Deutschland - Tourismus

Deutschland - Tourismus und Naturschutz
978-3-14-100900-2 | Seite 64 | Abb. 1| Maßstab 1 : 3500000

Überblick

Die Karte zeigt die Vielfalt der touristischen Destinationen in Deutschland. Die wichtigsten Quellgebiete für Naherholung oder Übernachtungsreisen im Inland sind die Verdichtungsräume. Dort ist mit dem Städtetourismus aber auch eine zentrale und boomende Säule des Tourismus in Deutschland verortet. Außerdem gibt es in den ländlichen Räumen zahlreiche Tourismusgebiete und Erholungslandschaften mit ihren unzähligen Heilbädern, Seebädern, Luftkurorten und Erholungsorten. Viele sind in oder am Rand der nationalen Naturlandschaften, also der Nationalparke, der Biosphärenreservate und der hier nicht abgebildeten Naturparke zu finden. Besondere Anziehungspunkte sind Stätten des Weltkulturerbes und des Weltnaturerbes. Zudem gibt es zahlreiche erlebnistouristische Angebote für unterschiedlichste Zielgruppen.

Bedeutung

Der Tourismus gehört seit Jahren zu den umsatzstärksten und weiter wachsenden Wirtschaftszweigen. Die deutsche Tourismuswirtschaft erwirtschaftete im letzten Vor-Corona-Jahr 2019 ca. 124 Mrd. €. Ihr direkter Anteil an der volkswirtschaftlichen Bruttowertschöpfung betrug etwa 4 %. Ungefähr 2,8 Millionen Personen sind direkt im Tourismus beschäftigt. Weitere 1,3 Millionen Beschäftigte stellen Vorleistungen für die Erzeugung touristischer Waren und Dienstleistungen her. Direkt oder indirekt für den Tourismus tätig sind etwa 9 % aller Beschäftigten.

Übernachtungszahlen

2019 wurden in Deutschland 496 Millionen Übernachtungen registriert. Dafür verantwortlich sind aber alle Reisezwecke, also auch berufsbedingte Reisen. Dank einer Reihe von Rekordjahren ist die Zahl der Übernachtungen in nur zehn Jahren um mehr als 125 Millionen gestiegen, bevor es durch die Covid-19-Pandemie zu einem deutlichen Einbruch der Zahlen auf knapp über 300 Millionen in den Jahren 2020 und 2021 kam. 2022 gab es dann wieder einen Anstieg auf ca. 450 Millionen.

Stark zugelegt haben seit den frühen 1990er-Jahren die Übernachtungszahlen ausländischer Gäste, die 2022 einen Anteil von 15 % an allen Übernachtungen hatten. Unter ihnen dominierten Gäste aus Europa, das 83 % aller ausländischen Touristen stellte, gefolgt von Nordamerika mit 9 % und Asien mit 7 %. Weltweit lag Deutschland 2018 gemessen an den Ankünften auf dem 8. Platz der beliebtesten Reiseländer. Im europäischen Vergleich belegte es nach Frankreich, Spanien und Italien und der Türkei den 5. Platz.

Tourismusregionen

Die klassischen Tourismusregionen Deutschlands liegen an der Küste, in den Alpen sowie an Seen und in den Mittelgebirgen. Gemeinsam ist diesen Zielen die natürliche Erholungseignung durch landschaftliche Besonderheiten, allerdings auch ein stark saisonal geprägter Fremdenverkehr mit klarem Schwerpunkt im Sommer. Dank des Skitourismus gibt es nur in den Alpen eine lange Wintersaison, während sie sich in den Küstenregionen und Mittelgebirgen im Wesentlichen auf ein schmales Zeitfenster um Weihnachten und den Jahreswechsel konzentriert. Die höchste Tourismusintensität, gemessen an der Zahl der Übernachtungen pro 1 000 Personen der ansässigen Wohnbevölkerung, hatte 2019 Mecklenburg-Vorpommern mit ca. 21 000, gefolgt von Schleswig-Holstein und Berlin. Nach absoluten Zahlen der Übernachtungen führte Bayern (100 Mio.) vor Baden-Württemberg (57 Mio.) und Nordrhein-Westfalen (53 Mio.).

Touristische Zentren an der Küste sind die Seebäder. Um sich als solche bezeichnen zu dürfen, müssen Seebäder in fußläufiger Entfernung zur See liegen und über ausreichende Bade- und Kureinrichtungen verfügen. Darüber hinaus haben sie ein geregeltes Kurwesen mit medizinischer Betreuung aufzuweisen.

Im Mittelgebirgsraum gibt es neben Kur- und Erholungsorten viele Heilbäder. Letztere sind in ihrer Lage an natürliche Heilmittel wie mineralreiche oder warme Quellen und Moore gebunden. Thermen oder kohlensaure Quellen sowie Schwefel- oder Mineralquellen treten häufig an geologischen Verwerfungslinien auf. So kommt es nicht selten zu einer linienhaften Anordnung von Heilbädern wie im Oberrheingraben.

Kurorte und Luftkurorte bilden eine heterogene Gruppe, sind aber zumeist in den Mittelgebirgen (vor allem im Schwarzwald) und in den Alpen zu finden. In höheren Lagen zeichnen sie sich oft durch ein Reizklima aus, das durch niedrigeren Luftdruck, geringeren Sauerstoffgehalt und kräftigere Luftbewegung charakterisiert wird. Auch Kur- und Luftkurorte müssen definierten Anforderungen entsprechen.

Ländliche Tourismusregionen, die sich für ein einheitliches Destinationsmanagement entschieden haben, haben deutliche Wettbewerbsvorteile. Sie arbeiten professionell und zielgruppenorientiert. Dazu gehört beispielsweise auch die Schaffung von qualitätsvollen linearen oder netzartigen Freizeitwegen, insbesondere Wander- und Radwegen. Als Erfolgsfaktor haben sich Fernwege, wie z. B. der Weser-Radweg, herausgestellt.

Verändertes Reise- und Freizeitverhalten

Der seit Jahrzehnten zu verzeichnende Tourismusboom wurde getragen von Kurzurlaubsreisen mit einer Länge von zwei bis vier Tagen, die stark zugelegt haben. Zunehmende Bedeutung gewonnen hat der Erlebnistourismus, der auch von Großveranstaltungen, Musikfestivals oder Volksfesten, wie dem Münchner Oktoberfest, induziert wird. Auch maximal inszenierte touristische Angebote wie exotische Wasserwelten, Freizeiterlebnisparks oder Skihallen, die aufgrund ihres Gelände- und Parkplatzbedarfs oft in ländlichen Regionen, aber dennoch in erreichbarer Nähe zu den Metropolen liegen, finden sich in allen Teilen Deutschlands.

Städtetourismus

Die größten Steigerungsraten verzeichnet der deutsche Städtetourismus. Wachstumsträger waren vor allem die zehn größten deutschen Metropolen, die multifunktionale Großstädte von internationaler Bedeutung sind. Sie sind verkehrstechnisch optimal angebunden, verfügen über Universitäten, Fachmessen und Kongressangebote, ein überregional beachtetes Kulturangebot an Museen und Bühnen, über bedeutsame Gebäude und die notwendige touristische Infrastruktur.

Angeführt wurde das Ranking der deutschen Großstädte 2019 klar von Berlin mit 34 Millionen Übernachtungen. Auf den Plätzen 2 und 3 folgten München (18 Mio.) und Hamburg (15 Mio.). Großen Anteil am überproportionalen Anstieg des Städtetourismus hatten Geschäftsreisen. Dieser Trend wurde dadurch begünstigt, dass Deutschland im europäischen Vergleich führend bei internationalen Messen, Tagungen und Kongressen ist.

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