Überblick
Die Karte zeigt die für die agrarische Landnutzung in einem Trockengebiet erforderlichen technischen Maßnahmen in der Wasserwirtschaft.Intensive Landwirtschaft in Kalifornien
Kalifornien steht seit vielen Jahren unangefochten an der Spitze der Bundesstaaten der USA bei der agrarischen Wertschöpfung, außerdem weist der Küstenstaat aufgrund eines anhaltenden Bevölkerungswachstums die höchste Einwohnerzahl der US-Bundesstaaten auf. Die ausufernden städtischen Agglomerationen in San Francisco und Los Angeles, vor allem aber die Landwirtschaft, benötigen viel Wasser.
Zu einem starken Anziehungspunkt für Siedler, Farmer und Unternehmen wurde Kalifornien erst im 20. Jahrhundert durch umfangreiche Bewässerungsprojekte, die heute die Grundlage für den intensiven landwirtschaftlichen Anbau im Kalifornischen Längstal bilden. Vor allem in den südlichen Bereichen des Längstals, wo weniger als 250 Millimeter Niederschlag fallen, ist Pflanzenbau ohne Bewässerung nicht möglich.
Die naturräumlichen Bedingungen
Im Westen der USA ist die Landschaft von geologisch jungen, in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Faltengebirgen geprägt. Die Berge der Sierra Nevada erreichen Höhen von bis über 4 000 Metern. Nach Osten schließt sich in Nevada das hochgelegene Große Becken an. Die Berge der Küstengebirge haben einen starken Einfluss auf die klimatischen Bedingungen, da sie als Barriere für die vorherrschende Westströmung wirken (s. 220.3). An der Westküste Nordamerikas gibt es weit verbreitet aufsteigende Regenfälle, während das Innere der Bergländer oft sehr trocken ist. Das Tal des Todes (Death Valley) liegt auf –86 m, weit unter dem Meeresspiegel. Dort wurde 1913 die weltweit höchste Lufttemperatur gemessen (56,7 °C, Hitzerekord der Erde); am 10. Juli 2021 wurde es im Death Valley mit 54,4 °C fast wieder so heiß. Durch das Kalifornische Längstal verläuft eine Transformationsstörung, wo sich die nordamerikanische und die Pazifische Platte seitlich aneinander vorbei bewegen. Hier kommt es immer wieder zu sehr starken Erdbeben (s. 219.2).
Um 1830 wies dieser vom Menschen noch wenig beeinflusste Raum eine weitgehend natürliche Vegetationsbedeckung auf. Sie ist heute vielfach durch Bewässerungsland, Dauerkulturen und Weiden ersetzt worden. Ermöglicht wurden die intensive landwirtschaftliche Nutzung Kaliforniens und das starke Bevölkerungswachstum erst durch weitreichende technische Maßnahmen zur Sicherstellung der Wasserversorgung. Letztere war vor allem aufgrund der Sommertrockenheit bzw. des Steppen- und Wüstenklimas ein großes Problem, und zwar sowohl für die agrarische Nutzung als auch für die Versorgung der städtischen Räume.
Etwa 75 Prozent des in Kalifornien verfügbaren Oberflächenwassers stammen aus der Region nördlich von Sacramento, wo die Niederschläge noch relativ hoch sind und die Verdunstung vergleichsweise geringe Werte aufweist. Die Nachfrage konzentriert sich jedoch zu rund 80 Prozent auf das Gebiet südlich von Sacramento, wo die Niederschläge weitaus geringer sind und die Verdunstung ungleich höher ist, wodurch beträchtliche Wasserdefizite auftreten — zumal dort der Agglomerationsraum Los Angeles liegt.
Zu dieser räumlichen Ungleichverteilung der Wasserressourcen kommt noch das zeitliche Auseinanderklaffen von Wasserangebot und -nachfrage. Die Wasserführung der Flüsse erreicht zwischen August und November ihr Minimum. Daher ist im Spätsommer nur ein sehr geringes Wasserangebot verfügbar, während die Nachfrage nach Bewässerungswasser in dieser Zeit besonders hoch ist.
Die Bewässerungsprojekte
Um die Wasserversorgung zu gewährleisten, wurden große Anlagen zum Speichern, Transportieren und Verteilen des Wassers errichtet. Für die Landwirtschaft waren das Central Valley Project (CVP) und das California State Water Project (SWP) die bedeutendsten Maßnahmen. Das Central Valley Project geht auf Planungen zurück, die bereits 1873 vorgelegt, aber erst zwischen 1938 und 1951 realisiert wurden. Die in den Wintermonaten im Nordteil Kaliforniens anfallenden Wassermengen werden gesammelt und in großen Reservoirs, vor allem dem Shasta-Stausee, gespeichert. Über verschiedene Kanäle, von denen einige inzwischen mit Solarmodulen überbaut wurden, wird das Wasser den Bedarfsgebieten zu Bewässerungszwecken zugeführt. Die Solarmodule sollen die Kanäle vor Verdunstung schützen und der Stromversorgung dienen.
Während das CVP durch die Bundesregierung verwaltet wird, geschieht dies beim State Water Project durch den Staat Kalifornien. Es wurde in den 1950er-Jahren begonnen. Das wichtigste Reservoir ist der Oroville-Stausee, der wichtigste Kanal ist der 700 Kilometer lange „California Aqueduct“, der die Anbaugebiete im südlichen Kalifornien, bei San José und in Teilen des San-Joaquin-Tales, versorgt. Mit diesem Kanal verbunden sind zahlreiche Stauseen und Reservoirs, Wasserkraftwerke, große Pumpstationen und ein Geäst von Seitenkanälen. Die Versorgung der städtischen Räume erfolgt teilweise durch zusätzliche Systeme. So bezieht beispielsweise der Raum Los Angeles auch Wasser aus dem unmittelbar östlich der südlichen Sierra Nevada gelegen Owens Valley.