Europa - Bevölkerung

Europa - Bevölkerung und Sprachen
978-3-14-100944-6 | Seite 54 | Abb. 1 | Maßstab 1 : 24000000

Überblick

Die Karte zeigt die überwiegend dichte, jedoch ungleichmäßig verteilte Bevölkerung in Europa.

Gebiete mit niedriger Bevölkerungsdichte

Im Norden Russlands und Skandinaviens, auf Island sowie in Nordschottland ist der Kontinent mit weniger als einem Einwohner pro Quadratkilometer sehr dünn besiedelt. Einschränkende Faktoren sind hier die Kälte- sowie die Höhengrenze und sicherlich auch die zunehmende Schwankung der Tageslänge im Jahresverlauf. Polwärts liegt die Höhengrenze wesentlich niedriger als in den Alpen, wo nur die höchstgelegenen Gebiete Werte von weniger als einem Einwohner pro Quadratkilometer aufweisen. Zwar hat dort, wie in anderen Gebirgsländern, mit der „Höhenflucht“ eine wirtschaftlich bedingte Abwanderung der Bergbauern stattgefunden, jedoch hat die Tourismusentwicklung dies mehr als kompensiert.

Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte

Auffallend ist in vielen Ländern die relativ dichte Besiedlung der Küstensäume, die sich ausgeprägt in Italien, Spanien und Portugal, aber auch an der Schwarzmeer- und Nordseeküste findet. Dichtere Siedlungsbänder finden sich auch an einigen Flüssen, die häufig, ähnlich wie die Küsten, agrarische Gunst- und wirtschaftliche Aktivräume markieren.

Dass sich die Bevölkerungsverteilung trotz dieser Muster keineswegs allein auf Naturfaktoren zurückführen lässt, belegt die vielleicht auffälligste Erscheinung der Karte, das Dichteband höchster Bevölkerungskonzentration, das von Mittelengland bis Mittelitalien verläuft und innerhalb dessen ungefähren Grenzen bis zu 60 Prozent der Einwohner der EU lebten (bis zum Brexit). In dieser wirtschaftlich dynamischen Achse Europas – früher als „Blaue Banane“ bezeichnet, später zum „Blauen Pilz“ erweitert – die durchaus kein geschlossenes Gebilde ist, sondern sich aus aneinandergereihten Verdichtungs- und Ballungsräumen zusammensetzt, befindet sich der Großteil der europäischen Industrie. Diese ist allerdings für die Erwerbsstruktur und Wirtschaftsleistung seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert gegenüber den Dienstleistungen von abnehmender Bedeutung. Wichtiger erscheint heute, dass sich mit Städten wie Brüssel auch die politischen Entscheidungszentren und mit Verdichtungsräumen wie London, Rhein-Main oder Zürich die Zentren hochrangiger Dienstleistungen (zum Beispiel Banken und Börsen) in diesem Dichteband konzentrieren.

Das agrarische Potenzial spielt als Ursache der Bevölkerungsverteilung nur noch in Regionen mit einer geringen Industriedichte eine wichtige Rolle. Beispiele hierfür sind Anatolien und der Taurus, im Gegensatz zum mediterran geprägten ägäischen Randsaum oder der klimatisch begünstigten Schwarzmeerküste.

Auch in vielen Teilen Russlands schlägt sich die agrarische Gunst oder Ungunst der jeweiligen Regionen im Verteilungsmuster der Bevölkerung nieder.

Bevölkerungsveränderung

In Europa wächst die Bevölkerung in allen Staaten mit mehr als 3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern nur sehr geringfügig oder geht sogar zurück. Nur Irland und die Türkei erreichten im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2023 die Marke von 1 bis 2 Prozent Bevölkerungswachstum, ein jährliches Bevölkerungswachstum von 0,5 bis 1,0 Prozent wurde hingegen in allen süd-, west-, mittel- und nordeuropäischen Staaten verzeichnet, während alle ost- und südosteuropäischen Länder eine Bevölkerungsveränderung im Rahmen von 0,0 bis 0,5 Prozent aufweisen. Das Bestandserhaltungsniveau von 2,1 Kindern pro Frau erreichte im Jahr 2023 kein einziger Mitgliedsstaat der EU (Deutschland: 1,4). Die Bevölkerung fast aller europäischen Länder altert in demographischer Hinsicht, weil auf der einen Seite die Lebenserwartung zunimmt und auf der anderen Seite die Zahl der Geburten und die durchschnittliche Kinderzahl pro Familie abnimmt.

In zunehmendem Maße wird die Bevölkerungsentwicklung der europäischen Staaten jedoch von Migrationsprozessen beeinflusst (s. 192.1 und 192.2). Dies beruht auf sehr unterschiedlich motivierten Wanderungsbewegungen, zum Beispiel von EU-Bürgern, die in einem anderen EU-Land arbeiten, von Flüchtlingen, die Schutz in Europa suchen, oder von hochqualifizierten Arbeitskräften, die gezielt von Unternehmen angeworben werden.

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