Einfluss des Höhenwestwinds auf das Wettergeschehen (Jetstream)

Europa - Wetter und Klimaänderungen
978-3-14-100900-2 | Seite 99 | Abb. 7

Überblick

Auf der Erde bestehen deutliche Strahlungs-, Temperatur- und damit Druckunterschiede zwischen äquatorialen und polaren Breiten. Die warmen Luftmassen in Äquatornähe steigen auf, sodass sich am Boden niedriger Luftdruck einstellt, in höheren Atmosphärenschichten bildet sich dagegen ein Höhenhoch. Im Bereich der Pole ist es umgekehrt: die kalten und damit schweren Luftmassen sinken ab, wodurch sich am Boden ein Kältehoch entwickelt, während in der Höhe tiefer Luftdruck herrscht. Es besteht also ein ausgeprägter Luftdruckgegensatz zwischen den äquatorialen und den polaren Breiten, insbesondere in der Höhe. Während die tropische Warmluft und die polare Kaltluft relativ homogen sind, besteht in den Mittelbreiten (etwa zwischen 30. und 60. Breitengrad) ein ausgeprägtes Temperatur- und Druckgefälle. Dieser Bereich wird planetarische Frontalzone genannt. Da Druckgegensätze in der Atmosphäre immer durch Winde ausgeglichen werden, entsteht in der reibungsfreien oberen Troposphäre ein von den äquatorialen Breiten zu den Polen gerichteter Gradientwind, der aber von der Corioliskraft zu einem von West nach Ost strömenden Starkwindband, dem Jetsteam, abgelenkt wird.

Wellenbildung des Jetstreams

Würde der Jetsteam kontinuierlich als zonale Strömung von West nach Ost existieren, wäre ein Energieaustausch zwischen tropischen Strahlungsüberschussgebieten und polaren Strahlungsdefizitgebieten nicht möglich, die Pole würden sich immer weiter abkühlen, die Tropen immer weiter aufheizen. Dies ist nicht der Fall, und tatsächlich sind die gemessenen Temperaturen in den Tropen um mehrere Kelvin kühler, als sie rein aus den Strahlungsbedingungen berechnet sein müssten, und in der polaren Breiten um mehrere Kelvin wärmer. Es findet also ein Energieaustausch statt. Dies geschieht, wenn die Zonalzirkulation in eine Wellenzirkulation übergeht. Ursachen dafür sind Temperaturgegensätze von mehreren Grad Celsius auf 1 000 Kilometern im Bereich der planetarischen Frontalzone, aber auch quer zur Zonalströmung verlaufende Gebirge wie die Rocky Mountains oder die Anden tragen zum Mäandrieren bei. Aus einer zonalen Zirkulation entwickeln sich so unterschiedlich starke Wellenströmungen mit Kaltlufttrögen und Warmluftrücken, sogenannte Rosby-Wellen, an denen kalte Luft äquatorwärts bzw. warme Luft polwärts geleitet wird. In ersterem Fall entwickeln sich bei Flächendivergenz dynamische Tiefs mit aufwärts gerichteter Luftbewegung, in letzterem Fall bei Flächenkonvergenz dynamische Hochs mit absteigender Luftbewegung. Durch „Cut-off-Effekte“ können zyklonale Kaltlufttropfen oder antizyklonale Warmluftinseln abgeschnürt werden, die die Westwinddrift für längere Zeit blockieren können.

Dynamische Hoch- und Tiefdruckgebiete

Da in dynamischen Tiefdruckgebilden die Luft aufsteigt und sich dabei abkühlt, entstehen in der Regel Wolken. Die Tiefs entwickeln sich im Kontaktbereich von tropischer Warmluft und polarer Kaltluft, weshalb sie Warm- und Kaltfronten ausbilden (s. 98.4), an denen sich mehr oder weniger ergiebige Niederschläge entwickeln. Dynamische Tiefdruckgebiete sorgen bei uns für mildes, aber wechselhaftes und/oder niederschlagsreiches Wetter, dynamische Hochs dagegen sorgen für Wolkenauflösung und sonniges Wetter. Die dynamischen Hoch- und Tiefruckgebilde werden durch den Jetstream ostwärts transportiert. Da auch auf die zyklonal bzw. antizyklonal um die Druckgebilde strömende Zirkulation die Corioliskraft wirkt und diese auf der polwärtigen Seite größer als auf der äquatorwärtigen Seite ist, kommt es zum Ausscheren der Tiefdruckgebiete nach Norden und der Hochdruckgebiete nach Süden. Da es aus eurozentrischer Perspektive zu einer Häufung von Tiefs bei Island und einer Häufung der Hochs bei den Azoren kommt spricht man vom Island-Tief und vom Azoren-Hoch (s. 99.5).

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Wettergeschehen in den mittleren Breiten

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