Neapel (Italien) - Gefährdung durch Vulkanismus

Erde - Verwundbarkeit (Vulnerabilität)
978-3-14-100941-5 | Seite 172 | Abb. 1 | Maßstab 1 : 300000

Überblick

Die Region um den Golf von Neapel besteht in geologischer Hinsicht einerseits aus älteren Kalkgebirgen wie dem Monti Lattari im Südosten, zum anderen aber auch aus jungen, überwiegend aus dem Quartär stammenden Ebenen rund um den Vesuv und an der Küste des Tyrrhenischen Meeres. Die geologisch eindrucksvollsten Gebiete um Neapel sind der Vesuv selbst, die Phlegräischen Felder im Westen der Stadt sowie die der Bucht vorgelagerten Inseln Procida und Ischia.

Der Vesuv

Gemeinsam ist den Orten am Golf von Neapel, dass sie am Fuß eines der berühmtesten Vulkane der Erde liegen. Mit 1281 Metern Höhe ist der Vesuv zwar ein Zwerg im Vergleich zu anderen Riesenvulkanen, aber kaum ein anderer Vulkan ist so gut erforscht. Der Vesuv zählt zur Kategorie des explosiven Vulkanismus in Verbindung mit Gasstau. Er ist gekennzeichnet sowohl durch Gipfelausbrüche als auch seitliche Lavaausflüsse. Durch Einsturz der unteren Magmakammern hat sich in der Caldera ein Vulkan im Vulkan gebildet.

Ebenso berühmt wie berüchtigt ist sein Ausbruch im Jahr 79 n. Chr., von dem der Ringwall des Monte Somma erhalten geblieben ist. Durch diese Eruption wurden die Gebäude der Städte Pompeji, in der zu diesem Zeitpunkt rund 10 000 Menschen lebten, und Stabiae unter Bimsstein- und Aschemassen begraben; über die Ortschaft Herkulaneum (ca. 4000 Menschen) ergoss sich eine Glutlawine. Die Eruption war so gewaltig, dass sie eine Aschewolke und pyroklastische Ströme freisetzte, welche die Städte unter einer dicken Schicht aus Asche und Bimsstein begruben. Bis zu 5000 Menschen kamen dabei ums Leben. Seitdem gab es mehrere bedeutende Ausbrüche des Vesuvs, darunter die Eruptionen in den Jahren 472, 1631 und zuletzt 1944. Durch sie und zahlreiche kleinere Ausbrüche wurden der heutige Kraterberg und sein Umland geformt. Spuren der Ausbrüche in der Umgebung sind Lavaströme, Asche, Tuffe und Lapilli. Der Vulkan befindet sich derzeit in einer Ruhephase, aber seine Aktivität wird weiterhin intensiv überwacht.

Der Vesuv hatte auch eine besondere Bedeutung für deutsche Denker und Forscher. So bestieg beispielsweise Johann Wolfgang von Goethe den Vesuv im Jahr 1787 mehrfach und beschrieb seine Eindrücke in seiner „Italienischen Reise“. Er war ein Anhänger des Neptunismus und glaubte an die Entstehung aller Gesteine durch Sedimentation, während die Verfechter des Plutonismus diese auf vulkanische Kräfte des Erdinneren zurückführten. Alexander von Humboldt – bedeutender deutscher Naturforscher und Mitbegründer der modernen, empirischen Geographie – studierte 1805 ebenfalls den Vesuv und trug mit seinen Schriften wesentlich zum Forschungsfeld der Vulkanologie und zur Erhärtung der plutonischen Thesen bei. Das Vesuv-Observatorium, 1841 gegründet, war die erste vulkanologische Beobachtungsstation und spielte eine wichtige Rolle in der wissenschaftlichen Erforschung des Vulkanismus.

Weiterer Vulkanismus in der Vesuvregion

Weitere Vulkangebiete sind die Phlegräischen Felder, eingestuft als Supervulkan, sowie die Inseln Procida und Ischia mit den angrenzenden Meeresbereichen. 27 ehemalige Vulkane wurden allein auf dem Festland gezählt. Hebungs- und Senkungsvorgänge und verschiedene postvulkanische Erscheinungen zeigen, dass das Gebiet auch heute noch nicht zur Ruhe gekommen ist. Besonders die Phlegräischen Felder weisen seit August 2023 beunruhigende Zeichen verstärkter Aktivität auf, inklusive Einzelerdbeben und Erdbebenschwärmen bis Magnitude 4,4.

Zu den postvulkanischen Erscheinungen gehören heiße gashaltige Dampfquellen, die als Fumarolen bezeichnet werden, sowie vergleichsweise kühle Aushauchungen von Kohlendioxid unter 100 °C, sogenannte Mofette. Bekannt sind die Mofette in der Hundsgrotte bei Neapel und die Fumarolen des Kraters Solfatara bei Pozzuoli, die als schwefelwasserstoffhaltige „Solfataren“ bei Temperaturen von 100 bis 300 °C austreten.

Zu einem vollkommen anderen Landschaftstyp gehören hingegen die Halbinsel von Sorrent und die ihr vorgelagerte Insel Capri, eine Fortsetzung der Kalkketten des Neapolitanischen.

Besiedlung und Landnutzung

Das mediterrane Klima und die über weite Flächen äußerst fruchtbaren Böden auf vulkanischen Aschen und Tuffen haben in der Region einen vielfältigen Anbau auch anspruchsvoller Obst- und Gemüsepflanzen und natürlich von Wein ermöglicht. Nicht zuletzt deshalb zählt der Raum um den Golf von Neapel zu den am dichtesten besiedelten Gebieten der Erde (2500 Personen pro Quadratkilometer). Mit einer Bevölkerung von 914 000 (2024) ist Neapel ist die größte Stadt in Süditalien, der Ballungsraum hat 4,4 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner und selbst Vororte wie Torre del Greco und Castellamare di Stabia haben bereits städtischen Charakter.

Bereits im Altertum gab es in dieser Region zahlreiche Siedlungen, Villen und Landgüter. Auch in der Gegenwart gibt es im näheren Umfeld von Neapel noch immer eine Vielzahl meist städtischer Siedlungen. Die Schönheit der Landschaft, Spuren der Geschichte und vielfältige Möglichkeiten zur Erholung und Heilung haben aus dem Golf von Neapel überdies ein bedeutendes Tourismusgebiet gemacht.

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