Überblick
Die Karten zeigen die Siedlungsentwicklung seit 1850 und die Wirtschaft im Ballungsraum Ludwigshafen/Mannheim/Heidelberg. Diese Großstädte bilden das Zentrum der Metropolregion Rhein-Neckar, daneben gibt es über die Region verteilt aber auch 30 Mittelzentren. Eine vielseitige Industrie, die großen Rheinhäfen und die verkehrsgünstige Lage sind die großen Pluspunkte der dicht besiedelten Region. Auf einer Fläche von rund 5 600 Quadratkilometern lebten hier 2024 ca. 2,4 Millionen Menschen. Seit 2005 ist Rhein-Neckar eine Europäische Metropolregion und gilt damit als ein Motor der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung in Deutschland. Ausschlaggebend für die Einstufung waren Faktoren wie die Infrastruktur, Wirtschaftskraft, Zahl der Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen sowie das Kultur- und Freizeitangebot.
Lage und Naturraum
Die Metropolregion Rhein-Neckar liegt am Schnittpunkt der Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz und erstreckt sich vom Pfälzerwald im Westen bis zum Odenwald im Osten sowie von der französischen Grenze im Südwesten bis einschließlich des hessischen Rieds im Norden. Sie ist damit Teil des Oberrheinischen Tieflands, welches durch die Nachbarschaft sehr unterschiedlicher naturräumlicher Einheiten gekennzeichnet ist. Seine Böden und klimatischen Bedingungen machen es zu einem landwirtschaftlichen Gunstraum, der intensiv genutzt wird. Im Kontrast dazu stehen die weitgehend bewaldeten Gebirge des Pfälzerwaldes und des Odenwaldes, in denen sich die Siedlungen und Verkehrswege hauptsächlich in den Tälern befinden.
Infrastruktur
Der Verlauf der Verkehrswege orientiert sich stark an den naturräumlichen Strukturen. Durch das Oberrheinische Tiefland verläuft mit dem Rhein die wichtigste Wasserstraße des Kontinents. Außerdem fallen im Kartenbild die in Nord-Süd-Richtung ausgerichteten Autobahnen und Schienenwege auf. Mannheim hat einen Regionalflughafen und ist ein wichtiger Umsteigeknoten im deutschen ICE-Netz mit sehr guten Verbindungen nach Nordwest (Köln, Düsseldorf, Ruhrgebiet, Amsterdam), nach Norden (Frankfurt, Kassel, Hannover, Hamburg, Berlin), nach Westen (Paris, Lyon und Marseille über Straßburg bzw. Paris über Saarbrücken), nach Südwest (Karlsruhe, Basel, Zürich, Mailand) und Südost (Stuttgart, München, Wien, Venedig).
Für die Wirtschaft sind die zentrale Lage der Oberrheinregion innerhalb Europas, die ausgebaute Infrastruktur, das Angebot hochqualifizierter Fachkräfte, die Universitäten und Hochschulen sowie die Lebensqualität zentrale Standortfaktoren. Die Metropolregion Rhein-Neckar um die Oberzentren Ludwigshafen/Mannheim/Heidelberg hatte 2022 ein Bruttoinlandsprodukt von rund 110 Mrd. Euro. Das BIP pro Kopf und Jahr ist mit rund 45 700 Euro im bundesweiten Vergleich durchschnittlich. Bemerkenswert ist der vergleichsweise hohe Anteil der Industrie an der Bruttowertschöpfung; auf das produzierende Gewerbe entfallen rund 37 Prozent, auf den Dienstleistungssektor etwa 62 Prozent. Die Land- und Forstwirtschaft spielt mit einem Anteil von nur 0,7 Prozent trotz fruchtbarer Böden nur eine untergeordnete Rolle, wobei die Metropolregion aber über insgesamt vier Weinanbaugebiete verfügt.
Die industriellen Branchenschwerpunkte liegen im Bereich der chemischen Industrie, im Maschinenbau, der Elektronik und dem Kraftfahrzeugbau. Hinzu kommen Dienstleistungsstandorte mit globaler Ausstrahlung, zum Beispiel Walldorf als Hauptsitz eines Global Software-Players.
Entwicklung von 1850 bis 1950
Ludwigshafen entwickelte sich in den 1840er-Jahren aus der Mannheimer Rheinschanze, einer Befestigungsanlage auf dem gegenüberliegenden, linken Rheinufer zur Sicherung der (bis 1778) badischen Residenzstadt. Um 1850 zählte die Siedlung nur rund 1500 Menschen und war ein eher unbedeutender kleiner Hafenort am Rhein. Mit der Fährverbindung zum badischen Mannheim und einem in unmittelbarer Nähe zum Hafen gelegenen Eisenbahnanschluss verfügte der Ort jedoch über eine hohe Verkehrsgunst. 1859 wurde das zum Königreich Bayern gehörende und schon 1843 nach seinem König Ludwig I. benannte Ludwigshafen zur Stadt erhoben. Der steile Aufstieg begann 1865 mit der Gründung der BASF (Badische Anilin- & Soda-Fabrik) als Aktiengesellschaft in Mannheim, u.a. durch den Unternehmer Friedrich Engelhorn. Da das Königreich Bayern die Entwicklung Ludwigshafens als Gegenpol zu Mannheim durch Subventionen für Industrieansiedlungen förderte und sich in Mannheim Widerstand gegen das neue Chemieunternehmen formierte, zog die BASF bereits eine Woche nach ihrer Gründung nach Ludwigshafen um und errichtete nördlich des Hafens ihr erstes Firmengelände. Es war ein Glücksfall für die kleine Stadt, denn zwischen 1870 und dem Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 wurde BASF durch bahnbrechende Erfindungen und wissenschaftliche Erkenntnisse von Chemikern wie Fritz Haber und Carl Bosch zur führenden Chemiefabrik weltweit. Im Vordergrund standen dabei zunächst die Herstellung von künstlichen Farbstoffen für die wichtige Textilindustrie und im ausgehenden 19. Jahrhundert auch die Produktion von Kunstdünger für die Landwirtschaft.
In Mannheim lebten 1850 etwa 23 000 Menschen. Auch dort hatte Mitte des 19. Jahrhunderts das Industriezeitalter Einzug gehalten. Eine lange Tradition haben der Fahrzeug- und Landmaschinenbau (Mercedes-Benz Werk und Heinrich Lanz Landmaschinen AG, heute John Deere).
Heidelberg galt jahrhundertelang als „Residenz des Geistes“, was auf die drittälteste Universität im deutschsprachigen Raum und älteste Universität Deutschlands, die 1386 hier gegründet wurde, zurückgeht. Um 1850 lebten in Heidelberg rund 14 000 Menschen und die von der Universität dominierte Stadt war durch die Märzrevolution von 1848 geprägt, deren „Heidelberger Versammlung der 51“ wichtige Impulse für die Frankfurter Nationalversammlung gab. Die Industrialisierung ging an Heidelberg hingegen weitgehend spurlos vorüber – nicht jedoch der aufkommende Tourismus, denn im Zuge der Rheinromantik des frühen 19. Jahrhunderts wurde das intellektuell-gebildete Heidelberg mit seiner imposanten Schlossruine über dem Neckartal zu einem beliebten Reiseziel von Adel und Großbürgertum.
In Ludwigshafen, Mannheim und Heidelberg kam es etwa zwischen 1890 und 1944 durch mehrere Eingemeindungen zu Stadterweiterungen. Nach Ludwigshafen wurden u. a. die ehemaligen Städte Oppau und Oggersheim eingemeindet, nach Mannheim u. a. der Ort Neckarau, das damals größte Dorf in Baden, nach Heidelberg das am gegenüberliegenden Neckarufer gelegene Neuenheim sowie u. a. Rohrbach und Kirchheim. 1921 wurde Ludwigshafen mit einer Bevölkerung von 100 000 Menschen bereits 50 Jahre nach seiner Gründung zur Großstadt; Mannheim hatte seinerzeit bereits eine Bevölkerung von über 200 000 und Heidelberg von knapp 70 000.
Im Zweiten Weltkrieg wurden Ludwigshafen und Mannheim in weiten Teilen nahezu vollständig zerstört, Heidelberg hingegen unterstand den Krieg weitgehend unversehrt. Aufgrund seiner kriegswichtigen Industrien zählte der Ballungsraum dennoch zu den meistbombardierten Zielen in Süddeutschland.
Nachdem die Bevölkerungszahl in beiden Städten als Folge des Zweiten Weltkrieges einen zwischenzeitlichen Einbruch erlitt, nahm sie in den Jahren danach wieder deutlich zu: 1950 lebten in Ludwigshafen bereits wieder rund 120 000 Menschen, in Mannheim über 245 000 und in Heidelberg, das 1946 erstmals Großstadt wurde, bereits 116 000.
Entwicklung nach 1950
Die Nachkriegszeit stand zunächst im Zeichen des Wiederaufbaus, der sich in den Großstädten verhältnismäßig langsam vollzog. Die akute Wohnungsnot führte schließlich zur Erschließung zahlreicher neuer Wohngebiete. In Ludwigshafen wurde 1974 die Gemeinde Ruchheim eingegliedert, wodurch die Stadt ihre heutige Ausdehnung erreichte; in Mannheim gab es seit 1950 keine weiteren Eingemeindungen; in Heidelberg wurde 1975 einzig das neckaraufwärts gelegene Ziegelhausen eingemeindet.
Die jüngere wirtschaftliche Entwicklung zeigt in allen drei Städten eine Abnahme der industriellen Arbeitsplätze, während die Beschäftigten insbesondere im Bereich der Dienstleistungen zunehmen. Ludwigshafen hat heute etwa 176 000 Einwohnerinnen und Einwohner, Mannheim rund 316 000 und Heidelberg 155 000 (Stand Ende 2023).
Wirtschaft heute
Die BASF ist der nach Umsatz weltweit größte Chemiekonzern mit rund 112 000 Mitarbeitern, davon fast 40 000 am Standort Ludwigshafen (Stand 2024). Auf dem 10 Quadratkilometer großen Werksgelände am Rhein stehen über 2000 Betriebsgebäude, darunter 110 Produktionsbetriebe und ein großes Kraftwerk. Damit ist es das größte zusammenhängende Chemieareal der Welt, das im Besitz nur eines Unternehmens ist.
Gemessen am wasserseitigen Umschlag liegt der Mannheimer Rheinhafen mit 6,3 Mio. t im Jahr 2023 auf Rang 4 in Deutschland, der Ludwigshafener Rheinhafen mit 5,0 Mio. t auf Rang 6. Fast die gesamte Rheinfront wird mit Ausnahme des lang gezogenen Hauptgeschäftszentrums von Hafen- und Industrieanlagen eingenommen. Nach Westen dehnen sich Wohngebiete um die inzwischen eingemeindeten Nachbarorte aus. Die Mannheimer Industriegebiete liegen im Norden (Friesenheimer Insel), an der Mündung des kanalisierten Neckars und im Süden entlang der Eisenbahn. Insgesamt hat in Mannheim das Dienstleistungsgewerbe besser Fuß fassen können als in Ludwigshafen.
Noch besser steht jedoch Heidelberg da, wo weit über 80 Prozent der Beschäftigten in tertitären Bereichen tätig sind, davon alleine mehr als ein Viertel an der Universität inklusive Universitätsklinikum. Um die international renommierte Ruprecht-Karls-Universität, die in internationalen Rankings oftmals als beste deutsche Universität abschneidet, haben sich viele Start-Up-Unternehmen aus den Bereichen Hightech, IT und Biotechnologie als Spin-Offs angesiedelt – zusätzlich zu den beiden Global Playern im Druckmaschinenbau und in der Baustoffproduktion (gegründet 1850 bzw. 1874), die beide ihren Gründungsort Heidelberg im Namen tragen. Ein dritter Global Player ist ein im nahegelegenen Walldorf angesiedelter Unternehmenssoftware-Hersteller, der ebenfalls nach Heidelberg ausstrahlt. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf liegt in Heidelberg mit 62 300 Euro aufgrund der hohen Tertiärisierung allerdings unter der in Mannheim (72 500) und in Ludwigshafen (68 000), ist aber immer noch höher als im Landesdurchschnitt Baden-Württembergs (51 400) und in Deutschland insgesamt (46 300). Die Bevölkerung ist überdurchschnittlich gut ausgebildet und sehr international – auch und gerade mit Blick auf den Tourismus, der Heidelberg 2024 einen neuen Rekord von 940 000 Besucherankünften bescherte.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Kultur
Die Rhein-Neckar-Region ist geprägt durch die Nachbarschaft zweier Staaten, Frankreich und Deutschland, zwischen denen eine intensive grenzüberschreitende Zusammenarbeit besteht. Diese äußert sich zum Beispiel in Kooperationen beim grenzüberschreitenden Nahverkehr, den Pendelverkehrsbeziehungen und im Kulturaustausch innerhalb der Region, welcher sich beispielsweise in einer Zahl von über 230 Museen und 110 Theatern äußert. Zudem ist die Metropolregion mit vier UNESCO-Welterbestätten, über 120 Burgen und Schlössern, insgesamt drei Naturparks sowie zahlreichen Wein- und Volksfesten auch für Touristen attraktiv, was sich in der Dominanz des tertiären Sektors niederschlägt.