Australien und Neuseeland - Urbevölkerung

Ozeanien - Australien und Neuseeland - Wirtschaft und Naturraum
978-3-14-100384-0 | Seite 139 | Abb. 5

Aborigines

sie vor 40 000–60 000 Jahren während einer eiszeitlichen Meeresspiegelabsenkung über den Malaiischen Archipel ein. Sie lebten gemäß den naturräumlichen Bedingungen als Jäger und Sammler. Es handelte sich jedoch keineswegs um einen einzigen homogenen Stamm, sondern um verschiedene Völker mit über 200 Sprachen und noch weit mehr Dialekten. Der Bumerang war nicht allen diesen Völkern als Jagdwaffe bekannt. Sie besiedelten zunächst bevorzugt die Gunsträume des Kontinents. Erst im Zuge der gewaltsamen Okkupation ihrer Wohngebiete durch europäische Siedler wurden sie in das Outback abgedrängt, also in jene Regionen, in denen extreme Trockenheit, Wüsten und andere Ungunstfaktoren eine landwirtschaftliche Nutzung so gut wie unmöglich machen. Mit der europäischen Einwanderung begann eine rasche Dezimierung der Ureinwohner durch Vertreibung, Ermordung und eingeschleppte Krankheiten. Wahrscheinlich lebten gegen Ende des 18. Jahrhunderts noch etwa 500 000–750 000 Ureinwohner auf dem Kontinent, bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sank ihre Zahl auf weniger als 100 000, 1920 waren es nur noch 60 000. Bei der Volkszählung von 1996 wurden wieder 353 000 Nachfahren von Ureinwohnern gezählt. Überwiegend handelte es sich um Aborigines, eine kleinere Minderheit stellen die mit ihnen nicht verwandten Torres Strait Islanders, die vor allem im Norden von Queensland im Bereich der Torresstraße leben und eine stark melanesisch geprägte Kultur haben. Bis heute ist die Zahl der Nachfahren von Ureinwohnern wieder auf rund 600 000 angewachsen, damit stellten sie knapp drei Prozent der Bevölkerung. Genaue Zahlen gibt es erst, seit die Nachfahren der Ureinwohner 1967 im Zuge einer Verfassungsänderung allen anderen Einwohnern formell gleichgestellt wurden. Als Aborigine gilt seitdem, wer sich als solcher bezeichnet. Das Bewusstsein, dass auch die Ureinwohner Rechte besitzen, hat sich unter der weißen Mehrheit erst spät entwickelt. Durch den „Land Rights Act“ von 1976 wurde den Ureinwohnern erstmals Grundbesitzrechte zugesprochen; zuvor waren sie entweder in Reservate zurückgedrängt oder um Missionsstationen angesiedelt worden. Erst 1992 entschied der High Court, der höchste Gerichtshof Australiens, in einem Grundsatzurteil, dass sie Eigentumsrechte an Land besitzen, zu dem die Ureinwohner traditionelle Bindungen aufrechterhalten haben („Native Title-Urteil“). Inzwischen wurden ihnen Eigentumsrechte an Landgebieten mit weitgehender Selbstverwaltung (Land Councils) unter Aufsicht der Bundesregierung übertragen. Bekannteste Beispiele sind der Uluru-Kata Tjuta Nationalpark (Ayers Rock, Olgas) und der Kakadu-Nationalpark, die den Nachfahren der Ureinwohner Einnahmen aus dem Tourismus sichern. Ähnliche Verträge bestehen mit Bergbaugesellschaften. Seit 2007 haben die Ureinwohner wieder Landrechte auf Regenwälder an der Ostküste, auch hier gibt es mehrere Nationalparks. Ein Meilenstein zur Gleichstellung war die 2008 von Premierminister Kevin Rudd ausgesprochene offizielle Entschuldigung der Regierung für alles Unrecht, das an Aborigines und Torres Strait Islandern begangen wurde, insbesondere für die Zwangsassimilierung von Kindern aus indigenen Familien von 1900 bis 1973. Zwar betrachtet eine Mehrheit der Australier die Kunst und Kultur der Ureinwohner inzwischen als Teil ihrer nationalen Identität, dennoch bilden die indigenen Australier weiterhin eine wirtschaftlich und sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppe. Sie sind überdurchschnittlich von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen, auch die Säuglingssterblichkeit ist unter ihnen signifikant höher.

Maori

Auch die Maori, die Ureinwohner Neuseelands, kamen vermutlich mit Booten aus der pazifischen Inselwelt. Man geht davon aus, dass sie zwischen dem 8. und dem 14. Jahrhundert das bis dahin unbewohnte Neuseeland erreichten. Sie lebten zunächst in kleinen Familiengruppen, später in größeren Siedlungsgemeinschaften. Es gab Kriege um die fruchtbarsten Gebiete, die dazu führten, dass die einzelnen Gruppen stark verfeindet waren. 1642 erreichte der niederländische Seefahrer Abel Tsaman als erster Europäer Neuseeland, 1769 James Cook. Die europäischen Siedler brachten den Maori viele Neuerungen mit, aber auch Krankheiten, gegen die die Maori keine Abwehrstoffe besaßen und in großer Zahl daran starben. Zudem eskalierten die Stammeskriege durch die von den Europäern eingeführten Gewehre. 1840 wurde daher Neuseeland zur britischen Kolonie, um Ruhe in das Land zu bringen. Das gelang jedoch nicht, da es zwischen 1845 und 1872 immer wieder zu Kämpfen zwischen den Siedlern, unterstützt durch britische Soldaten, und den Maori kam. Dabei ging es um die Landverteilung. Viele Maori wurden in der Folge enteignet, was zu ihrem wirtschaftlichen und sozialen Abstieg führte. Als Minderheit spielten sie gesellschaftlich und politisch in ihrem eigenen Land kaum noch eine Rolle. Erst nach dem Ersten Weltkrieg gab es eine erste Bewegung zur Wiederbelebung der Maori-Kultur, eine weitere folgte in den 1960er-Jahren. Nach jahrzehntelangen Verhandlungen wurden 2008 sieben Maori-Stämme entschädigt, die damit zu den größten Waldbesitzern Neuseelands wurden. Heute zählen sich 650 000 Neuseeländer zu den Maori, das sind etwas 15 Prozent der Bevölkerung. Sie leben hauptsächlich in den Städten, vor allem rund um Rotorua und Northland. Der größte Stamm mit 120 000 Angehörigen ist der Ngapuhi-Stamm von Northland. Den Maori geht es zwar im Vergleich zu den nordamerikanischen Indianern gut, aber sie sind durchschnittlich schlechter ausgebildet und häufiger arbeitslos oder krank als der Rest der Neuseeländer.

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