Kambodscha - Kommerzieller Landerwerb (Land Grabbing)

Erde - Globalisierte Welt und Nachhaltigkeit
978-3-14-100900-2 | Seite 291 | Abb. 3| Maßstab 1 : 4000000

Überblick

Beim kommerziellen Landerwerb in seiner legalen Form investieren Regierungen (oft anderer Staaten), vor allem aber in- und ausländische Unternehmen in die Landwirtschaft eines Entwicklungs- und Schwellenlandes. Im positiven Fall fließen dadurch Investitionen in das jeweilige Land, es kann die Produktion gesteigert werden, ein Wissens- und Technologietransfer stattfinden, von dem auch die lokale Bevölkerung profitiert. Sehr häufig trägt der kommerzielle Landerwerb aber rechtlich illegitime oder zumindest stark fragwürdige Züge, wenn Akteure mit Zugang zur politischen und wirtschaftlichen Macht ihre Interessen gegen kleinbäuerliche Betriebe mit vergleichsweise schwachen Positionen durchsetzen.

Die beteiligten Akteure

Kleinbäuerinnen und -bauern in „Entwicklungsländern“, die von Land verdrängt werden, das sie auf der Grundlage traditioneller Nutzungsrechtregelungen bewirtschaften, für das sie aber keine „offiziellen“ Eigentumsnachweise nach gegenwärtigem Recht haben,

Staatsbedienstete, Behörden und Regierungen der Entwicklungs- bzw. Schwellenländer, die sich selbst Land aneignen oder die solches Land an ausländische Unternehmen bzw. andere Staaten vergeben und daraus einen Vorteil ziehen,

Regierungen anderer Staaten oder ausländische Unternehmen, die sich in „Entwicklungs- bzw. Schwellenländern“ Land aneignen, das zuvor kleinbäuerlich genutzt wurde oder bislang weitgehend ungenutzt war, oft mit der Unterstützung von Staatsbediensteten, Behörden und Regierungen dieser Länder.

Zwischen dem Jahr 2000 und 2020 wurden nach Angaben von Land Matrix, einem 2009 gestarteten unabhängigen Landbeobachtungsprojekt staatlicher und nichtstaatlicher Entwicklungsorganisationen, 51,61 Millionen Hektar Ackerfläche weltweit von ausländischen Investoren gekauft oder gepachtet. Die Rangliste der Investorenländer führen überwiegend globalisierte Länder an, darunter beispielsweise die USA, Malaysia, Singapur, die Vereinigten Arabischen Emirate, Großbritannien, Kanada, Indien, Russland, Saudi-Arabien und China. Auf sie entfallen zusammen rund drei Viertel aller Investitionen. Auf der Rangliste der Zielländer finden sich weit vorne dagegen überwiegend Länder der neuen Peripherie, wie Papua-Neuguinea, Indonesien, Südsudan, die Demokratische Republik Kongo, Mosambik, Kongo, Russland, Ukraine, Liberia und der Sudan.

Kommerzieller Landerwerb in Kambodscha

In Kambodscha vergibt die Regierung Konzessionen für die Nutzung von Land an Unternehmen. Häufig handelt es sich dabei um Gemeinschaftsunternehmen mit einem kambodschanischen Partner und einem ausländischen Investor, der in aller Regel über die Ausrichtung des Projekts bestimmt. Die meisten der ausländischen Investoren in Kambodscha kommen aus Ost- und Südostasien. Laut Angaben von Land Matrix waren in Kambodscha 2022 rund 896 000 Hektar Ackerfläche an ausländische Investoren verkauft oder verpachtet. Bei einer landwirtschaftlich nutzbaren Fläche von rund vier Millionen Hektar liegt der Anteil kommerziell erworbener Flächen damit bei über 20 Prozent.

Hinsichtlich der Ausrichtung dominierten Landwirtschaftsprojekte, aber auch Konzessionen für Bergbau und Wasserkraftwerke wurden vergeben. Bei den landwirtschaftlich genutzten Flächen dominieren Plantagen für Exportgüter wie Kautschuk oder Eukalyptus. Eine Verbesserung der Ernährungssituation in Kambodscha durch Produktionssteigerung bei Nahrungsmitteln ist also davon nicht zu erwarten – angesichts des Ausmaßes kommerziellen Landerwerbs und der Verdrängung von Kleinbäuerinnen und -bauern ist eher eine Verschlechterung zu befürchten, da die Plantagenflächen nun nicht mehr für die Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung stehen. Ein wichtiges Produkt ist gegenwärtig auch Zuckerrohr. Der erzeugte Zucker kann seit 2009 zollfrei in die EU eingeführt werden. Dies ist ein starker ökonomischer Anreiz für die Agrarunternehmen, aus dem heraus überhaupt erst ein nennenswerter Zuckerrohranbau in Kambodscha entstanden ist. Im Jahr 2006 lag die Produktionsmenge für Zuckerrohr noch bei 142 000 Tonnen, inzwischen liegt sie bei über 600 000 Tonnen jährlich.

In Kambodscha sind im Zusammenhang mit dem kommerziellen Landerwerb zahlreiche Fälle von Menschenrechtsverletzungen belegt, zum Beispiel gewaltsame Vertreibungen, Enteignungen, rechtswidrige Umsiedlungen und die Verfolgung von Menschen, die sich dagegen zur Wehr setzen. Die Regierung agiert dabei im Sinne der ausländischen Investoren. Die Karte zeigt, dass auch die Großschutzgebiete (zum Beispiel Wald- und Wildschutzgebiete) von kommerziellem Landerwerb betroffen sind.

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Diercke

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Land Grabbing in Kambodscha
Zur editierbaren Klausur "Land Grabbing in Kambodscha"
PDF-Datei
Kambodscha - Kommerzieller Landerwerb (Land Grabbing)
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