Überblick
Die Globalisierung seit den 1990er-Jahren äußert sich in einer engen Verflechtung der weltweiten Güterproduktion, Dienstleistungen und Finanzmärkte. Sie hat besonders den Industriestaaten, den Advanced Economies, aber auch einigen Schwelländern eine starke wirtschaftliche Dynamik beschert. Die Übersichtskarte zu den Werten und Warengruppen im Außenhandel belegt die Dominanz einiger weniger Staaten bzw. Staatengruppen in der Weltwirtschaft. Hauptakteure des Welthandels sind heute die USA, die EU und die VR China.
Ungleichgewichte
Noch nie in der Geschichte wurden annähernd so viele Güter und Rohstoffe erzeugt und gehandelt wie heute. Dennoch hat sich das Wohlstandsgefälle zwischen den reichen und armen Ländern in den letzten Jahrzehnten nicht verringert, sondern eher noch vergrößert (s. 286.1). Im Vergleich mit den reichen Industriestaaten hat der Globale Süden nur einen geringen Anteil am Welthandelsvolumen.
Das größte Gewicht haben die EU-Länder, die Länder der Nordamerikanischen Freihandelszone (USMCA) sowie Staaten in Süd-, Ost- und Südostasien mit China, Japan, Südkorea, Indien und Singapur an der Spitze. Die Volkswirtschaft der Volksrepublik China hat in den letzten beiden Jahrzehnten kräftig aufgeholt, das benachbarte Japan im Außenhandelsvolumen deutlich überflügelt und bei den Exporten sogar die USA. Anfang des 21. Jahrhunderts bewegte sich China noch auf einem ähnlichen Niveau wie heute Indonesien oder Malaysia. Dies zeigt auf eindrucksvolle Weise die Schwerpunktverschiebung im Welthandel Richtung Asien. Auffällig ist auch die starke Zunahme des Handelsvolumens einiger ostasiatischer und südostasiatischer Staaten, die zur ASEAN-Gruppe gehören: Singapur, Südkorea und Taiwan haben den Sprung in die Weltwirtschaft geschafft. Die Handelsströme nahmen aber auch in anderen Regionen zu, etwa innerhalb der EU und in Teilen Lateinamerikas.
Die OPEC-Staaten, deren Export überwiegend auf Erdöl basiert, haben durch den Preisrückgang bei Rohöl, z. B. in den 1980er-Jahren und Mitte der 2010er-Jahre, Einnahmeverluste hinnehmen müssen, die sie aber zum Teil während darauffolgender Hochpreisphasen wieder ausgleichen konnten. Ihnen kommt außerdem zugute, dass sie Preisschwankungen durch Produktionsabsprachen und -kontingente beeinflussen können. Die reichen „Petro-Staaten“ am Persischen Golf sind überdies auf dem Weg, ihre Wirtschaft zu diversifizieren. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) mit Dubai und Abu Dhabi sowie Katar sind zu Drehscheiben im internationalen Handels- und Dienstleistungsverkehr geworden.
Auf der Südhalbkugel werden nach wie vor überwiegend Rohstoffe und Agrarprodukte exportiert, dafür verarbeitete Produkte aus dem Norden bezogen. Allerdings haben auch entwickelte Staaten wie Australien und Russland, eine vergleichbare, auf den primären Sektor ausgerichtete Exportstruktur. Hingegen stehen in der Republik Südafrika, die zusammen mit Ägypten das höchste Außenhandelsgewicht in Afrika auf die Waage bringt, Industriegüter und Dienstleistungen im Vordergrund.
Handelsbilanzdefizit
Für die Länder, deren Import- und Exportwerte in der Karte angegeben sind, lässt sich das Handelsbilanzdefizit berechnen. Es liegt vor, wenn die Wareneinfuhr die Warenausfuhr wertmäßig übersteigt (Importüberschuss). So haben die USA ein großes Handelsbilanzdefizit. In der EU halten sich Ein- und Ausfuhren etwa die Waage. China hingegen weist einen großen Handelsbilanzüberschuss auf. Eine wichtige Einflussgröße sind Wechselkursänderungen, aber auch steigende Produktionskosten im Inland sorgen für sinkende Exporte und damit – bei unveränderten Importen – für ein Handelsbilanzdefizit. Auch können wachsende Importe infolge einer positiven Entwicklung der Binnenwirtschaft bei unveränderten Exporten zu einem Handelsbilanzdefizit führen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit von Kapitalzuflüssen aus dem Ausland. Dies kann z. B. über eine steigende Verschuldung des jeweiligen Staates erfolgen.