Erde - Agrarrohstoffe, Wirtschaftsfaktor Landwirtschaft

Erde - Erde - Agrarwirtschaft und Fischerei
978-3-14-100800-5 | Seite 262 | Abb. 2| Maßstab 1 : 140000000

Die Karte zur Produktion von Agrarrohstoffen und zum Wirtschaftsfaktor Landwirtschaft wurde so konzipiert, dass sie einen raschen Überblick über die dominanten Agrarräume, ihre wichtigsten Agrarrohstoffe und über die Bedeutung der Landwirtschaft für die Volkswirtschaft der jeweiligen Länder bieten. (Informationen zu Nahrungsmitteln enthält die Karte 262.1.) Insbesondere lassen sich Dank der Prozentangaben jeweils auf einen Blick die drei größten Produzenten eines bestimmten Nahrungsmittels ablesen. Dies ermöglicht die schnelle Einordnung von Fallbeispielen wie Sojaanbau in Argentinien (235.6).

Die räumliche Verteilung der Hauptanbaugebiete lässt deutlich erkennen, dass ein bestimmter agrarischer Rohstoff häufig auf verschiedenen Kontinenten, aber fast immer auf ähnlichen Breitengraden angebaut wird (zum Beispiel Kokospalmen in den inneren Tropen, Flachs in den mittleren Breiten).

BIP-Anteile der Landwirtschaft

Die Bedeutung der landwirtschaftlichen Produktion – gemessen am Anteil der landwirtschaftlichen Produkte am Bruttoinlandsprodukt (BIP) – gilt als Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung eines Staates. Länder, in denen die Landwirtschaft einen erheblichen Anteil am BIP (und ggf. auch an der Gesamtzahl der Beschäftigten, s. 262.1) hat, zählen sehr oft zu den Entwicklungsländern. Dies betrifft viele Staaten in Afrika, vor allem im Bereich der Sahelzone und in Zentralafrika, aber auch einige Länder im südlichen Asien sowie, in etwas geringerem Maße, in Teilen Südamerikas. Das produzierende Gewerbe und der Dienstleistungssektor sind in diesen Staaten, verglichen mit den Industrienationen, deutlich unterentwickelt. Auf der anderen Seite gibt es auch Schwellenländer mit hohem Entwicklungsstand wie Thailand oder sehr hoch entwickelte Länder wie Israel, die vergleichsweise hohe BIP-Anteile der Landwirtschaft haben. Selbst Ländern mit einem BIP-Anteil der Landwirtschaft von weniger als fünf Prozent können zu den bedeutendsten Agrarproduzenten und -exporteuren zählen, zum Beispiel Deutschland und die Niederlande. Ein geringer BIP-Anteil allein sagt daher oft noch nichts über die Bedeutung der Landwirtschaft aus, sondern ist mit anderen Indikatoren zu kombinieren.

Anbau von Agrarrohstoffen für den Export

Oft sind es einzelne oder einige wenige agrarische Produkte, bei denen bestimmte Länder hohe Anteile an der Weltproduktion erreichen. So stammt beispielsweise allein aus Bangladesch mehr als die Hälfte der weltweit erzeugten Faserpflanze Jute. Indonesien ist mit einem Anteil von 51 Prozent an der Gesamtproduktion der weltgrößte Lieferant von Erzeugnissen, die aus der Kokospalme gewonnen werden (Fett, Milch, Fasern). Außerdem werden dort unter anderem Kautschuk und Soja für den Export angebaut. Das benachbarte Malaysia trägt 35 Prozent zu den weltweiten Kokospalmerträgen und 31 Prozent zur Kautschukproduktion bei. Zusammen beherrschen beide Länder jeweils den Weltmarkt (Produktionsanteile von 86 % bei Kokos, 58 % bei Kautschuk). Brasilien und Argentinien produzieren gemeinsam fast die Hälfte bei Soja. China und Indien bestimmen zusammen die Weltproduktion bei Erdnüssen (55 %) und Baumwolle (48 %).

Produktion von Agrarrohstoffen in den Industrienationen

Dass die Landwirtschaft in hochindustrialisierten Staaten wie den USA, Kanada, Japan, in vielen europäischen Ländern und Australien nur einen relativ geringen Anteil an BIP und Arbeitsmarkt hat, bedeutet nicht, dass sie eine untergeordnete Bedeutung hätte. Sie profitiert dort von einer Vielzahl technisch-wissenschaftlicher Innovationen, durch die der Anbau in den letzten Jahrzehnten zu weiten Teilen automatisiert und zugleich gesteigert wurde. So sind beispielsweise die USA trotz des geringen Anteils von Beschäftigten in der Landwirtschaft der mit Abstand größte Produzent von Sojabohnen (rund 82 Mio. Tonnen 2012). Die Mittelmeerländer der EU bestimmen den Weltmarkt für Olivenöl, die Ukraine und Russland zusammen die Ölproduktion aus Sonnenblumen.

Von der Liberalisierung der internationalen Märkte haben vor allem die reichen Nationen profitiert, während die Entwicklungsländer viele Nachteile tragen. Pro Tag geben die USA, die EU und Japan zusammen rund eine 820 Millionen US-Dollar für Agrarsubventionen aus, mit dem Ergebnis, dass beispielsweise subventionierte US-amerikanische Baumwollproduzenten ihre Erzeugnisse auf dem Weltmarkt zu Preisen anbieten, mit denen ihre kleinbäuerlichen Mitbewerber aus anderen Ländern nicht konkurrieren können.

Für wirtschaftsschwache Länder hat die Internationalisierung der Agrarmärkte noch mindestens zwei weitere Nachteile. Der eine besteht darin, dass durch Konzentration auf den Export eine Monostruktur entsteht, die diese Länder vom Weltmarkt noch stärker abhängig macht. Die zweite große Gefahr liegt darin, dass weltweit einmalige Naturressourcen wie die Regenwälder ohne Rücksicht auf die ökologischen Folgen einer temporären Nachfrage geopfert werden (s. 150.2).

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