Jerusalem - Großraum

Naher Osten (Israel)
978-3-14-100902-6 | Seite 189 | Abb. 3| Maßstab 1 : 250000

Überblick

Jerusalem (hebräisch: Jerushalayim, arabisch: al-Quds) ist mit einer Bevölkerung von rund 936 000 Menschen (2019) die Hauptstadt und zugleich größte Stadt des Staates Israel. Der Ostteil wird allerdings als Hauptstadt eines zukünftigen Staates Palästina von den Palästinensern beansprucht. Jerusalem liegt in den Bergen Judäas, in einer Höhenlage von 610 bis 826 Metern über dem Meeresspiegel. Die exponierte Lage wird durch die Nähe zum 68 Kilometer entfernten Mittelmeer im Westen und zum nahe gelegenen Jordangraben mit dem Toten Meer im Osten noch unterstrichen.

Stadtgebiet

Nach dem für Israel siegreichen Sechstagekrieg 1967 wurden das bis dahin jordanische Ost-Jerusalem sowie 28 Dörfer auf dem Gebiet des Westjordanlands israelischer Gesetzgebung und Verwaltung unterstellt. Das Stadtgebiet wurde damit deutlich auf heute 126 Quadratkilometer erweitert. 1980 wurden durch das sogenannte Jerusalem-Gesetz, ein israelisches „Grundgesetz“ mit Verfassungsrang, die Gebiete annektiert und Jerusalem zur „unteilbaren“ Hauptstadt Israels erklärt.
Nach 1967 beschlagnahmte der israelische Staat etwa ein Drittel von Ost-Jerusalem für den Bau von jüdischen bzw. israelischen Siedlungen. So entstanden bis heute – auf dem Stadtgebiet wie auf dem Territorium des Westjordanlands – zwölf größere Siedlungseinheiten, die sich halbkreisförmig um die Stadt legen, mit einer Bevölkerung von insgesamt mehr als 200 000. Zugleich wurde durch die Ausweisung von „Grünland“, öffentlichen Flächen und „Nationalparks“ verhindert, dass sich palästinensische Viertel ausdehnen und entwickeln können. Insgesamt nimmt das von Palästinensern bebaute Land nur noch ein Siebtel des Gebiets von Ost-Jerusalem aus.
Heute gehören rund 60 Prozent der Bevölkerung dem Judentum an, rund 39 % sind arabische Palästinenser, überwiegend Muslime. Gemäß der letzten Volkszählung von 2008 lebten rund 60 % der Jerusalemer im Osten der Stadt.

Sperranlage

Nach dem Ausbruch der „Zweiten Intifada“ begann Israel 2003 mit dem Bau einer Grenzanlage, die zum Teil aus meterhohen Mauern oder Zäunen besteht. Die Sperren schließen palästinensische Siedlungen und Wohngebiete teils ein oder auch aus, teils durchschneiden sie diese. Die Befestigung folgt nicht der international anerkannten „grünen“ Waffenstillstandslinie von 1949, die das Territorium des Staates Israel vom Westjordanland bzw. West- und Ost-Jerusalem (bis 1967) voneinander trennte. Vielmehr stößt sie teils tief ins Westjordanland hinein, wodurch die dortigen israelischen Siedlungen faktisch inkorporiert werden. Insbesondere der laufende Ausbau des Grenzzauns rund um die großen jüdischen Siedlungen Ma’ale Adumim und Mishor Adumim zerteilt das Westjordanland stärker denn je (vgl. 188.2).
Auch schneidet die Sperranlage die palästinensischen Wohngebiete Ost-Jerusalems von ihrem Um- und Hinterland ab, ja sogar solche auf dem Stadtgebiet Jerusalems, z. B. Kafr Aqab im Norden.
Nach Auffassung Israels hat die Sperranlage dazu beigetragen, Israel und viele Siedlungen im Westjordanland von palästinensischem Terrorismus mit Selbstmordattentaten, denen Hunderte Menschen zum Opfer gefallen waren, abzuschirmen. Zum Zweck der Terrorismusprävention werden im Umfeld der Altstadt auf bestimmten Straßen Pkw- und Ausweiskontrollen durchgeführt. Hinzu kommen ständige Kontrollpunkte und wiederholte Straßensperren. Diese Straßen, welche die nahen israelischen Siedlungen mit dem Stadtgebiet von (West-)Jerusalem bzw. dem Territorium Israels verbinden, können von palästinensischen Einwohnern nicht oder nur eingeschränkt benutzt werden. Palästinensern aus dem Westjordanland kann der Zutritt ins Jerusalemer Stadtgebiet verwehrt werden. Palästinenser mit einem „Jerusalem-Ausweis“ verlieren ihre Wohnberechtigung, sofern sie sich eine gewisse Zeit im Ausland aufhalten.

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