Südasien, Ostasien und Südostasien - Bevölkerungsschwerpunkt der Erde

Asien - Bevölkerungsschwerpunkt der Erde
978-3-14-100940-8 | Seite 106 | Abb. 1 | Maßstab 1 : 30000000

Überblick

Asien beherbergt mit knapp 4,8 Milliarden so viele Menschen wie kein anderer Kontinent. Gleich sechs asiatische Länder – Indien, China, Indonesien, Pakistan, Bangladesch und Russland – gehören zu den zehn bevölkerungsreichsten Staaten der Erde mit jeweils deutlich mehr als 100 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Eine besonders starke Bevölkerungskonzentration gibt es in einem breiten, V-förmigen Bogen, der sich vom indischen Subkontinent über Südostasien bis Ostasien erstreckt (unterbrochen nur von den Hochgebirgsketten im Osten und Süden Chinas). Hier liegen die beiden bevölkerungsreichsten Staaten der Erde – Indien mit 1,44 Mrd. und die Volksrepublik China mit 1,43 Mrd. Einwohnerinnen und Einwohnern – in denen zusammen rund ein Drittel der Weltbevölkerung lebt.

Siedlungszentren und Ungunstgebiete

In einem deutlichen Kontrast zu dem süd-, südost- und ostasiatischen Dichtegürtel stehen Regionen, in denen die naturräumlichen Bedingungen, insbesondere klimatische Ungunst und periphere Lage, eine dichte Besiedlung verhindert haben. Zu diesen Gebieten zählt neben dem spärlich besiedelten Nordasien auch das klimatisch benachteiligte und äußerst dünn besiedelte Zentralasien mit seinen Steppen, Wüsten und Gebirgen, in denen die Böden für die landwirtschaftliche Nutzung zu trocken oder felsig sind. In diesen Gebieten gibt es allenfalls eine punktuelle oder inselhafte Besiedlung, zumeist in der Nähe bedeutender Bodenschätze, entlang großer Verkehrslinien (zum Beispiel Transsibirische Eisenbahn, Baikal-Amur-Magistrale), in vereinzelten Oasen oder regional begrenzten Beckenlandschaften.

Das ehemals vollständig mit tropischen Regenwäldern bedeckte Landesinnere des festländischen Südostasiens (wie beispielsweise das Mekong-Einzugsgebiet) und die großen Inseln im Malaiischen Archipel (wie Sumatra, Borneo) werden zunehmend erschlossen und besiedelt. In diesen Gebieten steigt die Bevölkerungsdichte. Innerhalb Südostasiens tritt der agrarische Gunstraum Java mit den höchsten Bevölkerungsdichten hervor; besonders augenfällig ist hier der Unterschied zu den anderen Inseln Indonesiens.

Auffällig in Süd-, Südost- und Ostasien ist die Konzentration großer Metropolen. Im Ranking der größten Ballungsräume der Welt werden viele der vorderen Plätze von Mega-Städten in Asien belegt (s. 185.4): Tokio, Delhi, Shanghai, Mumbai, Dhaka, Jakarta, Seoul, Kalkutta, Manila und andere. Im Perlflussdelta rund um Guangzhou und Hongkong wuchs in nur wenigen Jahrzehnten ein neuer polyzentrischer Ballungsraum heran, der mit 62 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern Tokio vom ersten Rang als größter städtischer Ballungsraum der Welt verdrängt hat.

Wie ein Vergleich mit den Einwohnerzahlen von 2000 belegt (s. 100.2), haben alle genannten Städte – und noch viele andere in der Region – ihre Einwohnerzahlen deutlich gesteigert. Der wichtigste Grund dieser Entwicklung ist das für viele Schwellenländer und Länder des Globalen Südens charakteristische Stadt-Land-Gefälle, das den Verstädterungsprozess in diesem Teil Asiens stark beschleunigt hat, selbst wenn die Raten in den letzten zwei Jahrzehnten spürbar zurück gegangen sind. In China beispielsweise lebten 1980 weniger als 30 Prozent der Bevölkerung in Städten, heute ist es mit fast 65 Prozent das Doppelte (s. 184.3).

Wachstumsprognosen und Entwicklungsprobleme

Da Süd- und Südostasien zu den Wachstumskernen der Weltwirtschaft gehören, wird sich der Trend zur Verstädterung fortsetzen. China, in den 1980er-Jahren ein noch unterentwickeltes Land, heute nach den USA die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde (und kaufkraftbereinigt seit 2016 die größte Volkswirtschaft), hat durch die Ein-Kind-Politik ab 1979 sein explosionsartiges Bevölkerungswachstum gebremst und Anfang der 2020er-Jahre seinen Status als bevölkerungsreichster Staat der Erde an Indien verloren. Gegenwärtig verändert sich die Altersstruktur Chinas stark. Das Land steht vor großen demographischen und sozialen Herausforderungen: Trotz der Abkehr von der Ein-Kind-Politik sinkt die Zahl der jungen Leute, die Zahl der alten Menschen steigt dagegen; ab dem Jahr 2040 könnte Chinas Bevölkerung sogar schrumpfen. Zwischen den Geschlechtern besteht ein gravierendes Missverhältnis. So kamen zum Beispiel 2011 auf 100 Geburten eines Mädchens 118 Geburten eines Jungen, da die Geburt eines Jungen als sozial erstrebenswerter gilt und es nicht selten zu gezielten Abtreibungen kommt. Wirtschaftlich bedeutsam ist, dass die Ausgaben für Renten in Zukunft stark steigen, die Zahl der Arbeitskräfte aber zurückgehen wird.

Indien zählt ebenfalls zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Erde. Das Land verzeichnet mit seiner sehr jungen Bevölkerung den derzeit höchsten Bevölkerungszuwachs weltweit. Dieser Trend wird sich auch in den nächsten Jahren kaum abschwächen. Ursache dafür ist nicht die hohe Geburtenrate – die mit 9,5 Geburten pro 1000 Einwohner kaum noch über dem Weltdurchschnitt von 8,7 liegt (2023) –, sondern eine deutlich gestiegene Lebenserwartung und eine sehr junge Bevölkerung, also eine große potenzielle Elterngeneration.

Die Binnenwanderung vom Land in die städtischen Ballungszentren führt, da sie meist unkontrolliert verläuft, zu gravierenden sozialen Problemen. Viele Millionen Menschen leben in Süd- und Südostasien in wilden Slums ohne hygienische Standards, medizinische Versorgung, Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten. In China gibt es inzwischen über 290 Mio. Wanderarbeiter, die mehr als ein Drittel aller Erwerbstätigen stellen. In vielen Staaten Süd- und Südostasiens leidet ein erheblicher Anteil der Bevölkerung noch immer unter absoluter Armut (s. 190.1) und chronischer Unterernährung (s. 191.3).

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Diercke

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