Globalisierte Wirtschaft - Erde

Erde - Globalisierung
978-3-14-100900-2 | Seite 284 | Abb. 1| Maßstab 1 : 140000000

Überblick

In den letzten fünf Jahrzehnten verzeichnete die Weltwirtschaft einen starken Zuwachs der internationalen Verflechtungen, der deutlich über dem im gleichen Zeitraum erfolgten Wachstum der ökonomischen Leistung der Welt lag. Dieser Prozess der Herausbildung von globalen Produktions- und Konsumsystemen wird als ein grundlegender Teilaspekt der Globalisierung bezeichnet.

Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen

Entscheidende Voraussetzungen für die verstärkten internationalen Beziehungen waren einerseits politische Entscheidungen zur Verringerung der zwischen Ländern bestehenden Barrieren für Wirtschaftsbeziehungen und anderseits der Ausbau der materiellen Infrastruktur. Getragen wurden die politischen Maßnahmen von der Idee, dass internationaler Austausch eine optimale Nutzung von Produktionsfaktoren und Ressourcen erlaubt, Kosten spart und zur wirtschaftlichen Entwicklung aller beteiligten Nationen beiträgt. Entscheidende politische Weichenstellungen waren die Vereinbarungen des General Agreement on Tarifs and Trade (GATT), die in die Gründung der WTO (World Trade Organization) mündeten. Diese Welthandelsordnung liberalisierte viele Märkte, etwa durch Senkung von Zöllen und das Verbot nicht-tarifärer Handelshemmnisse, und erleichterte damit den internationalen Warenaustausch wesentlich. Darüber hinaus schuf die neue Ordnung, zumindest formal, gleiche Bedingungen für alle Beteiligten. Die Vereinbarungen des Internationalen Währungsfonds (IMF) führten zur Herausbildung einer Weltwährungsordnung mit dem Verzicht auf Devisenbeschränkungen und der Ermöglichung freier Konvertibilität von Währungen. Dadurch wurden weltweite Finanztransaktionen für den Warenhandel und für Direktinvestitionen deutlich vereinfacht. Die Maßnahmen der Weltbank begünstigten die Angleichung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in den Ländern der Erde, vor allem durch den Ausbau neoliberaler Ordnungen, welche allerdings immer wieder Anlass für Kritik boten.

Transport und Kommunikation

Neben den politischen Voraussetzungen führten technische Entwicklungen im Transport- und Kommunikationssystem zu deutlichen Senkungen der Transport- und Transaktionskosten, etwa für Aufwendungen im Waren- und Personenverkehr und für die Organisation von Beziehungen. Der Containerverkehr ermöglicht geschlossene Transportketten bei Stückgütern ohne aufwendige Umverpackung, große Schiffsgrößen reduzieren die Kosten pro Einheit, und Flugverbindungen erlauben den schnellen Transport von verderblichen Waren wie Lebensmitteln und Blumen und von zeitsensiblen Gütern wie Computern. Verbindungen durch Telefon und E-Mail erlauben ständige weltweite Kontakte zwischen Geschäftspartnern.

Wirtschaftszentren im Wandel

Durch die politischen Maßnahmen verloren Länder als wirtschaftliche Einheiten an Bedeutung, während wenige global bedeutende Zentren und supranationale Integrationsräume wie die EU immer wichtiger wurden. Die globalen Zentren, die Global Cities (s. 284.2), erfüllen die Kontroll- und Steuerungsfunktionen der weltweiten wirtschaftlichen Aktivitäten.

Supranationale Integrationsräume

Supranationale Integrationsräume wie die EU zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre Wirtschaftsbeziehungen noch stärker erleichtern als es im Weltmaßstab üblich und möglich ist. In den ersten Integrationsstufen wird der Güteraustausch ohne Zollbarrieren ermöglicht, bei fortschreitender Zusammenarbeit sind auch das Erbringen von Dienstleistungen und der Transfer von Produktionsfaktoren in alle Teilgebiete möglich. Durch den freien Kapitalverkehr werden Investitionen erleichtert, dank der Freizügigkeit der Arbeit ist überdies eine Berufstätigkeit in anderen Staaten möglich.

Internationale Warenströme

Ein wichtiges Merkmal der Globalisierung sind die internationalen Warenströme. Eine große Bedeutung haben Flughäfen vor allem beim Transport hochwertiger Güter wie Mikrochips und bei verderblichen Produkten wie Blumen und Erdbeeren. Die Transporte von Massengütern wie Erzen, Getreide und Öl werden überwiegend mit Seeschiffen abgewickelt. Das Umschlagvolumen der Flughäfen und Seehäfen zeigt deutlich die ungleiche räumliche Verteilung des Welthandels. Intensive Austauschbeziehungen bestehen zwischen den Ländern mit einem hohen Entwicklungsstand in Nordamerika, Europa und Ostasien; über zwei Drittel des Welthandels entfallen auf diese sogenannte Triade. Zwischen diesen Regionen erfolgt vor allem der Handel mit hochwertigen Industriegütern.

Einbindung von Entwicklungsländern

Jünger ist die Einbindung der Schwellenländer, die einen raschen Entwicklungsprozess durchlaufen und in welchen Industrie und Dienstleistungen deshalb stark expandieren. Zu dieser Gruppe zählen vor allem einige Staaten Südostasiens wie Thailand, Malaysia und Singapur, daneben China, einzelne Länder Lateinamerikas wie Brasilien, Argentinien und Mexiko sowie Südafrika. Alle diese Länder besitzen aufgrund ihrer niedrigen Lohnkosten Vorteile bei der Produktion arbeitsintensiver Industriegüter wie Bekleidung, Elektrogeräte und Spielwaren und exportieren diese weltweit, gewinnen aber zunehmend auch als Standort von Unternehmenszentralen und hochrangigen Wirtschaftsfunktionen an Bedeutung.

Sehr gering ist in der Regel der Grad der Einbindung von Ländern mit niedrigem Entwicklungsstand, die in der Karte an dem hohen Anteil von Erwerbstätigen in der Landwirtschaft zu erkennen sind. Sie exportieren vor allem Primärgüter, also landwirtschaftliche Produkte und Rohstoffe, in die hoch entwickelten Länder und beziehen von dort Industriegüter.

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Diercke

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