Überblick
Die Republik Irland hat in den letzten Jahrzehnten eine wirtschaftliche Berg- und Talfahrt erlebt. Durch einen steilen ökonomischen Aufschwung avancierte das einstige „Armenhaus Europas“ in den 1990er-Jahren zum „keltischen Tiger“, einem Einwanderungsland mit hohen Wachstumsraten und einem sprunghaft steigenden Pro-Kopf-Einkommen. Der Aufschwung endete abrupt mit Beginn der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008. Die Folge war ein ökonomischer Einbruch, der aufgrund des aufgeblähten Banken- und Immobiliensektors und einer Schuldenkrise staatsbedrohende Ausmaße hatte; die Arbeitslosenrate stieg zwischenzeitlich auf 14,7 Prozent (2012). Nur mühsam konnte Irland die Rezession stoppen, inzwischen verzeichnet es wieder ein bescheidenes Wachstum, die Arbeitslosenquote sank bis Anfang 2014 auf 11,9 Prozent.
Shannon – Gründung und Entwicklung
Shannon liegt im agrarisch geprägten Westen der Republik Irland, 220 Kilometer von der Hauptstadt Dublin und 25 Kilometer von der Provinzhauptstadt Limerick entfernt. Der Industriepark, ein Teil der Freihandelszone des 1947 fertiggestellten Shannon-Flughafens, wurde 1958 eingerichtet. Ein wichtiges Ziel bei der Anlage des Industrieparks war es, die Zukunft des Flughafens zu sichern, der durch die immer größere Reichweite moderner Flugzeuge seine einstige Bedeutung als Stützpunkt für Transatlantikflüge immer stärker verlor. Seine Erhaltung war umso wichtiger, als die „Industrial Development Authority“, die irische Wirtschaftsförderungsagentur, das raumplanerische Ziel verfolgte, die ökonomische Entwicklung speziell im agrarischen Westen, der „Peripherie in der Peripherie“, durch gezielte Regionalpolitik voranzutreiben.
Bereits in der ersten Dekade entstanden im Shannon-Industriepark etwa 4000 Arbeitsplätze. Nach einem kurzen Einbruch und konjunkturellen Schwankungen legte die Zahl der Beschäftigten ab Mitte der 1980er-Jahre weiter zu, in der größten Boom-Phase unmittelbar vor der Jahrtausendwende stieg sie auf weit über 7000 an (vgl. Diagramm).
Die Anziehungskraft der „Shannon Free Zone“ und des Industrieparks äußerten sich auch darin, dass ab 1960 unmittelbar angrenzend eine neue Stadt entstand. Während in der Frühphase des Wachstumspols noch Pendler überwogen, wuchs Shannon Town so schnell, dass die Zahl seiner Einwohner schon Mitte der 1970er-Jahre die der Beschäftigten im Industriepark überschritt. Mitte der 1990er-Jahre stagnierte das Stadtwachstum ein wenig, weil das nahe gelegene Limerick für viele leitende Angestellte attraktiver wurde, doch ab Mitte der 2000er-Jahre legten die Einwohnerzahlen wieder zu.
Ein internationaler Standort
Irland als wenig industrialisiertem Land war in der Gründungsphase daran gelegen, mit dem Industriepark und dem Standortvorteil einer Freihandelszone (in der Importe und Exporte zollfrei blieben), Knowhow aus dem Ausland anzuziehen. Die Flughafennähe lockte zunächst Unternehmen aus den Bereichen Maschinenbau und Feinmechanik, Elektronik und Flugzeugtechnik an. Im Laufe der Jahre kamen Software- und Computerfirmen, Logistik- und Medienunternehmen und andere Dienstleister hinzu. Auch die irische Billigfluggesellschaft Ryanair nutzt Shannon als eine ihrer Basen.
Auffallend ist, dass sich die Betriebe im Industriepark nur zum Teil in irischem Besitz befinden; überwiegend handelt es sich um Unternehmen mit Hauptsitz im restlichen Europa bzw. in Nordamerika. Etwa die Hälfte der Unternehmen stammt aus den USA. Wichtige Gründe für deren Standortwahl war zumeist, dass sie mit dem Standort Shannon einen zollfreien Zugang zum europäischen Markt erhielten, dass sie von den Vorteilen der Freihandelszone profitieren konnten und nicht zuletzt, dass in Irland wie auch in den USA Englisch gesprochen wird. Hinzu kommt die im EU-Vergleich für Unternehmen sehr vorteilhafte Steuergesetzgebung in Irland.
Entwicklungspool für den irischen Westen
Industriepark und Shannon Town wurden als regionaler Entwicklungspol zur Förderung des irischen Westens gegründet. Diese regionalplanerische Intention konnte nur erfolgreich sein, weil der Standort auch aus unternehmerischer Sicht Vorteile bot. Hier spielten vor allem vier Faktoren eine entscheidende Rolle:
• die für ausländische Firmen international günstige Verkehrslage am Flughafen,
• die staatlichen Fördermaßnahmen mit betriebswirtschaftlich wirksamen Kostenersparnissen (Industriepark, Freihandelszone, sonstige Steuervergünstigungen),
• die staatlichen Subventionen für die Unternehmen (s. Karte) und
• das vorhandene Arbeitskräftepotenzial, das durch die Anlage der Neustadt begünstigt wurde.
Daneben bot der Industriepark vor allem kleineren und mittelständischen Unternehmen eine Reihe von strategischen und betriebswirtschaftlichen Vorteilen, etwa durch den Bau von Mietfabriken, eine gute infrastrukturelle Erschließung (hervorragende Straßenerschließung und Verkehrsanbindung, Energieversorgung, Entsorgung usw.), aber auch durch die Realisierung von ökonomischen Effekten, die sonst nur in Großbetrieben möglich sind (z. B. durch Einrichtungen zur gemeinsamen Nutzung wie Kantinen oder Lehrwerkstätten, die allen Betrieben zur Verfügung stehen).
Aktuell zeigt sich bei wirtschaftlichen Kennziffern wie der Handelsbilanz und der Beschäftigtenzahl eine deutliche Delle (s. Grafik). Es ist ein Trend weg von arbeitsintensiven Prozessen zu beobachten, denn trotz der in den 2000er-Jahren stark angestiegenen Handesbilanz stagniert die Zahl der Beschäftigten seit dem Jahr 2000. Ab 2009 macht sich bei beiden Indikatoren die Euro- und Finanzkrise durch starke Rückgänge bemerkbar.