Südasien - Religionen

Südasien - Raumstrukturen
978-3-14-100919-4 | Seite 163 | Abb. 4| Massstab 1 : 36000000

Überblick

Nur in wenigen Erdregionen gibt es eine ähnlich ausgeprägte religiöse Vielfalt wie auf dem indischen Subkontinent. Der Hinduismus ist in Südasien am weitesten verbreitet. Er zählt fast doppelt so viele Anhänger wie alle anderen Religionen zusammen. An zweiter Stelle folgt der Islam. Weitere, etwa gleich stark vertretene Glaubensgemeinschaften in Südasien sind Buddhisten, Christen und Sikhs.

Religionsgruppen nach Ländern

In den absoluten Zahlen für den Subkontinent wirken sich vor allem die Verhältnisse in Indien aus. Dort leben fast 1,1 Mrd. Hindus, etwa 95 Prozent der hinduistischen Weltbevölkerung. Zugleich beherbergt das Land etwa 70 Prozent der in Südasien lebenden Christen und die beiden ausschliesslich hier ansässigen Religionsgemeinschaften der Sikhs und Jainas. Die grösste religiöse Minderheit bilden die Muslime, zu denen sich 15 Prozent der Bevölkerung, in absoluten Zahlen 213 Mio. Inder zählen.
Ein vollkommen anderes religiöses Gesicht zeigt das 1947 aus den islamischen Regionen Indiens entstandene Pakistan, in welchem der Islam zur Staatsreligion erhoben worden ist. Etwa 96 Prozent der Bevölkerung, rund 239 Mio. Menschen, bekennen sich zum muslimischen Glauben. Die mit Abstand meisten von ihnen zählen sich zu den Sunniten, 10–15 Prozent gehören zu den Schiiten oder zu noch kleineren muslimischen Splittergruppen. Zu den religiösen Minderheiten im Land zählen die Christen und die Anhänger des Hinduismus (in Summe 3,5 Prozent).
Auch in dem seit 1972 von Pakistan unabhängigen Bangladesch ist der Islam Staatsreligion. Etwa 88 Prozent der Bevölkerung von insgesamt 167 Mio. sind Muslime, vor allem Sunniten. Die mit Abstand grösste religiöse Minderheit stellen die Hindus.
Nepal war bis 2007 das einzige hinduistische Königreich der Welt (heute Republik). 81 Prozent der rund 31 Mio. Menschen umfassenden multiethnischen Bevölkerung aus Madhesi, Chhetri, Bahun, Tharu, Magar, Sherpa, Newar, Tamang, Rai und diversen anderen Völkerschaften gehören zu den Hindus. Die grössten religiösen Minderheiten sind die der rund Buddhisten (9 Prozent) und die Muslime (4 Prozent).
Die beiden mit Abstand kleinsten Staaten der Region, Sri Lanka und Bhutan, sind, neben Myanmar, die einzigen mit buddhistischen Mehrheiten. In Sri Lanka bekennen sich 70 Prozent der rund 23 Mio. Menschen zum Buddhismus. Zum Hinduismus bekennen sich rund 13 Prozent, zum Islam rund 10 Prozent der Gläubigen. Die Christen bilden eine kleine Minderheit (1 Prozent). Im Zwergstaat Bhutan, dessen Landesfläche kleiner ist als die von Niedersachsen, bekennen sich etwa 75 Prozent der Bevölkerung von 876 000 Menschen zum Buddhismus und 22 Prozent zum Hinduismus. Im 58 Mio. Menschen zählenden Myanmar bekennen sich 88 Prozent zum Buddhismus, 6 Prozent sind Christen und 4 Prozent Muslime.

Jainas und Sikhs

Jaina, „Sieger“, ist ursprünglich der Ehrentitel der 24 Kirchenstifter des Jainismus, deren letzter, Vardhamana Mahavira, etwa zeitgleich mit Siddhartha Gautama, genannt Buddha, um 500 v. Chr. lebte. Nach seiner Lehre ist die Welt ewig; sie wird von keinem Gott regiert. Sie unterliegt einzig dem Gesetz des Karma, welches als in die Seele einströmende Materie verstanden wird. Sittliches Handeln, Askese und Meditation führen zu einer allmählichen Läuterung der Seele in zahlreichen Wiedergeburten. Ist alle Materie aus der Seele geschwunden, so steigt sie als reingeistiges Individuum, frei von Unwissenheit und Begierde, dem Wesenskreislauf und allem Irdischen entzogen, zum Gipfel der Welt.
Zur eigentlichen Gemeinde zählen nur Mönche und Nonnen, die durch strenge Askese den Einfluss des Karma beseitigen und in den Wesenskreislauf eingehen wollen. Die Laien-Anhänger sind nur an bestimmte sittliche Gebote gebunden, besonders an das des Ahimsa. Sie sollen keine Berufe ausüben, die mit der Tötung von Tieren verbunden sind und Vegetarismus pflegen. Trotz ihrer geringen Zahl von etwa sechs Millionen Gläubigen üben die Anhänger des Jainismus in Indien grossen Einfluss aus.
Der Sikhismus wurde im 15. Jahrhundert von dem Wanderprediger Nanak als eine religiöse Reformbewegung gegründet, die Hindus und Moslems auf der Grundlage eines bilderlosen Monotheismus zu einigen suchte. Unter seinen ersten acht Nachfolgern, den Gurus, breitete sich der Sikhismus im Punjab aus und schuf sich mit dem überwiegend aus Gedichten der Gurus bestehenden Adi Granth eine heilige Schrift. Erst der zehnte und letzte Guru, Gobind Singh, gab den Sikhs im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert eine straffe militärische Organisation und liess sie alle ihrem Namen den Titel Singh („Löwe“) zufügen. Seit dieser Zeit tragen die meisten männlichen Sikhs ein Schwert.
Kerngebiet der Sikhs ist das Punjab. Als der indische Subkontinent 1947 entsprechend den Religionszugehörigkeiten in Indien und Pakistan geteilt wurde, wurden die Sikhs aus dem pakistanischen West-Punjab vertrieben. Basierend auf einer eigenen Sprache und einer eigenen Religion entwickelte sich in Indien ein Sikh-Nationalismus, der 1966 zur Entstehung des Bundesstaates Punjab führte.

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