Deutschland - Bodentrockenheit

Deutschland - Landwirtschaft und Forstwirtschaft
978-3-14-100900-2 | Seite 59 | Abb. 3| Maßstab 1 : 7000000

Überblick

Dürren verbindet man im Allgemeinen mit Regionen wie der Sahelzone, aus der uns regelmäßig Nachrichten über Ernteausfälle und Hungersnöte aufgrund ausbleibender Niederschläge erreichen. Die letzten Jahre haben aber gezeigt, dass auch ein im langjährigen Mittel eigentlich ganzjährig humides Land wie Deutschland von Dürre und Bodentrockenheit betroffen sein kann. Ganz generell ist in Deutschland die Bodenfeuchte im Winter höher als im Sommer, nicht etwa weil im Winter die Niederschläge höher wäre  – das sind sie in vielen Teilen Deutschlands nämlich im Sommer aufgrund häufiger konvektiver Niederschläge, die die advektiven Niederschläge ergänzen – sondern weil zum einen die Verdunstungskraft aufgrund niedriger Temperaturen gering ist und zum anderen sich die meisten Pflanzen in einer Phase der Vegetationsruhe befinden und daher dem Boden kein Wasser entziehen. Das Winterhalbjahr ist die Phase, in der die Grundwasserspeicher erneuert werden, Bodentrockenheit und Dürren sind ein Phänomen des Sommerhalbjahres.

Dürreintensität in Deutschland

Die Karte zeigt die Dürreintensität in Deutschland im Jahr 2020, abgestuft in fünf Kategorien von „keine Dürre“ bis „extreme Dürre“ nach Berechnung des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Die Dürreintensität beschreibt die Dauer der Dürre und die absolute Trockenheit des Gesamtbodens bis in 1,8 Meter Tiefe während der Vegetationsperiode. Der UFZ-Dürremonitor stützt sich auf hydrologische Modellierungen, in die Daten von ca. 2500 Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes einfließen. Durch den Vergleich der modellierten Bodenfeuchtewerte mit einem langjährigen Erwartungswert kann die Dürreintensität bestimmt werden. Dürre wird also als Abweichung vom langjährigen Erwartungswert des Zeitraumes 1951–2015 betrachtet. Eine leichte Dürre bedeutet, dass die modellierten niedrigen Bodenfeuchtewerte in 10 bis 20 Prozent der Fälle im 65-jähigen Vergleichszeitraum schon einmal auftraten. Bei einer extremen Dürre liegen die Werte bei 0 bis 2 Prozent, d. h. entsprechend niedrige Bodenfeuchtewerte wurden im Vergleichszeitraum äußerst selten oder überhaupt noch nicht erreicht.

Bodentrockenheit in Deutschland im Jahr 2020

Der in der Karte dargestellten Situation im Jahr 2020 gingen bereits zwei Jahre mit unterdurchschnittlichen Niederschlägen voraus (2018: –25 %; 2019: –7 %; 2020: –10 %). Insbesondere im Osten und Süden Deutschlands liegen Standorte, die bereits das dritte Jahr in Folge von schwerer oder extremer Dürre gekennzeichnet sind, während im Westen 2020 erstmals seit langem schwere bis extreme Dürre auftritt. Die anhaltende Trockenheit zwischen 2018 und 2020 hat zwar noch keine flächendeckenden Probleme in der Wasserversorgung der Bevölkerung hervorgerufen, lokal kam es aber durchaus bereits zum Trockenfallen von Hausbrunnen oder zu Engpässen in der kommunalen Trinkwasserversorgung, die die Anlieferung von Trinkwasser mit Tankfahrzeugen notwendig machte. Auswirkungen ergaben sich aber für die Land- und Forstwirtschaft, da Dürrestress das Pflanzenwachstum hemmt. Ertragsausfälle, Insektenkalamitäten (Borkenkäfer) und zahlreiche Waldbrände waren die Folge. Die Anreicherung von Düngemitteln im Boden aufgrund unvollständiger Aufnahme durch die Pflanzen und die Ausblasung des Oberbodens bei verringerter Wuchsleistung der Agrarpflanzen sind weitere negative Effekte von Dürren.

Welche Regionen sind besonders von Trockenheit betroffen?

Die mittleren Jahressummen der Niederschläge in Deutschland variieren stark (s. 55.4). Regionen mit unter 500 mm Jahresniederschlag (v. a. im Osten und Nordosten) stehen solche mit weit über 1000 mm (v. a. in den Alpen und in Mittelgebirgslagen im Westen und Süden) gegenüber. Ob eine Region dürregefährdet ist hängt aber nicht nur von den Jahresniederschlagsmengen ab, auch Bodenart und Wasserbedarf sind wichtige Faktoren. Geringe Niederschlagssummen in Kombination mit sandigen Böden und großflächiger Landwirtschaft erhöhen die Dürregefährdung im Osten. Mit zunehmender Erwärmung bei nur lokal und wenn dann nur mäßig ansteigenden Niederschlägen (s. 55.5) wird die Gefahr von Dürren nicht nur dort zunehmen.

Natürliche Klimavariabilität oder Klimawandel?

Abbildung 55.2 zeigt, dass die interannuäre Variabilität der Temperaturen in Deutschland beträchtlich sein kann. Einzelne warme Jahre, z. B. 1934, sind also durchaus im Bereich natürlicher Schwankungen. Die Häufung hoher Jahresmitteltemperaturen, die sich in den letzten drei Jahrzehnten abzeichnet, ist aber ein klarer Beleg des Klimawandels. Insbesondere langanhaltende Hitzewellen im Sommer wie 2003, 2018 oder 2022 gehen auf die Erwärmung des Nordpols zurück, wodurch der Jetstream geschwächt wird, Wellenmuster stagnieren und sich stabile Hochdruckwetterlagen einstellen (s. 99.7). Solche Hitzewellen sind heute fünfmal wahrscheinlicher als noch im Jahr 1900. Die damit verbundene Trockenheit führt dazu, dass in Zukunft mehr Nutzergruppen um die knapper werdende Ressource Wasser konkurrieren werden.

Maßnahmen zur ⁠Anpassung an Dürre und Trockenheit

Dürre und Trockenheit berühren verschiedene Bereiche unserer Gesellschaft, aber auch Ökosysteme wie Wälder oder Feuchtgebiete. Während sich letztere weitgehend selbst regulieren durch Veränderungen in der Artenzusammensetzung oder Verschiebung von Verbreitungsgrenzen, können in anthropogenen Systemen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, die sich positiv auf den Wasserrückhalt und die Ressourcennutzung auswirken. In der Landwirtschaft können z. B. durch gezielte Bearbeitungsverfahren die Verdunstung geringgehalten und durch einen Umstieg auf dürretolerante Sorten Ertragsausfälle reduziert werden. Bewässerung sollte, wenn überhaupt, effizient und mit möglichst geringen Verdunstungsverlusten erfolgen. In der Forstwirtschaft vollzieht sich bereits seit Längerem ein klimagerechter Waldumbau, der in Zukunft noch forciert werden muss. Monokulturen wie die weitverbreiteten Fichtenwälder müssen sukzessive in trockenresistente Mischwälder umgewandelt werden – eine Aufgabe der kommenden Jahrzehnte. Kommunen können Maßnahmen ergreifen, um das Stadtklima positiv zu verändern, u. a. durch die Förderung der Versickerung von Regenwasser, die Entsiegelung befestigter Flächen, die Steigerung des Anteils an Stadtgrün durch Baumpflanzungen, Fassaden- und Dachbegrünungen, die Anlage von Verdunstungsmöglichkeiten von gespeichertem Regenwasser sowie durch Schaffung und/oder Erhaltung von Frischluftschneisen.

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Deutschland - Bodentrockenheit
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