Überblick
Um Mekka herum besteht ein 544 Quadratkilometer großer Heiliger Bezirk (Haram), der für Nicht-Muslime verboten ist. Auch Pilgerreisende dürfen den Heiligen Bezirk nur im Weihezustand betreten. Die Vorbereitung auf die eigentliche Pilgerfahrt und der Eintritt in den Weihezustand erfolgen an genau festgelegten Anreiseorten, zum Beispiel für Pilgerreisende aus dem Jemen am Berg Yalamlam 120 Kilometer südlich von Mekka.Mohammed und Mekka
Um 570 n. Chr. in Mekka geboren, wuchs der jung verwaiste Mohammed bei seinem Onkel Abu Talib auf. Er lebte zunächst als erfolgreicher Händler, bis ihm schließlich im Alter von rund 40 Jahren zum ersten Mal der Erzengel Gabriel erschien und das Wort Gottes übermittelte. Von da an wurden ihm bis zu seinem Tod 632 n. Chr. immer wieder Offenbarungen zuteil, die ihn zum Propheten und Begründer des Islams werden ließen. Seine Botschaften vom „Einen Gott“ (arabisch: „Allah“) standen jedoch in krassem Widerspruch zur damaligen Zeit, denn in Mekka und anderswo wurden hunderte Gottheiten verehrt.
Die Auseinandersetzungen zwischen seinen Anhängern und den führenden Schichten Mekkas zwangen Mohammed, seine Heimatstadt 622 n. Chr. zu verlassen, um Zuflucht im nahe gelegenen Yathrib (heute Medina) zu suchen. Erst 628 n. Chr. konnte Mohammed mithilfe seiner neu gewonnenen Anhänger Mekka weitgehend widerstandslos erobern, die Kaaba von ihren Götzenbildern befreien und den Islam endgültig in seiner Heimatstadt durchsetzen.
Die von Mohammed gestiftete Religion beruht im Wesentlichen auf fünf Säulen (arab.: Arkan) oder Pflichten, die jeder Gläubige zu erfüllen hat. Zu ihnen gehören das Glaubensbekenntnis Shahada („Es gibt keinen Gott außer Gott, und Mohammed ist der Gesandte Gottes“), das fünfmalige tägliche Gebet (Salah), die Almosensteuer Zakat, das tägliche Fasten während des Monats Ramadan sowie die Hadsch zu den heiligen Stätten des Islam in Mekka. Letztere wird als Höhepunkt im Leben eines Muslims angesehen, wobei ihre Durchführung von der jeweiligen finanziellen und gesundheitlichen Situation abhängt.
Heiliger Bezirk
Im Zentrum Mekkas liegt die Haram-Moschee mit der Kaaba, die es bereits in vorislamischer Zeit gab. Der muslimischen Überlieferung zufolge soll sie bereits Abraham (arab.: Ibrahim) zusammen mit seinem Sohn Ismail, dem Stammvater der Araber, auf Gottes Anweisung hin erbaut haben. Die Kaaba ist ein rund 15 Meter hoher, quadratischer Steinbau um den heiligen Schwarzen Stein, der paradiesischen Ursprungs sein soll. Der Stein hat einen Durchmesser von 30 Zentimetern, befindet sich in der Ostwand der Kaaba und ist eingefasst von einem massiven silbernen Saum. Er wird von allen Pilgerreisenden verehrt; manche versuchen sogar, ihn zu küssen. Der Schwarze Stein markiert den Startpunkt der rituellen Umrundung der Kaaba.
Die Kaaba selbst ist mit einem schwarzen Seidentuch (arab.: Kiswah) bedeckt, dessen Farbe die jeweils aktuelle Herrscherdynastie in Arabien repräsentiert. So war es unter den Fatimiden weiß, unter den Ayyubiden grün und unter den Mameluken schwarz. Das Innere der Kaaba ist mit weißem Marmor ausgelegt und nur durch eine rund drei Meter hohe, aus reinem Gold gefertigte Tür erreichbar, die sich allerdings in einer Höhe von 2,5 Metern über dem Erdboden befindet.
Der Al-Haram ash-Sharif, der Heilige Bezirk, in dem jeglicher Gewaltakt verboten ist, war bis zur Mitte des 7. Jahrhunderts eine Freifläche um die Kaaba. Seit dieser Zeit wurde er jedoch ständig erweitert, um der rapide wachsenden Pilgerzahl eine größere Gebets- und Andachtsfläche zu bieten. Die erste dieser Vergrößerungen fand zur Zeit des zweiten Kalifen Omar (634–644 n. Chr.) statt, der auch eine mannshohe Begrenzungsmauer errichten ließ. Die Haram-Moschee (357 000 m2 groß) selbst bietet gegenwärtig Platz für 820 000 Menschen. Erweiterungen sind im Bau, sodass in Zukunft Platz für 1,2 Millionen Gläubige ist.
Überhaupt ist die Altstadt von Mekka seit Jahren Schauplatz eines Stadtumbaus von ungeheuren Ausmaßen. Ganze Stadtviertel mit alter Bebauung wurden dem Erdboden gleichgemacht zugunsten der Verkehrserschließung und Ausweitung der Pilgerstätten sowie der Errichtung moderner Pilgerhotels. Das Hochhaus-Ensemble Abradj Al Bait mit dem Mecca Royal Clock Tower ist eines der größten und höchsten Gebäude der Welt.
Stationen der Gläubigen
Abgesehen von den mehr als eine Milliarde Muslimen, die täglich in Richtung Mekka (arab.: Qibla) beten, pilgern jährlich Millionen Muslime aus aller Welt zwischen dem dritten und dreizehnten Tag des islamischen Monats Thu al-Hijjah, dem elften Monat des islamischen Mondkalenders, zu den heiligen Stätten des Islams in Mekka. Während diese große Pilgerfahrt (Hadsch) nur während des angegebenen Zeitraums stattfinden kann, sind kleine Pilgerfahrten (’Umra) während des ganzen restlichen Jahres möglich.
Die Rituale während der großen Pilgerfahrt folgen einem festgelegten Ablauf. Nach der Anreise zwischen dem dritten und siebten Thu al-Hijjah beginnen sie am achten Tag mit dem Ihram, einem Weihezustand, der u. a. durch das sich Kleiden in ein ungesäumtes weißes Tuch sowie durch Unterlassen von Haare- und Nägelschneiden, Rasieren und Geschlechtsverkehr erreicht wird. Anschließend beginnt die siebenmalige Umrundung (arab.: Tawaf) der Kaaba, gefolgt vom gemeinsamen abendlichen Marsch zur Ebene von Mina, wo ein riesiges Nachtlager für die Pilgerschar bereitsteht (s. 190.4). Am neunten Tag ziehen die Gläubigen weiter in Richtung des Hügels Arafat, den „Berg der Gnade“ (arab.: Jabal al-Rahmah), den sie besteigen, um Gott um Vergebung zu bitten. Nach Sonnenuntergang kehren sie für gemeinsame Abend- und Nachtgebete nach Mina zurück. Am zehnten Tag steinigen die Gläubigen Satan an den drei Teufelssäulen (arab.: Djamarat) in Mina und feiern daraufhin gemeinsam im Andenken an die Opfergeschichte Abrahams das Opferfest (arab.: ’id al-Adha). Anschließend wird der Ihram durch Rasur teilweise aufgehoben und die Kaaba erneut siebenmal umrundet. Mit der Wiederholung des Steinigungsrituals am elften und zwölften Thu al-Hijjah und einer letzten Umrundung der Kaaba ist der vorgeschriebene Pflichtteil der Hadsch beendet; die Pilgerreisenden treten ihre Heimreise an.