Überblick
Die Migration umfasst Personen, die ihr Land freiwillig oder unfreiwillig für mehr als ein Jahr verlassen. Gründe können Krieg, Verfolgung und Hunger sein, aber auch die Hoffnung auf einen Job und ein besseres Leben.
Migration in Zahlen
Nach Angaben der Vereinten Nationen gab es 2020 weltweit rund 281 Millionen Menschen, die ihr Land freiwillig oder unfreiwillig für mehr als ein Jahr verlassen, gegenüber 191 Millionen im Jahr 2005 und 176 Millionen im Jahr 2000. Dies entspricht einem Anteil von 3,6 Prozent der Weltbevölkerung. Die meisten Migrierten in einem einzelnen Land leben in den USA (2019: 51 Millionen), nach Kontinenten in Asien und Europa (87 bzw. 86 Millionen). In Deutschland lebten 2020 rund 21,9 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund (Zugewanderte und ihre Nachkommen). Das entspricht einem Anteil von 26,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Die größten Gruppen machten hier Menschen aus der Türkei (12,6 %), Polen (9,4 %) und Russland (5,6 Prozent) aus.
Ursachen für Flucht oder unfreiwillige Migration sind zum einen die zahlreichen Verfolgungssituationen: Verfolgung aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen bis hin zur existenzbedrohenden Unterdrückung von Frauen. Weitere Fluchtgründe sind Kriegs- und Bürgerkriegssituationen sowie Hungersnöte. Zwei weitere immer wichtiger werdende Gründe sind Umweltzerstörung und Klimawandel, die das Überleben in betroffenen Regionen immer schwieriger machen. Viele Menschen verlassen aber auch freiwillig, wenn auch nicht immer ohne existenzielle Notwendigkeit, ihre Heimat, um woanders zu arbeiten (sogenannte Arbeitsmigranten). Menschen, die ihr Leben riskieren, um einer Situation finanzieller und wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit zu entkommen, werden in den Industrienationen oft mit dem abschätzigen Begriff „Wirtschaftsflüchtling“ bezeichnet.
Die Rolle der Grenzen
Vor allem die wohlhabenden Zielländer der Migration bringen zunehmend ihre Nachbarländer, die als Transitländer dienen, dazu, die illegale Migration auf ihrem Territorium zu stoppen. Auf diese Weise wird die Migrationskontrolle bereits an die Peripherie verlagert. Gleichzeitig werden Entwicklungshilfe und Finanzhilfen für verschuldete Regierungen oft davon abhängig gemacht, dass sie sogenannten Rückübernahmeabkommen zustimmen und die Migrationskontrolle – auch durch Aufnahmeeinrichtungen, Razzien und Abschiebungen – in ihrem Gebiet übernehmen. Mexiko zum Beispiel hat seit 2001 die Überwachung seiner Südgrenze intensiviert. Dort werden jährlich etwa 250 000 Migrierende aus Mittel- und Südamerika auf dem Weg in die USA abgefangen und abgeschoben. Die mexikanische Südgrenze ist deutlich besser zu überwachen als die 3 200 Kilometer lange Grenze zwischen Mexiko und den USA. In Europa besteht seit 2004 Frontex, die „Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache“ der EU-Mitgliedstaaten. Aufgabe von Frontex ist die aktive Sicherung der EU-Außengrenzen. Staaten wie Libyen, Algerien, Marokko, Mauretanien und der Türkei kommt eine Torwächterfunktion vor den Toren Europas zu. Die vorgelagerte Überwachung und die immer effizienteren Abwehrmaßnahmen führen dazu, dass die Fluchtwege länger und gefährlicher werden und die Zahl der Toten steigt, beispielsweise bei gefährlichen Bootspassagen im Mittelmeer.
„Illegale“
Allein aus Europa werden jedes Jahr Zehntausende Menschen abgeschoben. Viele Flüchtlinge und Migrierte müssen fast völlig rechtlos in Lagern leben oder sich als Illegale durchschlagen.
Weltweit sind 30 bis 40 Millionen Menschen von diesem Schicksal betroffen; in Deutschland wird die Zahl der „Illegalen“ auf mehrere hunderttausend Menschen geschätzt. Die meisten von ihnen sind Migrierte, deren Visa abgelaufen sind, abgelehnte Flüchtlinge, Familienangehörige ohne Besuchserlaubnis oder ehemalige Studenten, die nach Ablauf ihres Studentenvisums geblieben sind.
Auch ein jahrelanger Aufenthalt, anerkannter Flüchtlingsstatus, hier geborene Kinder oder ein Job schützen nicht vor Illegalität.
Regionale Verteilung der Arbeitsmigration
Die Karte zeigt die wichtigsten Herkunfts- und Zielgebiete der Migration durch Pfeile. Die grünen Pfeile beziehen sich auf die grenzüberschreitende Migration von Arbeitsuchenden. Viele kommen aus Mexiko und haben die USA als Ziel. Süd- und Ostasien sind auch auf globaler Ebene wichtige Herkunftsregionen für Migranten, oft mit Ziel USA, aber auch Westasien. Die Europäische Union ist in deutlich geringerem Maße Zielland der Arbeitsmigration als die USA, wobei sich keine Herkunftsregion als dominant herausstellt. Innerhalb der EU sind die Länder West-, Mittel- und Südeuropas die Hauptziele für Arbeitsmigranten. Wanderungsbewegungen von Arbeitsmigranten auf regionaler Ebene sind beispielsweise ausgeprägt von Süd- nach Westasien (Indien/Pakistan/Bangladesch – Saudi-Arabien/Vereinigte Arabische oder in Südamerika Venezuela – Kolumbien). Innereuropäische Migrationen von Arbeitsuchenden sind in der Karte nicht dargestellt. Viele Migranten stammen aus Ost- und Südosteuropa, die Zielgebiete stimmen mit den oben genannten überein.
Flüchtlinge
Bürgerkriege, bewaffnete Konflikte und Menschenrechtsverletzungen sind Beispiele für Ursachen, die internationale Flüchtlingsbewegungen auslösen können. Sie sind auf der Karte mit roten Pfeilen markiert. Herausragende Herkunftsregionen sind der Nahe Osten (insbesondere Syrien und Irak), Zentralafrika, aber auch Afghanistan und Myanmar. Das Herkunftsland mit den meisten Flüchtlingen im Jahr 2022 war Syrien. 67 Prozent der Flüchtlinge weltweit stammten 2022 aus nur sechs Ländern: Syrien, Venezuela, Ukraine, Afghanistan, Südsudan und Myanmar.
Die Karte zeigt, dass die meisten Flüchtlinge aus diesen Krisengebieten in Nachbarländern untergebracht sind (siehe rote Pfeile) oder im Land selbst verbleiben (siehe blaue Kreise).
Die größten Aufnahmeländer waren 2021 die Türkei (3,7 Millionen), Kolumbien (2,5 Millionen), Deutschland (2,2 Millionen), Pakistan (1,5 Millionen) und Uganda (1,5 Millionen).
Wie die blauen Kreise auf der Karte zeigen, verbleibt eine sehr große Zahl von Flüchtlingen im Herkunftsland selbst. Dies ist beispielsweise in Syrien, im Irak, im Sudan/Südsudan, in der D. R. Kongo und in Somalia der Fall. Dass die Zahl der Binnenflüchtlinge in Kolumbien so groß ist, liegt am jahrzehntelangen Bürgerkrieg im Land. Aufgrund der laufenden Verhandlungen zur Beilegung des Konflikts und eines Friedensabkommens zwischen den beteiligten Parteien könnte die Zahl der Binnenvertriebenen in Kolumbien künftig zurückgehen.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 wurde rund ein Drittel der Bevölkerung zur Flucht gezwungen (Stand März 2023). Mehr als 8,1 Mio. Menschen leben mittlerweile als Flüchtlinge in anderen europäischen Staaten, der Großteil von ihnen sind Frauen und Kinder. Die meisten flohen nach Polen. Dazu kommen rund 5,3 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, die im eigenen Land auf der Flucht sind.