Arktis - Abschmelzen des Meereises

Erde - Rezenter Klimawandel
978-3-14-100900-2 | Seite 264 | Abb. 5| Maßstab 1 : 72000000

Überblick

Im Gegensatz zum Südpol, der sich auf dem Festland der Antarktis (s. 264.4) befindet und von Ozeanen umgeben ist, liegt der Nordpol im teilweise über 5 000 Meter tiefen Meeresbecken des Nordpolarmeeres, das zahlreiche Inseln aufweist und in weiten Teilen von den Nordküsten Nordamerikas und Eurasiens umschlossen ist. Die Region nördlich des Nördlichen Polarkreis (66,5 Grad nördliche Breite) wird als Polarzone bezeichnet. Sie wird von den jahreszeitlich wechselnden Beleuchtungsverhältnissen und dem daraus resultierenden Phänomen des Polartags im Nordsommer bzw. der Polarnacht im Nordwinter bestimmt. Trotz ganztägiger Strahlung bleiben auch die Sommermonate kühl. Am Nordpol liegt die Jahresdurchschnittstemperatur bei –18 °C.

Die vom kalten Klima bestimmten naturräumlichen Bedingungen und Landschaftsformen der Polargebiete (Gletscher, Meereis, Permafrost, Frostschutt) reichen auf den umliegenden Kontinenten unterschiedlich weit nach Süden. Das Eis der Gletscher bildet im grönländischen Inland ein bis über 3 000 Meter hohes Plateau, die Eisbasis des Grönland-Eisschilds liegt stellenweise unter dem Niveau des Meeresspiegels.

Strömungen und Eisausdehnung

Die Meereisausdehnung im Nordpolarmeer variiert von Jahr zu Jahr stark. Das Meereis wird normalerweise bis zu drei Meter mächtig, als Packeis schiebt es sich stellenweise bis zu 25 Meter Mächtigkeit zusammen und ist vergleichsweise ortsfest. Als Treibeis bezeichnet man dagegen frei auf den Meeren treibendes Eis in Form von Schollen oder geschlossenen Feldern.

Die Grenzen der Verbreitung von Packeis werden durch den Golfstrom im September bis nördlich von Spitzbergen gedrängt. Die Ostküste Grönlands bleibt dagegen auch im Sommer meist von Treibeis umschlossen, die Nordostküste sogar von Packeis. An der Westküste Grönlands, wo die größten Siedlungen der Insel liegen, sind die Küstengewässer und die meisten Fjorde bis nördlich von Thule im Sommer eisfrei. Ein Strömungswirbel in der Beaufortsee vor der Küste der Mackenzie-Mündung (Alaska) hält die Packeisbedeckung ganzjährig in driftender Bewegung. Hier wie auch vor der Nordküste Sibiriens öffnen sich schmale Polynyas (Bereiche offenen Wassers im Meereis) und geben die Nordostpassage zu den sibirischen Häfen und die Nordwestpassage durch das Inselgewirr der kanadischen Arktis frei.

Klimawandel in der Arktis

In keiner anderen Region der Welt zeigen sich die Folgen des Klimawandels so deutlich wie in der Arktis. Eines der auffälligsten Merkmale ist die Veränderung der Meereisausdehnung, die heute durch Wettersatelliten registriert wird. Zwar ist die Fläche des Meereises auch aus natürlichen Gründen großen Schwankungen von Jahr zu Jahrunterworfen, seit einigen Jahrzehnten ist aber ein Trend abnehmender Eisbedeckung zu beobachten, wie der Vergleich der Meereisausdehnung im September zwischen 1981 und 2020 in der Karte verdeutlicht. Diese großen Unterschiede sind nicht durch natürliche Faktoren allein zu erklären. Sie gehen auf die globale Klimaerwärmung zurück.

Auf der Grundlage selbst eines moderaten weiteren Anstiegs klimawirksamer Treibhausgase sehen die Modellrechnungen für die polaren Regionen der Nordhalbkugel einen markanten Temperaturanstieg voraus. Bis 2100 wird dort eine Zunahme der Durchschnittstemperaturen von teilweise über 7 °C prognostiziert – nicht zuletzt wegen der geringeren mittleren Schneedeckendauer und des abschmelzenden Eises. Die schnee- und eisfreien Boden- und Wasseroberflächen werden sich aufgrund ihrer geringeren Albedo, also ihres durch das Abschmelzen des Eises verminderten Rückstrahlvermögens, noch stärker erwärmen. Eine solche Selbstverstärkung der globalen Temperaturerhöhung wird als positiver Rückkopplungsprozess bezeichnet.

Das arktische Meereis beeinflusst den Strahlungshaushalt der Erde, es hat erheblichen Einfluss auf den Wärmeaustausch zwischen Atmosphäre und Ozean und spielt damit eine entscheidende Rolle für das globale Klima. Wenn sich das Meereis infolge der globalen Erwärmung zurückzieht, nimmt die Albedo ab. Dadurch steht mehr Sonnenenergie zur Verfügung, was zu einer zusätzlichen Erwärmung der Wasseroberflächen im Nordpolarmeer führt, was wiederum das Schmelzen des Meereises beschleunigt. Dieser Prozess betrifft vor allem die Eisränder – dort, wo sich das Meerwasser am schnellsten erwärmt – und treibt die „Abwärtsspirale“ voran: Je geringer die Eisbedeckung und damit die Albedo, desto größer die dunklen Meeresoberflächen und damit der Schmelzeffekt.

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Diercke

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Arktis - Abschmelzen des Meereises
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