Überblick
Die mittlere Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt (in Jahren) und die Säuglingssterblichkeit sind als Basisindikatoren geeignet, den Entwicklungsstand des Gesundheitssystems, den Zugang zu sauberem Trinkwasser (s. 191.4) und die Ernährungssicherheit eines Landes (s. 191.3) zu beurteilen. Die Lebenserwartung geht außerdem in die Berechnung des HDI ein (s. 188.1).
Räumliche Verteilungsmuster
Die Karte ermöglicht das Einordnen und Vergleichen von Staaten in Bezug auf die mittlere Lebenserwartung bei Geburt sowie auf die Säuglingssterblichkeit (bis zum Alter von 12 Monaten). Sie zeigt große Entwicklungsunterschiede zwischen den Staaten der Erde. Räume mit einer Lebenserwartung über dem Weltdurchschnitt von 73 Jahren (2023) sind Nord- und Südamerika (mit nur wenigen Ausnahmen: Guatemala, Honduras, El Salvador, Haiti, Venezuela, Guyana und Bolivien), Europa (mit Ausnahme von Moldau), Australien und Neuseeland, die Maghrebstaaten Nordafrikas, Ostasien (bis auf die Mongolei) sowie die meisten Staaten Westasiens und einige in Südostasien.
Auffällig ist, dass ganz Afrika südlich der Sahara und viele Länder Zentral- und Südasiens sowohl eine unterdurchschnittliche Lebenserwartung als auch eine hohe Säuglingssterblichkeit aufweisen. Dies ist ein Indikator für grundlegende Entwicklungsprobleme, die breite Bevölkerungsschichten betreffen.
Entwicklungen und Tendenzen
Die Senkung der Sterblichkeit von Müttern bei der Geburt sowie der Säuglings- (bis zum Alter von 12 Monaten) und der Kindersterblichkeit (bis zum Alter von 5 Jahren), zählten zu den Millenium-Entwicklungszielen (MDGs) aus dem Jahr 2000, die bis 2015 erreicht werden sollten. Im Jahr 1990 starben noch 12,5 Millionen Kinder vor Erreichen des fünften Lebensjahrs, im Jahr 2023 waren es rund 5 Millionen. Eines der UN-Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs), die 2016 die MDGs ablösten, für alle Staaten gelten und bis 2030 erreicht werden sollen, ist Gesundheit und Wohlergehen (Ziel 3), wobei die Senkung der Säuglingssterblichkeit als Teilziel definiert wurde. Während im Bereich von Kindersterblichkeit in den letzten Jahren Fortschritte erzielt wurden, kommt die Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit vergleichsweise weniger gut voran.
Die Lebenserwartung hingegen stieg seit 1950 in allen Regionen, wobei der Anstieg in Afrika und Asien aufgrund der niedrigen Ausgangslage deutlicher ausfiel. Dieser Trend dürfte sich im 21. Jahrhundert fortsetzen, womit sich die Lebenserwartung in den verschiedenen Weltregionen weiter annähern dürfte. Trotz dieses Anstiegs wird aber auch gegen Ende des 21. Jahrhunderts noch eine Differenz von 8 bis 13 Jahren zwischen der Lebenserwartung in Afrika und jener in Europa oder Nordamerika zu erwarten sein.