Klimavariabilität in Deutschland

Deutschland - Klima und Klimawandel
978-3-14-100900-2 | Seite 55 | Abb. 2

Überblick

Unter Klima versteht man den langjährigen „mittleren“ Zustand der Atmosphäre an einem gegebenen Ort. Es lässt sich z. B. über Jahres- oder Monatsmitteltemperaturen und ebenfalls für Jahre oder Monate gemittelte Niederschlagssummen beschreiben. Konventionell werden 30-jährige Mittel gebildet, die sogenannte Klimanormalperioden darstellen. Man tut dies, da die realen Temperatur- und Niederschlagsbedingungen großen inter- (von Jahr zu Jahr) und intraannuären (innerhalb eines Jahres) Schwankungen unterworfen sind. Diese Abweichungen vom Mittel in die eine oder andere Richtung werden als Klimavariabilität bezeichnet. Globale atmosphärische Zirkulationsmuster, die die Verteilung dynamischer Druckgebilde und Luftströmungen steuern, sind hierfür verantwortlich.

Klimavariabilität

Die Grafik zeigt die Abweichungen der Jahresmitteltemperaturen in Deutschland vom Mittel der Klimanormalperiode 1971 bis 2000 seit dem späten 19. Jahrhundert. Man erkennt deutlich, dass Temperaturunterschiede von 1,0 °C und mehr zwischen zwei aufeinander folgenden Jahren keine Seltenheit sind. Dies kommt dem Betrag nahe, um den sich die Temperatur in Deutschland seit Beginn der Industrialisierung im Zuge des Klimawandels erwärmt hat. Was aus langfristiger Perspektive also als durchaus besorgniserregend zu betrachten ist – nicht umsonst wurde im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 als Ziel formuliert, die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Wert zu begrenzen – findet im Rahmen der natürlichen Klimavariabilität regelmäßig statt und ist völlig normal. Organsimen und Ökosysteme sind an solche Schwankungen angepasst.

Klimawandel

Die Grafik zeigt neben der starken interannuären Variabilität der Jahresmitteltemperaturen, die natürlichen Ursprungs ist, auch einen langfristigen Trend der Erwärmung, der sich aus dem Zusammenwirken natürlicher und anthropogener Faktoren ergibt. Dieser Trend ist überlagert und z. T. maskiert von der natürlichen Klimavariabilität, aber die Häufung und Intensität der negativen Abweichung vom Mittel am linken Ende des Diagramms (1881–1910) und die der positiven Abweichung am rechten Ende des Diagramms (1990er-Jahre bis 2021) sind offensichtlich. Der Zeitraum der 1940er- bis 1970er-Jahre ist gekennzeichnet von mehrjährigen Phasen starker negativer Temperaturabweichungen, die trotz steigender Treibhausgaskonzentrationen den langfristigen Erwärmungstrend bremsten oder sogar kurzfristig umkehrten. Solche Phasen beruhen auf periodisch wiederkehrenden Klimaphänomenen wie El Niño, La Niña, der Pazifischen Dekadischen Oszillation oder der Atlantischen Multidekadischen Oszillation, die mit ihren Telekonnektionen das Klima global beeinflussen.

Der Mensch als Klimafaktor

Ein einzelner Hitzesommer wie z. B. 2018 in Deutschland, der auch die Jahresmittel in die Höhe treibt, kann noch nicht als Beleg für die Existenz des Klimawandels dienen. Ein solches Jahr liegt voll und ganz im Bereich der natürlichen Klimavariabilität. Als Beleg für den Klimawandel kann allerdings die Häufung hoher Jahresmitteltemperaturen gewertet werden, die sich in den letzten drei Jahrzehnten abzeichnet: acht der zehn wärmsten Jahre in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen lagen im 21. Jahrhundert, nur 1934 und 1994 zählen auch zu den Top Ten. Waren in der erdgeschichtlichen Vergangenheit natürliche Antriebskräfte wie Veränderungen von Erdbahnparametern, plattentektonische Prozesse, Vulkanausbrüche oder Sonnenaktivität für Klimaschwankungen verantwortlich, spielt seit der Industrialisierung der Mensch durch die zunehmende Freisetzung von CO2 und weiterer Treibhausgase eine immer stärkere Rolle im Klimasystem.

Schlagworte


Diercke

PDF-Datei
- Klimavariabilität in Deutschland
Den didaktischen Kommentar zur Karte " - Klimavariabilität in Deutschland" herunterladen.