Gambia - Fischfang

Afrika und Asien - Wirtschaft und Geopolitik
978-3-14-100900-2 | Seite 170 | Abb. 3| Maßstab 1 : 1000000

Überblick

Der westafrikanische Staat Gambia verfügt mit seinem gleichnamigen Fluss und seiner Küstenregion am Atlantischen Ozean über äußerst fischreiche Gewässer. In dem ökonomisch wenig entwickelten Land bildet die Fischerei einen wichtigen Wirtschaftsbereich. Der Fischfang dient der Bevölkerung als Nahrungsquelle und zum Lebensunterhalt, ein Teil der Fangmenge wird exportiert. Neben lokalen Fischerbooten gibt es vor der Küste mittlerweile auch zahlreiche ausländische Fischtrawler, die täglich viele Tonnen Fisch aus dem Meer heben. Zudem haben sich in Gambia chinesische Fischmehlfabriken angesiedelt, die ebenfalls Tag für Tag große Mengen Fisch verarbeiten. Die kontinuierliche Dezimierung der Fischbestände gefährdet die Lebensgrundlage der Menschen vor Ort.

Naturräumliche Bedingungen

Der flächenmäßig kleinste Staat des afrikanischen Festlandes besteht aus einem rund 475 Kilometer langen Landstreifen, der an seiner breitesten Stelle nur 50 Kilometer misst. Im Norden, Osten und Süden wird Gambia von Senegal begrenzt, im Westen vom Meer. Der 1 120 Kilometer lange Fluss Gambia mündet wie auf der Karte zu sehen bei der Hauptstadt Banjul in einem breiten Trichter in den Atlantik. Direkt am Fluss liegen fruchtbare Schwemmlandböden, die Ackerbau ermöglichen. Am unteren Lauf des Gambias breiten sich ausgedehnte Mangrovenwälder aus, dahinter folgt Feuchtsavanne, die nach Osten in Trockensavanne übergeht.

Wirtschaftliche Lage

Gambia zählt zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Erde, etwa ein Drittel der Bevölkerung lebt in akuter Armut. Die Wirtschaft ist nur schwach ausgebildet, neben der Fischerei zählen vor allem Landwirtschaft und Tourismus zu den Hauptsäulen. Wichtige Ausfuhrgüter sind Erdnüsse und Erdnussprodukte sowie Fisch und Fischprodukte. Der Großteil der Menschen lebt von der Landwirtschaft und der Kleinfischerei für den Eigenbedarf. Um die Ernährung der Bevölkerung zu sichern, ist allerdings zusätzlich die Einfuhr von Nahrungsmitteln notwendig. Indien, die EU und China sind die Hauptwirtschaftspartner Gambias. Insbesondere der außenpolitische Kontakt zu China hat sich im letzten Jahrzehnt massiv vertieft. Die asiatische Volksrepublik ist der wichtigste Kreditgeber bei der Realisierung von Infrastrukturprojekten und der Entwicklung anderer Großvorhaben. Über seine Wirtschaftshilfe hat China in Gambia großen Einfluss erlangt. Die chinesischen Bemühungen folgen dem Ziel, durch den Aufbau von interkontinentalen Handelsnetzen das Projekt der sogenannten Neuen Seidenstraße voranzutreiben

Lokaler und industrieller Fischfang

Der Fischreichtum zieht immer mehr ausländische Fischfangflotten an, die in den Gewässern vor Gambia kreuzen. Sie stammen meist aus China, Japan und Europa. Während die lokale Kleinfischerei in der Regel in Küstennähe mithilfe von traditionellen Pirogen und mit per Hand ausgeworfenen Netzen stattfindet, verkehren die meist mit industriellen Verarbeitungs- und Konservierungsanlagen ausgestatteten Trawler in der Hochsee jenseits der 12-Seemeilen-Zone, manche von ihnen nähern sich aber auch der Küste weiter an. Die großen Dampfer verfügen über Fanglizenzen, fischen nach den Beobachtungen der amerikanischen Meeresschutzorganisation Oceana mit ihren gewaltigen Schleppnetzen teilweise aber auch illegal. 2020 betrug die Fangquote der lokalen Fischerei 54 300 Tonnen, die der industriellen Hochseefischerei 10 000 Tonnen, also bereits mehr als ein Sechstel. Die Überfischung der Gewässer gehört zu den Hauptumweltproblemen in Gambia.

Fischmehlproduktion

Der Fang der lokalen Kleinfischerei wird in der Regel direkt vor Ort auf den Fischmärkten verkauft oder gelangt in die lokale Fischverarbeitung. Die industrielle Fischerei gibt ihren Fang direkt in den Export. Beide liefern aber auch einen Teil ihrer Fische ab, um sie zu Fischmehl verarbeiten zu lassen. An der Küste Gambias haben sich große von China betriebene Fischmehlfabriken angesiedelt, die täglich unzählige Tonnen Fischmehl produzieren, das vorwiegend nach Asien und Europa verschifft wird. Das haltbar gemachte Pulver aus zermahlenen Fischen ist ein begehrtes Tierfutter für Hühner und Schweine, aber auch Fische und ist vor allem in künstlichen Aquazuchten stark gefragt.

Auswirkungen

Die Präsenz von ausländischen Fischfangakteuren und fischverarbeitenden Unternehmen wirkt sich auf Gambias Wirtschaft, auf die soziale Lage der Bevölkerung sowie auf die Umwelt aus. Die vor der Küste verkehrenden Fangflotten tragen massiv zur Überfischung bei und sind eine Gefahr für den lokalen Fischfang, weil sie die Bestände der Region weiter dezimieren. Infolgedessen geben viele Kleinfischer ihre Arbeit auf und werden gezwungen, sich eine neue Lebensgrundlage zu suchen. Mangels anderer Möglichkeiten führt diese Suche manche auch aus ihrem Land heraus nach Europa. Da die Fischmehlfabriken für ihre Produktion große Mengen an Fisch benötigen, hat sich das Angebot auf den örtlichen Fischmärkten deutlich verringert. Die Preise dagegen sind so massiv gestiegen, dass sich viele Menschen Fisch, immerhin eine der wichtigsten Eiweißquellen im Land, nicht mehr leisten können. Da die Fischmehlfabrikation weitestgehend hochmechanisiert ablaufen kann, sind durch die neuen chinesischen Fabriken auch kaum zusätzliche Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung entstanden. Der Tourismus an den Küsten, ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, leidet unter den unangenehm riechenden Abgasen der Fabriken und deren Abwasser und Chemikalien belasten die Umwelt.
Die FAO fördert in Gambia derzeit die Kleinfischerei an der Mangrovenküste und im Ästuar des Flusses Gambia. Ein Teil dieser Maßnahme ist die Erhaltung des Mangrovensaums als Fischkinderstube bzw. die Verdichtung und Sanierung der Mangroven.

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Diercke

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