Überblick
Die markante Silhouette des Matterhorns (4 478 m ü. M.) beherrscht den Talkessel von Zermatt. Jahr für Jahr kommen zahlreiche Touristen aus der ganzen Welt, um das Matterhorn zu sehen, um Wintersport zu treiben, um zu wandern oder die umliegenden Berge zu besteigen. Zermatt ist heute zu einem Touristenort ersten Ranges geworden, doch vor 200 Jahren kannte kaum jemand diesen Ort.
Bereits in der Römerzeit wurde der Theodulpass begangen, aber erst aus dem Jahre 1280 ist ein romanischer Name nachweisbar: „Pratobornum“ bzw. „Pratobornium“, was so viel wie „Quellmatte“ oder „Matte im Quellgebiet“ heisst. Auf der ältesten Karte aus den Jahren 1495 – 1497 findet man „Matt“ eingezeichnet. In späteren Karten ist zu lesen „Zu der Matte“, „Zer Matte“ (Walliser Dialekt) und schliesslich „Zermatt“. Die Anfänge des Tourismus waren bescheiden. Der Genfer Naturforscher Horace-Bénédict de Saussure bat 1789 vergeblich um Unterkunft. Den Fremden, die in die Berge gehen wollten, standen die Zermatter zuerst skeptisch gegenüber. Nur das Pfarrhaus bot den Gästen Unterkunft, aber 1839 verbot die Walliser Regierung den Geistlichen sogar die Unterbringung von Fremden. Erst der beginnende Alpinismus, der vorwiegend von den Engländern betrieben wurde, brachte eine Änderung. Zwischen 1813 und 1901 wurden alle Viertausender im inneren Mattertal bezwungen. Höhepunkt dieser Entwicklung war die Erstbesteigung des Matterhorns im Jahre 1865 durch E. Whymper, C. Hudson, D. R. Hadow und Lord F. Douglas, die tragisch endete und ausser Whymper und den beiden Bergführern Taugwalder alle das Leben kostete. Berühmt wurde Zermatt auch durch die Erstbegehung der Matterhorn-Nordwand im Jahre 1931 durch F. und T. Schmid sowie die Jubiläumsbesteigung durch W. Bonatti im Winter 1965 im Alleingang auf einer neuen Direktroute.
Touristische Infrastruktur
Obwohl bereits 1902 der erste Skikurs abgehalten wurde, dauerte es sehr lange, bis der Wintertourismus in Zermatt im grossen Stil Einzug hielt. Die Visp-Zermatt-Bahn brachte ab 1928 im Winter Touristen nach Zermatt, und die Gornergrat-Bahn liess täglich zwei Züge nach Riffelalp fahren. Die Errichtung der grossen Skilifte und Seilbahnen begann jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Seither befindet sich Zermatt in einem kontinuierlichen Aufschwung, und viele neue Bahnen und Hotels wurden errichtet. Langsam wird aber auch klar, dass ein ungezügelter Ausbau der Region sowohl ökologische Schäden als auch ästhetische Beeinträchtigungen nach sich ziehen und das Image von Zermatt beeinträchtigen könnte.
Entwicklung der Gornergrat- und Rothornregion: Das eigentliche touristische Zeitalter begann für Zermatt im Jahre 1898 mit der Inbetriebnahme der Gornergrat-Bahn. Diese war bis nach dem Zweiten Weltkrieg die einzige Touristenbahn Zermatts. Nach dem Krieg begann die Erschliessung der umliegenden Höhen im grossen Stil, und heute können drei Hauptgebiete der touristischen Erschliessung unterschieden werden: die Theodulregion, die Rothornregion und die Gornergratregion.
Theodulregion: Die Entwicklung der Theodulregion begann 1939 mit der Inbetriebnahme der Luftseilbahn Cervinia-Testa Grigia durch eine Turiner Gesellschaft. Die erste Schweizer Seilbahn wurde 1955 bis 1956 von Zermatt nach Schwarzsee erbaut und 1958 in Betrieb genommen. Weitere bedeutende Bahnen folgten, darunter die Luftseilbahn Furgg-Schwarzsee 1962 und die Zermatt-Trockener Steg-Bahn bis 1965. Da immer mehr Wintertouristen kamen, aber die Zahlen im Sommer stagnierten, entstand der Plan eines Sommerskigebietes auf dem Theodulgletscher. 1979 wurde die Luftseilbahn auf das Kleine Matterhorn fertiggestellt, trotz der erheblichen baulichen Herausforderungen in einer Höhe von 3 883 Metern. Auch auf der italienischen Seite wurde der Ausbau stark vorangetrieben, sodass das Theodulgebiet heute von beiden Seiten problemlos zu erreichen ist.
Rothornregion: Das zweite grosse Gebiet ist die Rothornregion, deren Erschliessung im Jahre 1942 mit einem Skilift nach Sunnegga begann. Weitere Bahnen wurden zum Blauherd und auf das Unterrothorn im Jahre 1967 erstellt. 1980 wurde als Novum die unterirdische Standseilbahn Zermatt-Sunnegga in Betrieb genommen, die eine Fahrzeit von lediglich drei Minuten benötigt und 2600 Personen pro Stunde befördert.
Gornergratregion: Die Gornergratregion wurde mit der Eröffnung der Gornergrat-Bahn 1898 erschlossen. Diese war die erste voll elektrifizierte Zahnradbahn der Schweiz. Eine bedeutende Ergänzung ist die Matterhorn-Gotthard-Bahn, die seit ihrer Fusion 2003 einen kontinuierlichen Anstieg der Fahrgastzahlen verzeichnet hat. Trotz eines Einbruchs im Jahr 2020/2021 aufgrund der Covid-19-Pandemie erholten sich die Zahlen schnell wieder, und bis 2022 stiegen die Fahrgastzahlen auf etwa 8 Millionen. Diese Bahn ist eine unverzichtbare Verbindung für Touristen und Einheimische und trägt massgeblich zur Erschliessung der Bergregionen rund um das Matterhorn bei.
Aktuelle Infrastruktur: 2024 verfügten die Zermatt Bergbahnen AG über zwei Standseilbahnen, sechs Pendelbahnen, neun Gondelbahnen, eine Kombibahn und neun Sesselbahnen. Dazu kommen noch vier Skilifte, welche nur im Sommer in Betrieb sind. Die Gesamtlänge dieser Infrastrukturen erreicht eine Länge von über 51 km. Pro Stunde können insgesamt 57 000 Personen befördert werden. Es gibt im gesamten Skigebiet Zermatt/Italien rund 360 km markierte und gesicherte Pisten. Ausserdem stehen dem Gast im Sommer über 400 km und im Winter gut 40 km Wanderwege, ein Soleschwimmbad sowie diverse öffentliche Hotel-Hallenschwimmbäder und Wellness-Einrichtungen, eine Kunst- und Natureisbahn, mehrere Curlingbahnen, zwei Tennishallen und viele Langlaufloipen zur Verfügung. Mit 130 Hotels sowie zahlreichen Ferienwohnungen bietet der autofreie Ort Platz für insgesamt über 13 000 Gäste. Der bescheidene Tourismus der ersten Phase wurde seit den 1950er Jahren vom Massentourismus überholt, und aus dem verträumten Dorf am Fuss des Matterhorns ist eine alpine Kleinstadt geworden.
Sicherheit und Rettungsdienste: Da der Bergsport in Zermatt eine beachtliche Steigerung zeigt, haben sich auch die Bergunfälle drastisch erhöht. Besonders am Matterhorn, wo an schönen Tagen bis zu 300 Bergsteiger den Gipfel besteigen, gibt es immer wieder zahlreiche Unfälle, die vor allem auf unzureichende alpine Erfahrung oder mangelhafte Ausrüstung zurückzuführen sind. Auch auf dem Theodulgletscher treten jedes Jahr Unfälle durch Spalteneinbruch auf. Um dieser Situation gerecht zu werden, hat Zermatt neben der Rettungsorganisation des SAC auch die Helikopter-Rettungsgesellschaft „Air Zermatt“ gegründet. Diese führt neben Rundflügen und Materialtransporten auch alle Rettungseinsätze im Auftrag der REGA (Schweizerische Rettungsflugwacht) durch.
Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung
Umwelt- und Landschaftsqualität sowie die Artenvielfalt sind wichtige Bestandteile unserer natürlichen Umgebung und sollen durch gezielte Massnahmen wie eine sorgfältige Besucherlenkung und die Einrichtung eines professionellen Rangerwesens geschützt und verbessert werden. Im Bereich der Wirtschaft ist es von grosser Bedeutung, den Tourismus in der Region zu stärken. Dabei wird unterschieden zwischen dem Aufenthaltstourismus, also den Besuchern, die mehrere Tage oder Wochen bleiben, und dem Tagestourismus, bei dem Menschen nur für einen Tag zu Besuch kommen. Ziel ist es, den Aufenthaltstourismus besonders zu fördern und den Tagestourismus zu stabilisieren, um so die regionale Wertschöpfung zu steigern und Arbeitsplätze zu sichern. Ein weiteres Hauptziel ist die Verbesserung der Lebensqualität der lokalen Bevölkerung. Das betrifft besonders die Menschen, die im Tourismussektor arbeiten. Sie sollen durch bessere Arbeitsbedingungen und ein angenehmes Lebensumfeld profitieren.
Die Zufriedenheit und Erholung der Gäste sind ebenfalls wichtige Ziele, aber eher von sekundärer Bedeutung und zeitlich begrenzt. Im Zentrum stehen hier Angebote, die den Gästen helfen, sich zu entspannen und ihre Freizeit angenehm zu verbringen. So soll ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Naturschutz, wirtschaftlicher Entwicklung und der Lebensqualität der Menschen vor Ort geschaffen werden.