Überblick
Nach aktuellen Prognosen werden sich die Einwohnerzahlen von 2017 bis 2040 in verschiedenen Teilen Deutschlands recht unterschiedlich entwickeln. Dabei zeichnen sich einige Muster ab, wobei es jeweils auch Ausnahmen gibt.
Gegensätzliche Trends im Westen und Osten
Es tritt zunächst ein Gegensatz hervor zwischen den ostdeutschen Bundesländern, die in weiten Teilen auch künftig Einwohnende verlieren werden (Ausnahmen: Berlin und Umland, Dresden, Leipzig), und den westdeutschen Bundesländern, die im Vergleich dazu deutlich stabiler sind. Innerhalb Westdeutschlands zeigt sich ein Mosaik von ganz unterschiedlichen Räumen: Ausgeprägte Wachstumsregionen mit starken Zuwächsen sind zum Beispiel Hamburg und sein Umland, Teile Niedersachsens, Köln/Bonn, das Rhein-Main-Gebiet um Frankfurt sowie große Räume in Süddeutschland (Baden-Württemberg und Bayern). Daneben stehen Regionen mit einer deutlich rückläufigen Bevölkerungsentwicklung – dazu zählen das Ruhrgebiet, Westfalen, das Saarland sowie einige peripher gelegene Räume an der Nordseeküste, in Rheinland-Pfalz und an der Grenze zu Tschechien. Es gibt also auch im Westen relativ viele Regionen, in denen die Entwicklung mit starken Bevölkerungsverlusten verbunden ist, sie sind allerdings meist kleiner und inselhafter als in Ostdeutschland. Insgesamt spiegeln sich in den beschriebenen Strukturen die räumliche Lage, die wirtschaftliche Strukturen sowie die jeweilige Wirtschaftskraft und die Attraktivität der betreffenden Lebensräume wider. Außerdem ist zu beachten, dass westdeutsche Regionen lange von der Zuwanderung junger Bevölkerungsgruppen aus dem Osten profitierten (ca. 1990-2017) und dies weiterhin und auch zukünftig in verstärktem Maße mit Blick auf die internationale Zuwanderung tun, was immer auch Vorteile für Altersstruktur mit sich bringt.
Ein zweites Muster, das vor allem in hoch verdichteten Ballungsräumen in Erscheinung tritt, ist der Gegensatz zwischen den Großstädten selbst, die in der Regel ein vergleichsweise moderates Wachstum aufweisen, und ihrem unmittelbaren Umland, das durch Suburbanisierung aller Wahrscheinlichkeit nach erheblich stärkere Zugewinne verzeichnen wird. Exemplarisch für diese Entwicklung sind vor allem Hamburg und München, aber auch in Berlin, Köln/Bonn, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart, Freiburg und anderen Städten lässt sich dieser Trend gut erkennen.
Dass eine positive Bevölkerungsentwicklung manchmal auch abseits der großen Ballungsräume zu erwarten ist, zeigen die Gebiete rund um den Bodensee oder im Voralpenland. Wichtige Faktoren sind hier u. a. die landschaftliche Attraktivität (Stichwort Altersruhesitze, auch an der Nord- und Ostseeküste), die damit einhergehenden attraktiven Freizeitmöglichkeiten, die Wirtschaftskraft, die Nähe zu Wirtschaftszentren und die infrastrukturelle Ausstattung. In einer ähnlichen Situation befinden sich einige ländliche Gebiete im westlichen Niedersachsen, die seit längerem bereits eine günstige Altersstruktur infolge hoher Geburtenraten aufweisen, was u.a. auf ein vergleichsweise stark ausgeprägtes katholisch-traditionelles Milieu und eine konstant gute wirtschaftliche Entwicklung als Agrarwirtschaftsregion von internationalem Rang zurückzuführen ist (vgl. 60.5).
Die Folgen demographischer Veränderungen
Starke demographische Veränderungen stellen die öffentliche Hand stets vor Herausforderungen, ganz gleich ob sie negativ oder positiv ausfallen. Bei einem starken Bevölkerungsrückgang wird es für die Länder, Kreise und Kommunen zunehmend schwierig, die soziale Infrastruktur (Kindergärten, Schulen, Gesundheitsversorgung, Nahverkehr usw.) aufrechtzuerhalten, wodurch die Lebensqualität unter Umständen beeinträchtigt wird, was die Abwanderung – vor allem von gut ausgebildeten Fachkräften und jungen Familien – tendenziell verstärkt. Mit dieser negativen Verstärkungsdynamik, die zu einer stark zunehmenden Überalterung führt (vgl. 85.4), haben vor allem viele ländliche Gebiete in Ostdeutschland zu kämpfen. Dies wird besonders in den 2030er-Jahren jenseits der Verdichtungsräume Berlin, Magdeburg, Leipzig, Dresden und Erfurt flächendeckend zu einer Gefährdung der im Grundgesetz verankerten gleichwertigen Lebensverhältnisse führen, so dass sich dort ein erheblicher öffentlicher Handlungsdruck ergibt.
Doch auch starkes Bevölkerungswachstum stellt die staatlichen Raumplanungsbehörden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene vor große Aufgaben, wenn Entwicklungskonzepte beispielsweise für wachsende Pendelverkehrsströme, für die Ausweitung des öffentlichen Nahverkehrs, für mehr Wohnraum, für mehr soziale Infrastruktur, für ein erhöhtes Verwaltungsaufkommen oder für einen größeren Naherholungsbedarf infolge der Zuwanderung vorausschauend angepasst werden müssen.