Seoul - Megastadt

Asien - Wirtschaft
978-3-14-100900-2 | Seite 177 | Abb. 2| Maßstab 1 : 500000

Überblick

Südkorea hat seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 eine rasante Entwicklung durchlaufen, welche maßgeblich auf einer exportorientierten Industrialisierung basierte. Eine wichtige Rolle spielte beim Aufschwung die wachsende Metropolregion Seoul, in welcher heute rund die Hälfte der knapp 52 Millionen Menschen umfassenden Bevölkerung lebt.
Seouls wirtschaftliche Erfolgsgeschichte begann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: 1910 hatte die damals beschauliche Hauptstadt eine Bevölkerungszahl von kaum 200 000 Menschen. Nach dem Korea-Krieg von 1950 bis 1953 war Seoul eine einzige Ruine, nach der anschließenden Teilung der koreanischen Halbinsel zählte Südkorea zu den ärmsten Ländern der Welt.

Wirtschaftlicher Aufschwung durch die Industrialisierung

Spätestens ab 1961 begann nach der Wahl von Park Chung-hee zum Präsidenten für Südkorea jedoch der wirtschaftliche Aufschwung. Denn auch wenn Park seine Macht bis zu seiner Ermordung 1979 mit fragwürdigen Mitteln erhielt, legte er doch mit einer auf die exportorientierte Industrie getrimmten Wirtschaftspolitik den ökonomischen Grundstein für die heutige wirtschaftliche Stärke Südkoreas.
In dieser Zeit entstanden die „Chaebol“, riesige, vom Staat unterstützte, Mischkonzerne in Familienhand. Zu den bekanntesten von ihnen zählen heute einige der weltweit größten Konzerne wie Samsung, Hyundai oder das Elektronikunternehmen LG, welche alle ihren Firmensitz in Seoul haben.
Südkorea öffnete sich immer stärker für ausländische Direktinvestitionen und setzte auf eine bessere Integration in den Weltmarkt: Inzwischen 16 Freihandelsabkommen mit insgesamt 58 Ländern haben Südkorea zu einem der größten Warenexporteure der Welt gemacht (Platz sechs 2016).
Wirtschaftswachstum und zunehmend Globalisierung spiegelten sich auch in der Austragung der Olympischen Sommerspiele 1988 in Seoul wider, wo 2002 dann auch Spiele der Fußball-WM stattfanden.

Veränderungen im Stadtbild

Das schnelle Wirtschaftswachstum und die expansive Bevölkerungsentwicklung Südkoreas prägten maßgeblich das Stadtbild seiner Hauptstadt. Seoul besteht seit mehr als 600 Jahren, jedoch wurden die historischen Stadträume, die den Krieg überdauerten, in den vergangenen Jahrzehnten durch eine radikale Stadtumbaupolitik zu einem modernen Stadtzentrum umgewandelt. Selbst von den Strukturen zu Beginn des Modernisierungsprozesses in den 1960er-Jahren ist kaum etwas erhalten geblieben. Es entstanden neue Bürogebäude in den städtischen Zentren und zahlreiche Apartment-Komplexe überall in den verschiedenen Stadtteilen. Da sich diese jedoch nur noch Menschen mit mittlerem bis hohem Einkommen leisten konnten – Seoul selbst hatte 2022 eine Bevölkerung von „nur“ rund 9,45 Mio. Menschen – wurden die unteren sozialen Schichten zunehmend verdrängt. Es bildeten sich neue (Wohn-)Städte in der Umlandregion mit teilweise deutlich geringeren Lebensstandards, zum Beispiel bei ihrer Anbindung an das städtische Wasser-, Abwasser- und Verkehrsnetz. Viele der Trabantenstädte verzeichneten ein rasantes Wachstum; Incheon, Suwon und Goyang sind heute ebenfalls Millionenstädte. Neue bzw. erweiterte Hauptverkehrsstraßen vernetzten die heute als Sudogwon bezeichnete Metropolregion, deren Bevölkerung rund 22 Millionen Menschen umfasst. Aktuell wird ein äußerer Autobahnring gebaut, der so groß angelegt ist, dass nur sein Nordwest-Abschnitt auf der Karte zu sehen ist.
Kulturelle, landwirtschaftliche und ökologische Nutzungskonflikte wurden bei dem expansiven Wachstum weitgehend ignoriert. Schon 2014 warnte die Weltgesundheitsorganisation beispielsweise vor erhöhten Feinstaubwerten in Seoul. Die Luftverschmutzung kann speziell während der Frühlingsmonate durch den sogenannten Gelben Sand – ein meteorologisches Phänomen, bei welchem Sand aus den Wüsten der Mongolei, Nordchinas und Kasachstans in Wolken nach Ostasien weht – verstärkt werden.

Demographische Herausforderungen

Und das sind nicht die einzigen Probleme, welche die Industrialisierung und Expansion Seouls mit sich brachte: Wie viele industrialisierte Volkswirtschaften steht Südkorea – und speziell seine dicht besiedelte Hauptstadt – vor enormen demographischen Herausforderungen. Mit 0,72 Kindern je Frau (Stand 2023) liegt die Geburtenrate noch unter der von Deutschland (1,35), während die Lebenserwartung mit 83,5 Jahren die hiesige noch übertrifft. Hohe Altersarmut und allgemein zunehmende Einkommensunterschiede könnten die Konsequenz sein.

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Diercke

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