Kippel - Stadtfernes Dorf - 2023

Schweiz - Landschaftswandel und Erreichbarkeit
978-3-14-100919-4 | Seite 48 | Abb. 2| Massstab 1 : 30000

Überblick

Kippel (331 Einwohner, Stand 2023) liegt im Lötschental, nördlich des zentralen Rhonetals im Kanton Wallis. Auch für viele Schweizer ist das Lötschental eine unbekannte Gegend. Dies liegt daran, dass es bis vor wenigen Jahrzehnten schlecht zugänglich und während des Winters manchmal wochenlang durch Lawinengefahr von der Aussenwelt abgeschnitten war. Heute hat sich dies stark geändert; einerseits weil das Tal sehr schneesicher ist und die Strassen durch Galerien von Lawinen geschützt sind und andererseits weil die Infrastruktur der Skianlagen stark ausgebaut wurde. In den letzten Jahren hat ein regelrechter Skiboom auf der Lauchernalp eingesetzt, die oberhalb von Wiler und Kippel liegt. Auch von der Wetterlage her zeigt sich das Lötschental meist von der sonnigen Seite. Die Langlaufloipen im Tal erfreuen sich bei Kennern grösster Beliebtheit, und die alten Dörfer abseits der Touristikzonen bieten für den Besucher einen erholsamen Aufenthalt. Das Lötschental kann als ideale Typlandschaft eines inneralpinen Hochtales angesehen werden.
Kippel ist der Hauptort des Lötschentals. Nebst dem Urtypus des niedrigen Lötschentalerhauses können hier auch prächtige mehrstöckige Holzhäuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert mit reichen Schnitzereien und frommen Inschriften besichtigt werden. Kippel hat ein Museum und eine grosse Pfarrkirche mit elegantem Turm. Das benachbarte Wiler zeigt ein moderneres Gesicht als die übrigen Dörfer des Lötschentals, weil hier zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Grossbrand wütete, der fast das ganze Dorf zerstörte. Die Bewohner waren früher fast ausschliesslich Bergbauern oder traten in fremde Kriegsdienste als Söldner ein, da das Tal nicht alle Menschen ernähren konnte. Heute wird die Landwirtschaft meistens nebenberuflich betrieben. Es handelt sich um sogenannte „Arbeiterbauern“. Ihre Hauptarbeit finden sie ausser im Tourismus/Gastgewerbe in den Fabriken im Rhonetal, besonders in der chemischen Fabrik Lonza in Visp. Aber immer noch halten viele Menschen Schwarznasenschafe zum Nebenerwerb und als Freizeitbeschäftigung.

Infrastruktur und Unterkünfte

1949 diente als öffentliche Verkehrsanbindung ein achtplätziger Chevrolet, der vom
1. April bis 30. November verkehrte. Der erste Kurs fuhr ab Goppenstein um 8.35 Uhr und wartete den BLS-Zug aus Bern ab. Abends fuhr der letzte Autokurs um 18.10 Uhr in Kippel ab. Pro Tag verkehrten insgesamt sechs Kurse. Heute fahren stündlich, bei starkem Andrang auch häufiger, Postautos ins Lötschental und zurück. Für die Arbeiter des Tals verkehren am Morgen und am Abend zudem Werkskurse. Auch die Unterkunftsmöglichkeiten haben sich in den letzten Jahren ständig verbessert. In Kippel, Wiler, Blatten und auf der Lauchernalp hat es je drei Hotels. Ausserdem gibt es je ein Hotel in Ferden und auf der Fafleralp, dieses ist jedoch nur im Sommer geöffnet. Daneben existieren eine grosse Anzahl von Gruppenunterkünften und, je nach Jahreszeit, zahlreiche Bergrestaurants. Hochalpine Unterkünfte sind die Bietschhornhütte, die Anenhütte, die Lötschenpasshütte und die Hollandia-Hütte an der Lötschenlücke. Insgesamt stehen heute im Lötschental über 2000 Gästebetten zur Verfügung. Wie die Grafik neben den Karten zeigt, erfolgen die wenigsten Übernachtungen in Hotels. Zahlenmässig viel bedeutender ist die Parahotellerie (Ferienwohnungen, Chalets, Camping).

Tourismus

Gefragte Touren für Bergsteiger sind die Ersteigung des Hockenhorns, des Bietschhorns und die Überquerung der Lötschenlücke vom Jungfraujoch her. Für Bergwanderer ist die Traversierung des Lötschenpasses vom Gasterntal her sehr beliebt. Auch Touren über den Petersgrat zur Mutthornhütte und hinunter nach Stechelberg werden von Alpinisten sehr geschätzt.
Ohne die Erschliessung der Lauchernalp, die früher nur bei Skitouristen bekannt war, hätte sich das Lötschental nie so entwickelt, wie es heute der Fall ist. Die Bahnen wurden alle nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut, die neuesten erst in den letzten Jahren. Heute sieht das Bahnangebot wie folgt aus:
Es gibt auch eine Erschliessungsstrasse auf die Lauchernalp. Zahlreiche ehemalige Alphütten sind Ferienhäuser geworden. Sie haben auch heute noch oft weder Strom- noch Wasseranschluss.

Klima und Vegetation

Das Klima weist typische Merkmale eines intramontanen Tales auf, da das Tal ungefähr in west-östlicher Richtung verläuft. Es ist also bei Nord- und Südstaulagen geschützt, obwohl bei Schlechtwetter auf der ­Alpennordseite gelegentlich Wolken herüberdriften. Eigentliches regnerisches Wetter gibt es nur bei Westwindlagen in der ganzen Schweiz. Die Sonnentage überwiegen und die Luft ist meistens klar. Das Klima ist vergleichbar mit demjenigen im Engadin. Allerdings ist der Winter meistens weniger kalt, da die kalte Luft ins Rhonetal abfliessen kann.
Die Vegetation des Tals hat einen ausgesprochen alpinen Charakter mit Trockenwiesen und Lärchenwäldern. In höheren Lagen hat es durch Staunässe oft Sumpfwiesen mit Wollgräsern, Orchisarten und anderen feuchtigkeitsliebenden Pflanzen. Besonders eindrücklich ist die Kampfzone im Vorfeld des Langgletschers, die deutlich zeigt, wie beim Gletscherrückgang die Vegetation wieder Fuss fasst.

Landschaftswandel

Der Landschaftswandel kann im Lötschental besonders im Gebiet Kippel-Wiler gut beobachtet werden. Kurz nach Goppenstein sieht man eine Bogenstaumauer, die die Lonza staut. Die Strasse ist gut ausgebaut und durch Lawinengalerien geschützt. Einige grosse Dämme sollen die Lawinen von den Ortschaften fernhalten. An vielen Orten sieht man Lawinenverbauungen. Weniger sichtbar ist der natürliche Landschaftswandel. Einige Veränderungen gibt es bei den Gletschern und Wäldern.

Geologie

Das Lötschental gehört hauptsächlich zum Aarmassiv und besteht aus dem Altkristallin, Bietschhorngranit, Gasterngranit, Muskowit-Serizit-Schiefern, Amphiboliten und Biotitgneisen. Das Lötschental ist ein klassisches Trogtal. Viele Seitenbäche schütten grosse Schwemmkegel auf. Auch Moränenreste sind gut zu erkennen.

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