Überblick
Die Erschließung Nordamerikas, die von Osten nach Westen erfolgte, vollzog sich parallel zur territorialen Expansion der USA, die ihr Hoheitsgebiet allein zwischen 1790 und 1848 von den Appalachen bis zum Pazifik ausdehnte. Zum Opfer dieser Landnahme wurden die Native Americans, die unter den unterschiedlichsten naturräumlichen Bedingungen, teilweise auch im kulturellen Austausch mit europäischen Einwanderern, verschiedenste Lebensformen hervorgebracht hatten.
Zu Beginn der europäischen Invasion lebten in Nordamerika geschätzt zwei Millionen Angehörige indigener Völker. Sie waren allerdings sehr ungleichmäßig über den Kontinent verteilt. Die höchste Dichte gab es in den Waldregionen des Ostens. Dort bildete neben Jagd und Fischfang der Ackerbau die Existenzgrundlage. Einige zur Sprachfamilie der Algonkin zählenden Stämme wie die Delawaren und Mohikaner wurden früh vernichtet. Östlich der Großen Seen bildeten die Irokesen lange eine mächtige und kriegerische Konföderation von Stämmen.
Die historisch jüngste indianische Kultur war die der berittenen Stämme der Great Plains, auch wenn sie für das populäre Bild von den Indianern prägend wurde. Tatsächlich entstand sie spät unter dem Einfluss der spanischen Konquistadoren. Erst durch die Europäer hatten die Indianer in den südlichen Plains um 1630 das Pferd kennengelernt. Um 1750 waren bereits alle Indianer dieses Raumes im Besitz von Pferden.
Im Bereich der Appalachen lebten die mit den Irokesen verwandten Cherokee und die Creek, ebenfalls Ackerbauern. Die Cherokee bildeten mit den Chickasaw, Choctaw, Muskogee und Seminolen die „Fünf Zivilisierten Stämme“ (Five Civilized Tribes), die zwischen Mississippi und Florida lebten und sich den europäischen Einwanderer anzupassen versuchten.
Die teilweise kriegerischen, sehr mobilen Stämme der Sioux und Dakota im Norden, der Cheyenne – die aus dem Gebiet der Großen Seen in die Great Plains ausgewichen waren – sowie der Apachen und Komantschen im Süden gehörten unterschiedlichen Sprachfamilien an. Von diesen Stämmen der Prärien unterschieden sich die indigenen Völker in den Trockengebieten des Südwestens. Neben den Navajo, die sich im Kulturkontakt mit den Spaniern durch die Übernahme von Pferd und Schaf zu Viehzüchtern entwickelt hatten, gab es Ackerbau treibende Pueblo-Indianer wie die Hopi, die in festen Dörfern lebten. Die Indianerbevölkerung im dünn besiedelten Kalifornien lebte vornehmlich als Sammler, die der Nordwestküste wesentlich vom Fischfang.
Durch eingeschleppte Krankheiten war die indianische Bevölkerung seit Ankunft der Europäer in erschreckendem Maße geschrumpft. 1830 wurde ein Bundesgesetz erlassen, das die Vertreibung aller im Osten lebenden Indianer, darunter Cherokee, Chickasaw, Choctaw, Seminolen und Creek, legalisierte. 1837 richtete die Bundesregierung ein „Indianerterritorium“ im heutigen Oklahoma ein. Die letzten 17 000 Cherokee wurden 1838 von Bundessoldaten zwangsumgesiedelt. Auf der entbehrungsreichen, 2000 Kilometer langen Strecke, die als „Marsch der Tränen“ in die Geschichte einging, starben mindestens 4000 von ihnen. 1840 war das Gebiet östlich des Mississippi „befriedet“, lediglich die Seminolen in Florida leisteten bis 1858 noch Widerstand.
Die Erschließung des Westens durch amerikanische Siedler folgte meist einem typischen Muster. Als Pioniere bei der Ausdehnung der Frontier, der Siedlungsgrenze, wirkten die Trapper und Pelzjäger. Ihnen folgten die Squatters, Ansiedler, die das Land urbar machten, aber nicht lange blieben. Erst dann kamen die Farmer, mit denen dauerhafte Siedlungen mit Kirchen, Schulen, Behörden, Handwerkern, Kaufleuten und Sheriff entstanden. Während die Trapper Wert darauf legten, sich mit den Indianern zu arrangieren, kamen die Farmer mit dem erklärten Ziel, sich deren Land anzueignen. Maßnahmen der Umsiedlung, Vertreibung und gezielten Ausrottung wurden kennzeichnend für die Erschließung des Westens. Dessen Besiedlung verlief in Wellen. Eine erste Welle hatte um 1815 eingesetzt. Die Aussicht, im Westen „sein Glück zu machen“, beflügelte die Landerschließung, ebenso wie der „Public Land Act“ von 1820, der den Erwerb von Farmland erheblich vergünstigte. Ab etwa 1830 verkehrten auf dem Ohio, Mississippi und Missouri Dampfschiffe, die die Siedler an ihr Ziel brachten oder an Orte, von denen aus sie den beschwerlichen Landweg einschlagen konnten. Um 1830 lebte bereits ein Drittel der US-Bevölkerung westlich der Appalachen, um 1840 hatten die Staaten östlich des Mississippi ihren Frontier-Charakter schon weitgehend verloren.
Eine natürliche Grenze der landwirtschaftlichen Erschließung waren die Trockengebiete der Great Plains. Die Siedler überwanden sie auf von Trappern erschlossenen Routen (trails), von denen der Oregon Trail die berühmteste war.