Überblick
Im Jahr 2022 war Rotterdam sowohl nach Güterumschlag als auch nach Containerumschlag der elftgrösste Seehäfen weltweit und weiterhin unangefochten der grösste Tiefwasserhafen Europas. Seit einigen Jahren versucht der Hafen mit zahlreichen Energiewende-Projekten einen CO<sub>2</sub>-neutralen Hafenbetrieb zu ermöglichen.Hafenausbau
Die Hafenanlagen erstrecken sich innerhalb und westlich der Stadt über ein Gebiet von rund 40 km Länge, der Schwerpunkt liegt auf der südlichen Uferseite. Das Hafengebiet lässt sich in drei grosse Bereiche unterteilen. Im Osten liegen die älteren Häfen am Ufer der 1872 fertiggestellten Neuen Maas (Nieuwe Maas). Westlich davon, am Neuen Wasserweg (Nieuwe Waterweg), liegen die vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren angelegten Erweiterungen, die heute das Kerngebiet von Europoort bilden. Der jüngste Teil des Hafengebiets ist die ab den 1970er-Jahren ins Meer gebaute Maasvlakte (Maasebene) im Mündungsbereich.Räumliche Gliederung
Durch den Ausbau der Hafen- und Industriegelände kam es zu einer räumlichen Trennung der umgeschlagenen Güter. Deren Hauptumschlagsarten finden sich in der Legende und der Nebengrafik: Containergut, Saug- und Schüttgut, Greifergut, Flüssiggut, Flüssigerdgas sowie Roll-on-roll-off Güter. Die Abfertigung von Containern konzentriert sich auf der Maasvlakte und auf einige wenige Bereiche am südlichen Ufer. Bei den grossen Containerschiffen, die auf interkontinentalen Strecken verkehren, erfolgt die Verladung auf der Maasvlakte. Die älteren Stückguthäfen wurden speziell für den Shortsea-Containerverkehr umgebaut.
Die Abfertigung von Massengütern geschieht vor allem in den jüngeren Hafenbereichen im Westen. Ein Drittel der Steinkohle und der sogenannten Agribulk-Produkte wie Getreide, Saatgut, Sojabohnen, Mais oder Tapioka gelangen über Rotterdam-Europoort auf die Märkte in Westeuropa; gleiches gilt für rund 45 % aller Erze, Schrottprodukte, Mineralstoffe und sonstigen Trockenmassengüter. Im Hafen sind fünf Erdölraffinerien von internationalem Rang sowie 45 Chemie- und Petrochemieunternehmen ansässig. Rotterdam gehört zu den wichtigsten Öl- und Chemiezentren der Welt. Die zunehmenden Schiffsgrössen haben in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass zur Maas-Mündung hin immer grössere und tiefere Hafenbecken angelegt wurden.
Wasserstrassen- und Verkehrsanbindung
Zwischen Rotterdam und Maasvlakte gibt es vier parallel zueinander liegende Gewässer: Von Norden nach Süden sind dies der „Neue Wasserweg“ für die Schifffahrt zwischen Nordsee und östlichem Hafengebiet, der „Calandkanal“ für die Seeschifffahrt von und nach Europoort, der „Hartelkanal“ südlich des Europoorts für die Binnenschifffahrt von und nach Europoort und schliesslich das von einem Grüngürtel umgebene „Brielse Meer“, das heute Erholungszwecken dient. Rotterdam verfügt über ein gut entwickeltes Netz von Wasserwegen, Pipelines, Eisenbahn- und Strassenverbindungen. Über Maas, Rhein und zahlreiche Kanäle erreichen die Binnenschiffe fast den gesamten Norden und Westen Europas.
Durch den Main-Donau-Kanal wurde das Rotterdamer Hinterland noch erheblich Richtung Mittel- und Südosteuropa vergrössert. Pipelines verbinden den Hafen mit Deutschland, Belgien und dem Süden der Niederlande. 2007 wurde eine 160 Kilometer lange Hochgeschwindigkeits-Güterbahnstrecke (Betuwe-Route) von der Maasvlakte bis zur deutschen Grenze fertiggestellt. Das Schienennetz dient vor allem der Beförderung von Containern und von Massengütern wie Eisenerz und Kohle.
Erweiterungen bis 2021
Das Hafengebiet ist allein in den letzten 50 Jahren erheblich gewachsen. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs umfasste es 1400 Hektar, 1975 waren es 7500 und 2022 bereits 12 600 Hektar. Der Umschlag stieg parallel dazu von 30 Mio. Tonnen im Jahr 1950 auf 225 Mio. Tonnen 1970 und schliesslich auf 464,4 Mio. Tonnen 2022; allein das Rohöl hatte daran einen Anteil von rund 98,2 Mio. Tonnen. Rotterdam ist zugleich mit einem Umschlagsvolumen von rund 14,5 Mio. TEU (Twenty Feet Equivalent Unit) im Jahre 2022 der wichtigste europäische Containerhafen.
„Maasvlakte 2“ soll zum neuen Spitzenstandort insbesondere für Containerumschlag, Logistik und chemische Industrie werden, dort haben schon 2013 die ersten Unternehmen den Betrieb aufgenommen. Mit einer Fahrwassertiefe von 23,5 Metern wird das neue Hafengebiet für die grössten derzeit verkehrenden Öltanker und Containerschiffe zugänglich sein.
Entwicklung zum Energiehafen
Schon um die Luftverschmutzung einzudämmen, wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Massnahmen getroffen, um vor allem die Freisetzung von Feinstaub zu reduzieren. Allerdings ist nicht die Industrie, sondern der Transport in Rotterdam die wichtigste Quelle der Luftverschmutzung.
Im Hafengebiet Maasvlakte 2 werden rund 1000 Hektar für die nicht nur tiefseeorientierte, sondern nachhaltige Hafenindustrie zur Verfügung gestellt. Das Hauptgewicht liegt auf der Anlage neuer Windparks und auf dem Import und der Produktion von „grünem“ Wasserstoff. Über Kabel wird bald Strom von den Offshore-Windparks in der Nordsee an Land transportiert werden. Eine in Bau befindliche, mit Windkraft betriebene „grüne“ Wasserstoffanlage soll zukünftig täglich 60 Tonnen Wasserstoff produzieren. Weitere Projekt sind unter anderem der Bau von Sonnenkollektoren, die Nutzung von Fernwärme aus der Industrie und die Anlage weiterer Bioraffinerien (vgl. Liste der Energiewende-Projekte für einen CO<sub>2</sub>-neutralen Hafenbetrieb). 2025 soll eine Wärmeleitung Restwärme aus den Hafenbetrieben von Rotterdam nach Den Haag transportieren.