Schweiz - Die Eidgenossenschaft in der Frühen Neuzeit (1536-1780)

Schweiz - Territoriale Entwicklung
978-3-14-100919-4 | Seite 38 | Abb. 2| Massstab 1 : 2000000

Überblick

Die Eidgenossenschaft der Dreizehn Orte bildete in der Frühen Neuzeit kein kompaktes Territorium. Die Karte zeigt einen Flickenteppich, bestehend aus den Dreizehn Orten, den Gemeinen Herrschaften sowie den zugewandten Orten. Letztere befanden sich teilweise in einiger Entfernung vom eidgenössischen Territorium, so beispielsweise Mülhausen oder Rottweil.

Die Landorte und Stadtorte der frühneuzeitlichen Eidgenossenschaft

Die Dreizehn Orte ihrerseits waren in Landorte und Stadtorte unterteilt. In den Landorten bildete die Landsgemeinde, also die Versammlung der Landbewohner mit Bürgerrecht, die oberste Staatsgewalt. Dies war der Fall in Uri, Schwyz, Unterwalden, Glarus und Appenzell. In den Stadtorten war die Bürgerschaft der Stadt politisch bestimmend. Zu den Stadtorten gehörten Zürich, Bern, Luzern, Freiburg, Solothurn, Basel und Schaffhausen, die jeweils noch Untertanengebiete besassen. Zug bildete in dieser Hinsicht einen Sonderfall und war sowohl Land- als auch Stadtort. Gesandte der Dreizehn Orte versammelten sich in der Tagsatzung, die an unterschiedlichen Orten, häufig jedoch in Baden und Frauenfeld, zusammenkam. Teilweise hatten auch die zugewandten Orte dort einen Sitz und eine Stimme. Die Tagsatzung hatte jedoch nur eingeschränkte Kompetenzen, da die meisten politischen Entscheidungen bei den einzelnen Orten und nicht bei der Eidgenossenschaft als Ganzem lagen.

Die Auswirkungen der Reformation

Durch die Reformation kam es im 16. Jahrhundert zur konfessionellen Spaltung des Bündnisses. Die Stadtorte Zürich, Bern, Basel und Schaffhausen sowie die zugewandten Orte St. Gallen, Biel, Mülhausen, Neuenburg und Genf schlossen sich der Reformation an. Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, die Städte Luzern, Freiburg und Solothurn sowie die zugewandten Orte Wallis, Rottweil, die Fürstabtei St. Gallen und das Fürstbistum Basel blieben dagegen beim alten Glauben. Es gab auch Gebiete, wo einzelne Gemeinden über ihren Glauben bestimmten, so dass innerhalb des Territoriums künftig beide Konfessionen vorhanden waren. Beispiele sind Appenzell und Glarus sowie verschiedene Gemeine Herrschaften und zugewandte Orte. Appenzell spaltete sich am Ende des 16. Jahrhunderts aufgrund konfessioneller Konflikte schliesslich in das katholische Innerrhoden und das protestantische Ausserrhoden. Die konfessionelle Aufteilung der Eidgenossenschaft im Zeitalter der Reformation zeigt sich in vielen Orten bis heute, wie ein Blick auf Karte 41.4 zeigt. Sie war auch eine der Ursachen für verschiedene innereidgenössische Konflikte, die teilweise in Kriegen ausgetragen wurden.

Die Eidgenossenschaft im Zeitalter des Absolutismus

Das kleinräumig gegliederte Bündnis, das sich auf der Karte der Frühen Neuzeit wie ein Mosaik aus unterschiedlichsten Stücken präsentiert, zeigt die Grenzen der Staatsbildung in der Alten Eidgenossenschaft auf. Lokale Konflikte konnten unter Umständen rasch in einem gesamteidgenössischen Kriegsfall enden. Im Westfälischen Frieden von 1648, der das Ende des Dreissigjährigen Krieges bedeutete, erreichte die Eidgenossenschaft die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit vom Heiligen Römischen Reich. Im nun beginnenden Zeitalter des Absolutismus scheiterten jedoch alle Reformen, die das Staatswesen in Richtung Zentralisierung lenken wollten. So bewahrte die Eidgenossenschaft weitgehend ihren spätmittelalterlichen Charakter, der sich stark auf lokale Strukturen und Bündnisse stützte und den einzelnen Gebieten eine grosse politische Selbstständigkeit ermöglichte. Obwohl zahlreiche zugewandte Orte französisch-, italienisch- oder rätoromanischsprachig waren und sich auch verschiedene gemeine bzw. gemeinsame Herrschaften in der Westschweiz und im Tessin befanden, war die Eidgenossenschaft vor allem ein deutschsprachiges Gebilde. Der mehrsprachige Staat entstand erst 1798, als die Alte Eidgenossenschaft schliesslich durch das Eingreifen Frankreichs aufgelöst und mit militärischer Gewalt die zentralistische Helvetische Republik eingeführt wurde.

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