Überblick
Die südostasiatische Wirtschaftsmetropole Singapur zählt eine Bevölkerung von 5,6 Mio. Menschen (2022). Der Containerhafen ist der zweitgrößte weltweit (2020: Umschlag 36,8 Mio. TEU), übertroffen nur von Shanghai (43,5 Mio. TEU).Vom Provinzort zur Metropole
Seit 1965 ist Singapur ein souveräner Staat. In den ersten Jahren der Eigenständigkeit hatte das Land mit inneren Unruhen, Massenarbeitslosigkeit sowie Mangel an Land und Rohstoffen zu kämpfen. Wirtschafts-, Stadt- und Raumentwicklungspläne mit der Zielsetzung einer westlich orientierten Industriegesellschaft wurden ab 1961 im südwestlichen Sumpfgebiet der Hauptinsel eingeleitet. Dort entstanden auf 6 000 Hektar rund 1 700 Firmen mit 115 000 Beschäftigten. Im Hafenbereich konnten die Versorgungsbasen für die Offshore-Technik im südostasiatischen Raum angesiedelt werden. Die Grundlagen für eine günstige Wirtschaftsentwicklung waren damit gelegt.
Die rasante Entwicklung zum globalen Wirtschaftszentrum wurde durch eine Reihe von Standortvorteilen begünstigt. Dazu zählt die günstige Lage an einem Knotenpunkt des Seeverkehrs zwischen dem Indischen Ozean, dem Südchinesischen Meer und der Javasee, dem bevorzugten Seeweg zwischen Europa und Ostasien (s. 206.1, 284.1). Als weiterer Vorteil erwies sich die politische Stabilität, die eine langfristige Wirtschaftsentwicklung ermöglichte und ausländische Investoren sowie Arbeitskräfte anzog. Ein weiterer Faktor war der hohe Anteil der chinesischen Bevölkerung, die mit Fleiß, Arbeitsdisziplin und zunächst niedrigen Löhnen vielen Betrieben gute Startbedingungen boten.
Der Industrieboom löste eine Kettenreaktion im Dienstleistungssektor aus, die sich in der Entwicklung der Stadt zu einem Bankenzentrum und zu einem bevorzugten Sitz von Versicherungs- und Logistikunternehmen manifestierte. Gleichzeitig erlebte die Touristikbranche in den vergangenen Jahrzehnten einen Boom: 2019 wurden 19,1 Mio. Ankünfte registriert.
Entwicklung auf engem Raum
Die gewaltige Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung auf einer Fläche von nur 641 km² (zum Vergleich: Hamburg 755 km²) spiegelt sich in der dynamischen Raumentwicklung Singapurs wider. Die zunächst zu hohe Bevölkerungsdichte und die damit einhergehende Slumbildung im Stadtzentrum führten ab den 1960er-Jahren zur Dezentralisierung und einem radikalen Stadtumbau.
Als wesentliche Elemente der Initialphase der modernen Stadtentwicklung nach 1965 lassen sich ausmachen:
der radikale Stadtumbau im historischen Citybereich zugunsten von Verwaltungssitzen, Dienstleistungs-, Bank- und Einkaufszentren sowie Hotelkomplexen,
die Ausdehnung der Siedlungsgebiete durch die Gründung neuer Städte mit modernen Wohnblocks und Kleinwohnungen für einkommensschwache Familien, deren Entwicklung von reinen Wohn- bis hin zu eigenständigen Satellitenstädten verlief,
die Anlage neuer Industrie- und Gewerbegebiete und die Gewinnung von Neuland zwecks weiterer Industrieansiedlungen mit Schwerpunkt im westlichen Hafengebiet (Jurong),
der Ausbau der Infrastruktur durch Stadtautobahnen, Flughäfen (insbesondere Changi), ein Schnellbahnsystem und ein dichtes Busnetz,
die Erhaltung eines grünen Inselkerns mit tropischem Regenwald, der Mangroven entlang der Arme der Johorstraße und des naturnahen Zustandes einiger kleiner Inseln (Ubin, Tekong),
die Ausweisung von speziellen Gebieten zur Erholung sowie
die Gewinnung von Neuland vor allem im Westen des Stadtgebiets (Erweiterungsflächen des Hafens), im Osten (am Flughafen Changi) und im Bereich des Ostarmes der Johorstraße.
Wirtschaft
Die wichtigsten Industriebranchen des Landes sind die Elektronik- und Halbleiterindustrie, die Erdöl verarbeitende Industrie bzw. Chemie sowie Metallverarbeitung und Schiffsbau (s. 206.1). Eine zunehmende Bedeutung haben Biotechnologie und Pharmazie. In wissensintensiven Hightechbranchen strebt Singapur eine Vorreiterrolle an und investiert in Ausbildung, Forschung und Technologieentwicklung. Auch im physischen Internet, dem Netz aus Seekabeln und Großrechnern, ist Singapur ein weltweit bedeutender Knoten, was für viele Dienstleistungen ein Standortvorteil ist. Durch all diese Modernisierungen soll die Wettbewerbsfähigkeit des Stadtstaats gesichert werden.
Dank mehrerer Universitäten hat der Stadtstaat ein sehr hohes Forschungs- und Bildungsniveau. Er ist mit dem Changi-Flughafen und dem Überseehafen der wohl bedeutendste Verkehrsknotenpunkt zwischen Europa, Ost-, Südostasien und Australien, lockt mit den vielen modernen Einkaufszentren wohlhabende Konsumenten aus der ganzen Welt an und liegt im Zentrum der ASEAN und der RCEP. Mit den umliegenden Regionen Indonesiens und Malaysias ist Singapur eng verflochten. Der Handel wird durch niedrige Zölle stark gefördert, viele Importe sind sogar zollfrei.
In Singapur zeigt sich die weltweit zunehmende Bedeutung des Dienstleistungssektors. Die starke Zunahme von Arbeitsplätzen im tertiären Sektor, die das Wachstum im produzierenden Gewerbe deutlich überflügelt, bestätigt dies.