Südostanatolien - Bewässerungsprojekt (westlicher Teil)

Türkei - Brücke zwischen Europa und Asien
978-3-14-100900-2 | Seite 147 | Abb. 3| Maßstab 1 : 1500000

Überblick

Die Karte zeigt einen kleinen Ausschnitt aus dem „Fruchtbaren Halbmond“, einer Übergangsregion zwischen Gebirgen und Wüste, die über Jahrtausende durch degradierte Wälder und Weideland, Regenfeldbau und Halbnomadismus geprägt war. Der türkische Teil, wo rund neun Millionen Menschen leben, hat sich in den letzten Jahrzehnten vor allem durch das staatliche Südostanatolienprojekt grundlegend gewandelt.

Das Südostanatolienprojekt

Im Rahmen des Südostanatolienprojekts (GAP) wurden an Euphrat und Tigris große Stauseen angelegt. Sie sind Grundlage heutiger Energiegewinnung und Bewässerungslandwirtschaft in der Region. Kritiker weisen unter anderem auf den Verlust kulturhistorisch wertvoller Orte (z. B. das am Tigris gelegene Hasankeyf), Umsiedlungen, ökologische Probleme im Zusammenhang mit der Bewässerung und die Notwendigkeit zwischenstaatlicher Zusammenarbeit bei der Bewirtschaftung der Wasserressourcen hin.

Entwicklungsschwerpunkt Energiegewinnung

Im Vordergrund der Bemühungen zur Entwicklung Südostanatoliens stand ab den 1960er-Jahren zunächst die Energiegewinnung aus Wasserkraft, um die Stromversorgung der rasch wachsenden türkischen Bevölkerung zu gewährleisten. Am Euphrat entstanden der Keban-Damm und der südlich anschließende Karakaya-Damm. Beide sind Grundlage großer Wasserkraftwerke, deren Gesamtleistung mit den größten deutschen Braunkohlenkraftwerken vergleichbar ist. Die Stromproduktion begann 1974 bzw. 1987. Seitdem wurde die Energiegewinnung mit weiteren Staudämmen stetig ausgebaut, der größte von über 20 geplanten Seen ist der Atatürk-Stausee (Einstau ab 1990) mit der etwa 1,5-fachen Fläche des Bodensees. Dieser dient, neben der Stromerzeugung, auch maßgeblich der Bewässerung landwirtschaftlicher Nutzflächen.

Gewinnung von Bewässerungsland

Denn die Grundlage für eine intensive landwirtschaftliche Nutzung, wie sie das Südostanatolienprojekt vorsieht, ist angesichts des kontinentalen Klimas der Region die künstliche Bewässerung. Das Kerngebiet der Anbaufläche, das bewässert werden soll, bestand am Anfang aus 50 000 Hektar Land nahe der syrischen Grenze. Das Wasser des Euphrat wurde durch kilometerlange Kanäle in die Ebene von Harran geleitet. Die Bewässerung war anfangs ein Erfolg: Die ehemalige Halbwüste der südanatolischen Ebene zählt heute zu den wichtigsten Ackerbaugebieten der Türkei.

Um die Bewässerungsgebiete mit Wasser zu versorgen, wurde ein System aus Überleitungsstollen, Pumpstationen und Bewässerungskanälen gebaut, das bis zu 200 Kilometer überbrückt. Angebaut werden heute vor allem Baumwolle (siehe Anbaurad), da mit ihr die höchsten Renditen erzielt werden können, und Weizen.

Doch das viele Wasser brachte aufgrund unangepasster Bewässerungstechniken auch Probleme mit sich: Die hohen Ernteerträge der ersten Jahre gingen rapide zurück, inzwischen sind rund 15 Prozent der Ebene für den Ackerbau unbrauchbar. Grund ist die Versalzung der Böden: Das Wasser löst Salze aus dem Erdreich und wird von Kapillarkräften an die Erdoberfläche gezogen, wo es in der sengenden Sonne Anatoliens verdunstet. Zurück bleibt das Salz, das im Laufe der Zeit eine weißliche Schicht auf den Äckern bildet.

Wasserkonflikte am Unterlauf der Flüsse

Am Oberlauf von Euphrat und Tigris liegend, bestimmt die Türkei maßgeblich, wie viel Wasser Syrien und der Irak bekommen. Der Bau der Staudämme trägt daher zu den seit Jahrzehnten bestehenden politischen Spannungen zwischen den Ländern bei.

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Diercke

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Südostanatolien - Bewässerungsprojekt (westlicher Teil)
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