Überblick
Die Karte zeigt den Wirtschaftsraum Europa im Überblick. Im Hintergrund zeigen Flächensignaturen die Intensität der menschlichen Raumnutzung an. Entsprechend dem Konzept des „Human Footprint“, wurden für dessen Ermittlung räumliche Ebenen zu den Faktoren Bevölkerung, Verkehr, Transport, Bergbau und Landnutzung überlagert.Wirtschaftsräume nach Nutzungsgrad
Hinter einer Kategorie können sich dabei unterschiedliche Raumtypen verbergen. So zählen zu den naturnahen Landschaften die Tundren Nordosteuropas ebenso wie die Gebirgszüge der Alpen und Karpaten, die Halbwüsten und Wüsten Kasachstans sowie weite Teile Kleinasiens. Als dicht besiedelte und intensiv genutzte Verdichtungsräume werden neben den grossen Agglomerationen wie Randstad und Rhein-Ruhr auch die Poebene und Teile der intensiv agrarisch und touristisch genutzten spanischen Mittelmeerküste dargestellt. Zu den Gebieten intensiver Nutzung gehören neben Deutschland – mit Ausnahme einiger Mittelgebirge – auch so gegensätzliche ländliche Räume wie die Bretagne und weite Teile Tschechiens. Darüber hinaus sind Räume mit weniger intensiver Nutzung ausgewiesen, zum Beispiel weite Teile Irlands oder Spaniens. Dort wurde die Naturlandschaft durch Eingriffe des Menschen gegenwärtig oder in historischen Zeiträumen stark verändert und überformt, die Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung ist heute jedoch niedriger als in anderen Agrarräumen des Kontinents.Wirtschaftszentren
Um die Wirtschaftszentren charakterisieren zu können, wird zunächst deren Ausrichtung hinsichtlich der ansässigen Industrien und der prägenden Dienstleistungen betrachtet. Da manche Wirtschaftszentren eher industriell, andere eher durch hochrangige Dienstleistungen geprägt sind, wird eine Zwillingssignatur verwendet. So kann ein bedeutendes Wirtschaftszentrum mit maximal drei Industrie- und drei Dienstleistungsschwerpunkten verzeichnet sein (siehe Paris).
Neben der Branchenstruktur wird auch seine Bedeutung in der globalen Städtehierarchie dargestellt. In vier Abstufungen zeigt die Karte, ob einem Wirtschaftszentrum eine globale oder kontinentale Bedeutung zukommt, ob es zumindest für mehrere Staaten bedeutsam ist oder ob ihm nur eine nationale wirtschaftliche Bedeutung zukommt.
Ausserhalb der Wirtschaftszentren sind in der Überblickskarte ausserdem Tourismusstandorte und Bergbauzentren ausgewiesen, die in peripheren Räumen jeweils oft raumprägend sind. In der Regel beziehen sich diese Kennzeichnungen auf Regionen, nicht auf einzelne Städte oder Standorte. Beispiele sind Mallorca (s. Karte 78.2 und 79.4) als Tourismusstandort und Fördergebiete für Erdöl und Erdgas in der Nordsee (s. Karte 96.1) als Bergbauzentren.
Raumstrukturen in Europa
Die Raumstrukturen in Europa sind durch folgende Faktoren und Raumtypen besonders geprägt: die überwiegend naturnahen Landschaften im Norden sowie im äussersten Osten mit nur einzelnen städtischen Zentren, die dicht besiedelten Verdichtungsräume West- und Mitteleuropas, das patchworkartige Muster im Mittelmeerraum mit Verdichtungsräumen wie der Poebene, Metropolen wie Barcelona oder Istanbul, dicht besiedelten, intensiv genutzten Küsten sowie weniger intensiv genutzten Räumen, vor allem in deren Hinterland, die dominierende wirtschaftliche Stellung der EU und ihres Zentralraumes zwischen London/Paris und Oberitalien, die global bedeutenden Zentren London und Paris und die räumlichen Disparitäten innerhalb Europas und in den grossen Flächenstaaten selbst (etwa Italien).
Die Zwillingssignaturen für Industrie / Dienstleistung lassen ein hierarchisch gegliedertes Netz von Zentren hervortreten, in denen die wesentlichen Entscheidungen in Politik und Wirtschaft fallen. Sie sind durch eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur miteinander verbunden.
Innerhalb Europas sind Deutschland und Polen Beispiele für Staaten mit einer polyzentrischen Raumstruktur, bei denen zwischen den Wirtschaftszentren jeweils eine Aufgabenteilung zu beobachten ist. Eine eindeutig monozentrische Raumstruktur weisen zum Beispiel Frankreich, Dänemark und Ungarn auf – hier hat jeweils die Hauptstadtregion eine überragende wirtschaftliche und politische Bedeutung.
Es sind immer auch aktuelle Prozesse der sich dynamisch entwickelnden Wirtschaft zu beachten. Zwischen Teilregionen des Kontinents bestehen Grenzen mit stark abschottender Wirkung, zum Beispiel gehören einige Staaten auf dem Balkan zur EU, andere nicht; mitten durch die Region verläuft die EU-Aussengrenze. Es können schwerwiegende Konflikte auftreten, die den wirtschaftlichen Austausch behindern oder sogar verhindern, was insbesondere der Ukrainekrieg ab 2022 verdeutlichte.