Erde - Bildung

Erde - Entwicklungsstand
978-3-14-100943-9 | Seite 189 | Abb. 4 | Maßstab 1 : 140000000

Überblick

Die Karte ermöglicht das Einordnen und Vergleichen von Staaten in Bezug auf die Bildung und somit auf die Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben und die Sicherung von Kinderrechten. Indirekt ermöglicht sie Rückschlüsse auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Zwei Indikatoren werden dargestellt: die Analphabetenrate und die Schulbesuchsjahre; Letztere gehen als Teilaspekt in den HDI ein (s. 188.1).

Stellenwert der Bildung

Die Bildung hat heute in der Entwicklungszusammenarbeit hohe Priorität, da sie als ein Schlüssel zur Lösung weiterer Probleme gilt und oft erst die aktive Teilnahme am wirtschaftlichen und politischen Leben ermöglicht; sei es bei Aufklärungsprogrammen zu HIV/AIDS, bei Schulungsprogrammen im ländlichen Bereich zur Weiterentwicklung von Anbaumethoden, bei der eigenen Vermarktung von selbst produzierten Gütern oder bei der Organisation einer Kooperative, um einige Beispiele zu nennen.

Alphabetisierung und Gleichberechtigung

Analphabeten sind nach einer Definition der UNESCO solche Menschen, die nicht in der Lage sind, in einer selbst gewählten Sprache einen einfachen Text über ihre alltägliche Umgebung zu lesen oder zu schreiben. Wer einen solchen Text nur lesen, nicht aber schreiben kann, wird als Semianalphabet bezeichnet. Funktionelle Analphabeten sind Menschen, die Buchstaben erkennen und durchaus in der Lage sind, ihren Namen und ein paar Worte zu schreiben. In Deutschland gelten ca. 6,2 Millionen Erwachsene als funktionale Analphabeten.

Weltweit sind gegenwärtig mehr Menschen des Lesens und Schreibens kundig als je zuvor. Der Anstieg der Alphabetisierungsraten setzte teilweise schon in den 1970er-Jahren ein und hat sich tendenziell fortgesetzt, auch wenn fehlende finanzielle Mittel für Schulen oder Alphabetisierungskampagnen den Anstieg zeitweise abgeschwächt haben.

Im Jahr 2023 lebten laut UNESCO 771 Mio. Analphabeten auf der Welt (im Jahr 2000 waren es noch 862 Mio.), etwa zwei Drittel von ihnen waren Frauen. Bildung ist ein wesentlicher Aspekt, um eine Gleichberechtigung von Frauen zu erreichen (s. 195.3).

Räumliche Verteilungsmuster

Grundsätzlich zeigen beide Indikatoren eine sehr ähnliche räumliche Ausprägung. Länder mit hohen Werten bei den Schulbesuchsjahren weisen oft auch eine niedrige Analphabetenrate auf.

Analysiert man die räumliche Verteilung genauer, fällt zunächst eine Gruppe hochentwickelter Staaten auf, in denen die Alphabetisierungsrate größer als 95 Prozent ist (also bis 5% Analphabeten) und in denen mehr als zehn Jahre Schulbesuch der Standard sind. Zu dieser Gruppe zählen u. a. Kanada, alle Länder Europas, Zentral- und Ostasiens, die Golfstaaten sowie Australien und Neuseeland. Die Staaten im südlichen Lateinamerika gehören ebenso dazu wie viele karibische Inselnationen und im Süden daran angrenzende Festlandstaaten. Kuba ist ein Beispiel für eine sozialistische Regierung, die bereits früh, in den 1960er-Jahren, flächendeckend Alphabetisierungskampagnen durchgeführt hat und so ein wesentliches Entwicklungshemmnis überwinden konnte. Haiti ist dagegen ein Beispiel für ein unterentwickeltes Land in Lateinamerika, dessen Analphabetenrate hoch ist und in dem die Schulbesuchsjahre nur einen niedrigen Wert erreichen.

In Afrika ist die Alphabetisierung im Süden des Kontinents, namentlich in Südafrika, Eswatini, Namibia, Simbabwe, Sambia, den Seychellen und auf Mauritius mit Analphabetenraten unter dem Weltdurchschnitt relativ weit fortgeschritten. Viele andere Staaten (wie der Niger, der Tschad und der Sudan) weisen hingegen sehr hohe Werte bei Analphabeten auf. Mit Ausnahme Ägyptens, Gabuns, Simbabwes, Südafrikas, Botsuanas, der Seychellen und Mauritius sind die Werte der Schulbesuchsdauer unterdurchschnittlich. Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass Länder mit einem niedrigen oder niedrigsten Entwicklungsstand auch diejenigen sind, in denen die Frauen im familiären und gesellschaftlichen Leben besonders stark unterprivilegiert sind.

In Asien ist die Lage heterogen. Zu den Ländern mit hohen Alphabetisierungsraten und überdurchschnittlichen Schulbesuchszeiten zählen bis auf wenige Ausnahmen solche in Nord- und Zentralasien (Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion), in Ost- und in Südostasien. Auf der anderen Seite gibt es noch immer viele Länder besonders in Südasien, in denen Analphabetismus die Regel ist, vor allem bei der marginalisierten ländlichen Bevölkerung sowie bei Frauen, Kindern und Jugendlichen. Oft handelt es sich um Länder, in denen Kinderarbeit verbreitet ist, weil es kein gesetzliches Mindestalter für die Erwerbstätigkeit gibt, und in denen keine oder nur unzureichende Möglichkeiten für den Schulbesuch bestehen. Dies ist in Südasien und in Afghanistan der Fall. Allein in Indien waren 2018 25 Prozent der Bevölkerung Analphabeten (neuere Zahlen liegen nicht vor).

Sonderfall USA

Auffällig sind die USA, die trotz höchster Schulbesuchszeiten eine Analphabetenrate über dem Weltdurchschnitt aufweisen (14 %). Die hat mehrere Gründe: Zum einen gibt es in den USA erhebliche Unterschiede in der Qualität der Bildung zwischen verschiedenen Regionen und Bevölkerungsgruppen. Besonders betroffen sind ländliche Gebiete und einkommensschwache Stadtteile. Weiterhin spielen Armut und soziale Benachteiligung eine große Rolle – Familien mit niedrigem Einkommen haben oft weniger Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung und Unterstützung. Da die USA eine große Anzahl von Einwanderern aufweisen, deren Muttersprache nicht Englisch ist, bestehen Sprachbarrieren. Dies kann die Alphabetisierungsrate beeinflussen, da diese Personen oft Schwierigkeiten haben, Englisch zu lernen. Die Bildungspolitik und -finanzierung in den USA sind komplex und variieren stark zwischen den Bundesstaaten. Dies führt zu Ungleichheiten im Bildungssystem. Im Vergleich dazu haben viele europäische Staaten ein stärker zentralisiertes Bildungssystem und umfassendere soziale Sicherheitsnetze, die dazu beitragen, die Alphabetisierungsrate zu erhöhen.

Ebenso kann die Messung der Analphabetenquote zu Unterschieden führen, und dies nicht nur in den USA. Internationale Organisationen, die Länderdaten bereitstellen, sammeln und prüfen diese, haben aber oftmals keine Ressourcen, um selbst Daten zu erheben. Deshalb können Unterschiede in der Erhebung nicht immer vollständig ausgeräumt werden. So wird beispielsweise oft zwischen funktionalem Analphabetismus und vollständigem Analphabetismus unterschieden. Funktionaler Analphabetismus bedeutet, dass eine Person zwar grundlegende Lese- und Schreibfähigkeiten hat, aber nicht ausreichend, um alltägliche Aufgaben zu bewältigen. Ebenso können die Methoden zur Erhebung der Alphabetisierungsrate unterschiedlich sein. Einige Länder verwenden standardisierte Tests, während andere auf Selbstauskünfte oder Schulabschlüsse zurückgreifen.

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