Überblick
Das Wohlstandsgefälle innerhalb der Europäischen Union hat sich in den 20 Jahren stark vergrößert. Ursächlich dafür waren zum einen die Aufnahme vieler neuer Mitgliedsländer aus Osteuropa ab 2004, zum anderen die ökonomischen Schwierigkeiten einiger älterer Mitgliedstaaten im Zuge der Finanz- und Eurokrise ab 2007. Die Spitzengruppe der wirtschaftsstärksten Länder 2022 wurde angeführt von Luxemburg, Irland, Dänemark und den Niederlanden während Bulgarien gemeinsam mit Griechenland, der Slowakei und Lettland die Schlussgruppe bildeten.
Wirtschaftskraft und regionales Wohlstandsgefälle werden durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ermittelt. Letzteres bestimmt sich durch den Wert aller Waren und Dienstleistungen, die innerhalb einer festgelegten Zeitspanne in einer Region produziert wurden. Die Umrechnung des BIP in Kaufkraftstandards (KKS) bezieht auch die regionalen Preisunterschiede ein und ermittelt auf diese Weise den regionalen Wohlstand etwas konkreter und präziser.
Disparitäten in der EU
Abgesehen von einigen Ausnahmen, etwa Teilregionen in Finnland, Schweden und Irland, lässt sich ein deutliches Einkommensgefälle von den reichen Regionen in Zentraleuropa zu den weit ärmeren in der Randlage der EU erkennen. Die durchschnittlich niedrigste Wirtschaftskraft wiesen zwischen 2019 und 2020 die Länder Osteuropas auf, und an diesem Ungleichgewicht hat sich seitdem wenig geändert. Wie groß die Reichtumsunterschiede innerhalb der Gemeinschaft sind, lässt der Vergleich der nationalen Kaufkraft erkennen: 2022 lag das BIP in KKS in Luxemburg (91 697 Euro) um das 20-fache über dem Wert von Bulgarien (20 350 Euro). Deutschland belegte in der Rangliste mit durchschnittlich 41 099 Euro pro Kopf den achten Platz und lag damit über dem EU-Durchschnitt von 34 849 Euro.Disparitäten innerhalb von Staaten
Die Disparitäten innerhalb der einzelnen Staaten sind in der Regel geringer als jene zwischen den Ländern, doch auch hier gibt es Ausnahmen; so waren von 2019 bis 2020 in Irland, Italien und Spanien ausgeprägte Reichtumsunterschiede zwischen den südlichen und nördlichen (bzw. nordöstlichen) Landesteilen zu verzeichnen. Überdies weisen die Hauptstadtregionen häufig ein deutlich höheres Produktivitäts- und Kaufkraftniveau auf als andere Landesteile (Beispiel: Tschechien und Prag).
In Deutschland gehen die Disparitäten zwischen den westlichen und östlichen Bundesländern (vgl. 72.1, 73.2 und 73.3) noch immer auf die unterschiedliche politische und wirtschaftliche Entwicklung in den Jahrzehnten vor der Wiedervereinigung 1990 zurück.