 Studierende eingeschrieben, mit deutlichen Schwerpunkten in den Fachbereichen Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaften.
Neue Beschäftigung ist in Bereichen des tertiären Sektors entstanden. Zu nennen wären beispielsweise der Einzelhandel mit dem verkehrsgünstig gelegenen Einkaufszentrum Ruhr Park und die Freizeitwirtschaft (Medi Therme, Ruhrstadion). Zentren der Kultur sind zum Beispiel das Bochumer Schauspielhaus oder das eigens für das Starlight-Express-Musical errichtete Theater.
Trotz der geglückten Neuansiedlungen von Industrie, Gewerbe, Handel sowie von Einrichtungen der Kultur- und Freizeitwirtschaft hat der Strukturwandel auch heute noch negative Effekte. Sichtbarer Ausdruck dieses Umstands sind die zurückgehenden Einwohnerzahlen in Bochum (lediglich unterbrochen durch ein leichtes Plus ab 2015 aufgrund der Ankunft zahlreicher Schutzsuchender) ebenso wie in vielen anderen Städten des Ruhrgebiets, und eine über dem Bundesdurchschnitt liegende Arbeitslosenquote.