Deutschland - Windenergie

Deutschland - Regenerative Energien
978-3-14-100902-6 | Seite 70 | Abb. 2| Maßstab 1 : 7000000

Überblick

Hinsichtlich der mittleren Windgeschwindigkeiten in Deutschland ist auf der Karte neben einem Nord-Süd-Gradient vor allem der starke Einfluss der Höhenlage zu erkennen. In einer fünfstufigen Farbskala werden in 1-m/s-Stufen die Windgeschwindigkeiten von unter 4 m/s bis zu über 7 m/s erfasst. Die Windgeschwindigleiten gelten für eine Höhe von 50 m über dem Erdboden, das entspricht der Nabenhöhe der ersten Generationen von Windenergieanlagen. Inzwischen reichen Windräder deutlich höher und nutzen somit noch höhere Windgeschwindigkeiten.

Räumliche Differenzierung

Die Windgeschwindigkeiten werden stark von der Oberflächengestalt der Erde beeinflusst. So treten die höchsten Windgeschwindigkeiten vor allem entlang der Nord- und Ostseeküste auf, wo die Luftmassen vom Meer her fast ungehindert auf das Festland wehen. Im Norden Deutschlands herrschen daher in einer Höhe von 50 Metern verbreitet mittlere Windgeschwindigkeiten von mehr als 7 m/s. Mit zunehmender Entfernung vom Meer wird der Wind vor allem durch das Relief und die Rauigkeit der Erdoberfläche allmählich abgeschwächt. Daher ergibt sich ein allgemeines Nord-Süd- bzw. Nordwest-Südost-Gefälle der Windgeschwindigkeiten. Die geringsten mittleren Windgeschwindigkeitswerte von weniger als 4 m/s treten im Südosten des Kartenausschnitts auf.

Ein zweiter entscheidender Faktor für die Windgeschwindigkeiten ist die Höhenlage. So tritt eine mittlere Windgeschwindigkeit von 7 m/s im Schwarzwald erst in etwa 1 500 Metern Höhe und in den Alpen in rund 2 000 Metern Höhe auf. Je höher ein Gebirge ist, desto ungehinderter kann der Wind wehen. Die Hochlagen der Mittelgebirge und die Alpen heben sich daher inselartig bzw. streifenförmig ab. Ausgeprägte Tallagen wie etwa am Oberrhein sind hingegen windschwach. Die Mehrzahl der deutschen Windparks liegt in Nord-und Ostdeutschland.

Windenergienutzung in Deutschland

Die durchschnittliche Leistung einer Windkraftanlage in Deutschland an Land liegt bei 2 bis 5 MW. Ein modernes Windrad produziert durchschnittlich 4 bis 7 Mio. kWh Strom, was dem Verbrauch von 1 100 bis 2 000 Dreipersonenhaushalten entspricht.

1991 spielte die Windkraft in Deutschland noch keine Rolle, Ende 2001 gab es bundesweit über 11 000 Anlagen mit einer installierten Gesamtleistung von rund 8 750 MW, 2021 waren es mehr als 29 700 Anlagen mit einer installierten Leistung von rund 63 900 MW. Die Windenergie hat damit noch vor der Wasserkraft den größten Anteil an der Stromerzeugung aus regenerativen Energien. Ende 2021 deckte sie schon 23 Prozent des bundesweiten Stromverbrauchs. Dies entspricht 58 TWh Strom.

Ein wesentlicher Grund für den Boom der Windenergienutzung ist der Umstand, dass die Kosten für die Errichtung von Windenergieanlagen in den letzten Jahren deutlich gesunken sind. Hinzu kommen die staatlich gesetzten Rahmenbedingungen, insbesondere die Förderung von Investitionen. Den ersten Impuls dazu gab 1991 das Stromeinspeisungsgesetz (StrEG), durch das die Abnahme und Vergütung von Strom aus Windenergie geregelt wurde. Im April 2000 löste das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG) das StrEG ab und regelte Einspeisung und Vergütung des erzeugten Stroms neu. Dass EEG wurde 2014 grundlegend reformiert (weitere Reduzierung und Deckelung der Förderung, Übergang zur Direktvermarktung anstelle der bis dahin gezahlten Einspeisevergütung), später in Teilschritten. Heute ist Strom aus Windkraftanlagen in Deutschland ohne Förderung konkurrenzfähig zu Strom aus konventionellen Kraftwerken.

Um Emissionen von Treibhausgasen zu reduzieren, hat sich die deutsche Bundesregierung entschlossen, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bis 2030 auf 80 Prozent, 2050 auf 100 Prozent zu steigern. Ältere und kleinere Windkraftanlagen müssen dazu in Deutschland durch moderne und leistungsstärkere ersetzt und alle geeigneten Landstandorte genutzt werden.

Zu den Nachteilen der Windenergienutzung zählen immer noch Akzeptanzprobleme bei der regionalen Bevölkerung, ökologische Beeinträchtigungen und der notwendige Ausgleich von Schwankungen in der Stromerzeugung. In der Windkraftbranche in Deutschland arbeiten rund 105 700 Menschen (Stand 2019).

Perspektive: Offshoreparks

Wesentlich erweitert wurde das Windenergiepotenzial durch die Einrichtung von Windkraftanlagen in den deutschen Küstengewässern. Ein großer Vorteil dieser Offshoreparks ist der Umstand, dass der Wind über dem Meer relativ konstant mit einer für die Energienutzung sehr günstigen Geschwindigkeit weht. Die Randbereiche von Nord- und Ostsee sind relativ flach, was die Errichtung solcher Anlagen erleichtert. 2021 waren in Deutschland fast 7800 MW Windkraftleistung in mehr als 1500 Offshoreanlagen installiert. Der Ausbau ist durchaus steigerungsfähig. Allerdings ist ihre Errichtung mit einem großen technischen und finanziellen Aufwand verbunden. Außerdem könnten sie die Schifffahrt und, wie auch an Land, das Landschaftsbild beeinträchtigen. Hinzu kommen ökologische Bedenken, insbesondere bei Anlagen, die sich auf den Flugrouten von Zugvögeln befinden.

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