Überblick
Der Tourismus hat seit den 1960er-Jahren in starkem Maße zugenommen. Nach Angaben der UNWTO wurden 2019 rund 1,5 Milliarden grenzüberschreitende Reiseankünfte gezählt, 1950 wurden noch 25 Millionen Reiseankünfte gezählt. Der Tourismus stellt damit weltweit einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar, der für Wachstum und Beschäftigung sorgt. Die Corona-Pandemie mit Reisewarnungen und Lockdowns traf den Tourismus jedoch in besonders starkem Maße, die Ankünfte brachen 2020 um 73 Prozent ein. 2021 und insbesondere 2022 erholte sich die Branche wieder allmählich, wenngleich die Zahlen doch noch unter dem Niveau vor der Pandemie blieben.
Entwicklung des Tourismus
Ursächlich das Wachstum seit den 1960er-Jahren waren u. a. der größere Wohlstand in den reichen Industrienationen, die Bereitstellung einer entsprechenden Infrastruktur in den Zielländern, die Ausweitung des gesamten Luftreiseverkehrs, durch die das Reisen einer großen Vielzahl von Menschen ermöglicht wurde, und nicht zuletzt der starke Zuwachs im Geschäftsverkehr seit Beginn der Globalisierung.
Als touristisch Reisende definiert werden Personen, die zu Erholungs-, Geschäfts- oder sonstigen Zwecken an einen Ort außerhalb ihres gewöhnlichen Lebensumfelds reisen und sich dort für einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden, maximal aber ein Jahr aufhalten.
Der Massentourismus ist eine historisch junge Erscheinung, die sich in den wenigen Jahrzehnten ihres Bestehens zu einem mächtigen Wirtschaftszweig entwickelt hat. In seinen Wirkungen ist er jedoch ambivalent. Er hat einerseits dafür gesorgt, dass in einigen strukturschwachen Regionen und Ländern neue Arbeitsplätze entstanden sind. Auf der anderen Seite ist er aus ökologischer Sicht nicht unbedenklich. Der Luftverkehr ist durch die Einführung von Chartermaschinen und „Billigfliegern“ auf den besonders frequentierten Reiserouten in erheblichem Maße ausgeweitet worden, viele der einstmals schönsten Küstenstriche haben sich durch unkontrollierte Bebauung in landschaftlich reizlose Bettenhochburgen verwandelt, in überdurchschnittlich trockenen Regionen, etwa dem Mittelmeerraum, verschlingen Luxus-Golfplätze den Wasserbedarf einer mittelgroßen Stadt, zum Schaden der heimischen Bevölkerung.
Tourismusformen
Im Tourismus lassen sich verschiedene Formen unterscheiden. Die grundsätzlichste Differenzierung ist diejenige zwischen dem Urlaubs- und dem Geschäftsreiseverkehr. Beide Formen sind stark von wirtschaftlichen und konjunkturellen Entwicklungen abhängig.
Der Vorläufer des Tourismus im frühen 19. Jahrhundert war die Sommerfrische, der verlängerte Erholungsaufenthalt des privilegierten Bürgertums und der Aristokratie auf dem Lande oder an der See. Gegen Ende dieses Jahrhunderts setzte langsam auch der Wintertourismus in den Alpen ein (s. 122.1). Diese beiden klassischen Formen gibt es in modifizierter Form noch immer, allerdings haben sie durch eine Ausdifferenzierung des touristischen Angebots an Bedeutung verloren. Rückläufig ist der klassische Jahresfamilienurlaub, denn der Trend geht einerseits zu kürzeren, aber häufigeren Reisen zu verschiedenen Destinationen, zum anderen hat der Städte- und Kulturtourismus stark zugelegt.
In Ferienregionen, die nach wie vor auf den Familienurlaub setzen, ist das Beschäftigungs- und Unterhaltungsangebot in den letzten Jahren erweitert worden, sei es durch Sport- und Wellness-Angebote, angegliederte Freizeitparks, die Ausweisung spezieller Radsport- und Wanderstrecken oder durch kulturelle Informations- und Besichtigungsangebote. Winterskigebiete werben heute mit dem Angebot diverser Trendsportarten und mit „Schneesicherheit“ durch Schneekanonen. Kreuzfahrten, jahrzehntelang ein regelrechtes Statussymbol, werden inzwischen von Hunderten Kreuzschiffen auch in erschwinglichen Preislagen angeboten. Dass Kreuzfahrtschiffe inzwischen in so großer Zahl auch äußerst abgelegene Erdregionen wie die Antarktis erreichen, dass die Umweltschützer schon Alarm schlagen, ist Ausdruck des allgemeinen Trends hin zum Abenteuer- oder Erlebnistourismus, der auch dem Safaritourismus eine neue Massenakzeptanz verschafft hat.
Reiseziele weltweit
Die Übersicht über die Reisegebiete belegt, dass Europa nicht nur die meisten Reisenden stellt, sondern dass es auch im Hinblick auf den Tourismus der mit Abstand am stärksten erschlossene Kontinent ist. Zu den touristischen Verdichtungsgebieten weltweit zählen überdies weite Teile der nordamerikanischen Pazifik- und Atlantikküste, die Karibischen Inseln, einige Küstengebiete und Metropolregionen in Ost- und Südostasien, die Malediven sowie Teile Australiens und Neuseelands. In Afrika haben nur Marokko, Tunesien, Ägypten und Südafrika einige Regionen, die zu dieser Kategorie gehören (v. a. Küsten), während weite Teile des Kontinents für den Tourismus ebenso wenig erschlossen sind wie weite Gebiete Asiens und Südamerikas.
Zentren des Städtetourismus sind außer den europäischen und nordamerikanischen Metropolen überwiegend Städte, die entweder eine lange Geschichte haben oder – wie etwa Dubai oder Hongkong – erst in den letzten Jahrzehnten in Rekordzeit in den Rang von Weltstädten aufgestiegen sind. Angebote für den Erlebnis- und Abenteuerurlaub finden sich bevorzugt in Regionen, die wirtschaftlich schwach und touristisch wenig erschlossen sind, wodurch sich Relikte ihres einstigen Naturreichtums erhalten konnten. In einigen dieser Gebiete, etwa in Afrika, wird in jüngster Zeit verstärkt der Versuch unternommen, einen nachhaltigen Naturtourismus aufzubauen, der, anders als so häufig im Massentourismus, der Erhaltung der natürlichen Ressourcen dient und zugleich der ansässigen Bevölkerung eine neue Einnahmequelle beschert.
Angesichts zahlreicher Probleme (wie Overtourism) stellt sich die Frage, ob ein „Back to business as usual“ sinnvoll ist, oder die Pandemie als Auslöser für eine Transformation der Branche genutzt werden kann.