Erde - Ernährung

Erde - Lebensbedingungen
978-3-14-100944-6 | Seite 191 | Abb. 3 | Maßstab 1 : 140000000

Überblick

Der Bekämpfung von Hunger ist eines der wichtigsten Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen. Dennoch hat sich die Lage in den letzten Jahren eher noch verschlechtert als verbessert. Als die Entwicklungsziele 2000 formuliert wurden, gab es etwa 779 Millionen unterernährte Menschen, bis 2015 sollte ihre Zahl auf 420 Millionen sinken. Tatsächlich waren 2015 noch rund 587 Millionen Menschen – vor allem Frauen und Kinder – von Hunger betroffen, das Entwicklungsziel wurde damit verfehlt. Seitdem hat sich die Entwicklung umgekehrt, wie das Diagramm zur Karte zeigt, denn 2022 waren mit 735 Millionen in absoluten Zahlen kaum weniger Menschen von Hunger betroffen als 2000, selbst wenn sich ihr relativer Anteil an der zwischenzeitlich kontinuierlich gestiegenen Weltbevölkerung deutlich verringert hat (von 12,7 % im Jahr 2000 über 7,9 % 2015 auf 9,2 % 2022). Dieser Anstieg hatte seine Ursache sicherlich in der Corona-Pandemie, doch auch seit deren Abklingen ist die Situation für die Welternährung nicht besser geworden: Dazu tragen der russische Krieg gegen die Ukraine bei, eine der wichtigsten Kornkammern der Welt, sowie der durch verschärfte weltpolitische und weltwirtschaftliche Konflikte bedingte Rückgang von Spenden und staatlichen Finanzunterstützungen für Programme zur Ernährungssicherung in den von Hunger betroffenen Ländern.

Die Überernährung der erwachsenen Bevölkerung (ab 18 Jahren) hat im Gegensatz zur Unterernährung seit 2000 kontinuierlich und gleichmäßig zugenommen. Viele Staaten der Welt sind heute davon betroffen und die gesellschaftlichen Folgekosten dieses Ernährungsproblems sind ebenfalls nicht unerheblich.

Unterernährung

Zwischen den verschiedenen Weltregionen gibt es bezüglich der Nahrungsmittelversorgung große Unterschiede. Afrika südlich der Sahara weist die meisten Least Developed Countries (LDCs) auf und ist am stärksten von Unterernährung betroffen. Die Versorgungslage hat sich dort in den letzten Jahren in vielen Ländern sogar noch verschlechtert. Hinzu kommt, dass kaum irgendwo sauberes und sicheres Wasser flächendeckend zur Verfügung steht (s. 191.4). Eine relativ sichere Ernährungssituation gibt es im Süden des Kontinents nur in Südafrika, in den Mittelmeerländern Afrikas ist die Lage ebenfalls allgemein besser. In Asien und Lateinamerika gibt es nur wenige Länder mit vergleichbaren Problemen wie im subsaharischen Afrika. Ein Teil dieser Länder war bis vor Kurzem oder ist weiter von anhaltenden Bürgerkriegen betroffen, wie z. B. der Jemen, Syrien, Afghanistan und der Irak. In diesen Staaten wirken sich die Verringerung der Agrarproduktion und der beeinträchtigte Handel negativ auf die Versorgungslage aus. Kriegerische Konflikte erschweren auch den Import und die Verteilung von Lebensmitteln ebenso wie eine effektive Nothilfe durch NGOs (Nichtregierungsorganisationen) und ausländische Helfer. Eine Befriedung der Konflikte wäre hier die Voraussetzung für eine Verbesserung der Ernährungssituation. Das ebenfalls stark betroffene Nordkorea lehnt jede ausländische oder internationale Hilfe ab. In anderen Ländern wie Indien und Pakistan ist der Bevölkerungsanteil armer Menschen sehr hoch. Die Betroffenen verfügen nicht über ein ausreichendes Einkommen oder einen Zugang zu Landressourcen, um Nahrungsmittel kaufen bzw. anbauen zu können. Der Schlüssel zur Verbesserung der Ernährungssituation wäre hier die Armutsbekämpfung. In vielen Teilen der Erde, insbesondere in Entwicklungsländern, wird die Ernährungssituation seit einigen Jahren durch weltweit steigende Preise für Nahrungsmittel und durch die Flächenkonkurrenz zwischen Nahrungsmitteln und Agrarrohstoffen zusätzlich verschlechtert. Dabei spielt der kommerzielle Landerwerb durch in- und ausländische Großinvestoren (Land Grabbing) eine wichtige Rolle. Die gilt auch für die in Lateinamerika betroffenen Staaten, wobei auch hier politische Ursachen und Sicherheitsfragen (Kriminalität durch den inneramerikanischen Drogenhandel) eine wesentliche Rolle spielen.

Überernährung

Das räumliche Verteilungsmuster der Überernährung mit einem Body-Mass-Index (BMI) von größer oder gleich 30 ergibt ein völlig anderes Bild: Hier weisen alle Staaten Amerikas (bis auf Haiti), Europas (bis auf Spanien, Frankreich, Schweiz, Österreich, Niederlande, Dänemark und Schweden) und Ozeaniens einen über dem Weltdurchschnitt (16 %) liegenden Anteil der ab 18-jährigen Bevölkerung auf. Dies trifft ebenso für die Staaten des nördlichen Afrikas und des Nahen und Mittleren Ostens zu – hier mit überwiegend besonders hohen Anteilen von mehr als einem Drittel der erwachsenen Bevölkerung (ähnlich stark betroffen sind nur Mittelamerika, die südlichen Staaten Südamerikas und Ozeanien).

Überernährung hat überwiegend genetische oder psychische Ursachen und birgt erhebliche gesundheitliche Risiken wie z. B. Diabetes, Herzinfarkt und Schlaganfall, Gelenkbelastungen und Arthrose, nächtliche Atemaussetzer und ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten. Überernährung kann aber auch zu sozialen Problemen führen, beispielsweise soziale Ausgrenzung und Diskriminierung, Depressionen und Angststörungen oder eingeschränkte Mobilität, was die Teilnahme am sozialen Leben erschwert.

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Diercke

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